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Hawesko und der "Erfolgsgarant"

Von Carsten Steevens, Hamburg Börsen-Zeitung, 26.11.2014 In seiner 50-jährigen Geschichte hat das Hanseatische Wein- und Sekt-Kontor, wie das in Hamburg ansässige Weinhandelsunternehmen Hawesko heißt, einige Veränderungen erlebt, gerade auch im...

Hawesko und der "Erfolgsgarant"

Von Carsten Steevens, HamburgIn seiner 50-jährigen Geschichte hat das Hanseatische Wein- und Sekt-Kontor, wie das in Hamburg ansässige Weinhandelsunternehmen Hawesko heißt, einige Veränderungen erlebt, gerade auch im Eigentümerkreis. An den meisten war Alexander Margaritoff, der sich 1981 – noch nicht 30-jährig – gemeinsam mit seinem älteren Bruder Dimitri nach dem Tod des Vaters und Firmengründers Peter der Fortführung des Familienunternehmens annahm, beteiligt. Seit Bekanntwerden einer für ihn offenbar überraschenden Übernahmeofferte durch den mit 29,5 % engagierten zweitgrößten Anteilseigner, den Textilunternehmer Detlev Meyer, am 7. November sieht sich der 62-Jährige einmal mehr mit möglichen Veränderungen der Eigentumsverhältnisse konfrontiert. Die würden ihn als Vorstandsvorsitzenden und größten Aktionär mit 30 % unmittelbar betreffen: Es geht um das künftige Sagen bei Hawesko.Der Investor, der sein Vermögen mit der 2004 an Private-Equity-Gesellschaften verkauften CBR-Gruppe (“Cecil”, “Street One”) machte, hat Vertrauen in den aktuellen Vorstand signalisiert. Als größter Ankeraktionär will Meyer die Finanzkraft von Hawesko für die auch von Margaritoff beabsichtigte Expansion im Ausland durch Reduzierung der Ausschüttungsquote von bis zu 95 % auf 40 bis 50 % stärken. Wie der Gründersohn zu den plötzlichen Avancen von Meyer steht, mit dem ihn nach eigener Aussage noch im vergangenen Jahr ein freundschaftliches Verhältnis verband, hat er persönlich in der Öffentlichkeit bislang nicht kundgetan. Rechtlich gilt für ihn als Vorstandsvorsitzenden das Gebot der Neutralität, der Gleichbehandlung aller Aktionäre. In einer vorläufigen Stellungnahme gab der vierköpfige Hawesko-Vorstand jedoch am vergangenen Freitag zu erkennen, dass er den mit einer Prämie von 5 % garnierten Kaufpreis von 40 Euro je Aktie für die nicht von Meyers Beteiligungsgesellschaft Tocos gehaltenen Anteile für zu niedrig hält. Was sagt Reitzle?Zuvor hatte die Finanzaufsicht BaFin die Angebotsunterlage von Tocos genehmigt. Die Annahmefrist für die Offerte endet am 22. Dezember. Bis zum 5. Dezember sind Vorstand und Aufsichtsrat von Hawesko zu einer formellen Stellungnahme verpflichtet. Ob diese gemeinsam abgegeben wird, erscheint fraglich, gehört Meyer doch dem sechsköpfigen – und prominent besetzten – Aufsichtsrat an. Wie beispielsweise Ex-Linde-Chef und Weingutbesitzer Wolfgang Reitzle oder Thomas Fischer, ehemaliger Deutsche-Bank-Vorstand und WestLB-Chef und heute Vorstandssprecher des zur Warburg-Gruppe gehörenden Hamburger Bankhauses Macard, Stein & Co, das Angebot einschätzen, ist offen.Rückendeckung erfährt Margaritoff inzwischen von Aktionärsschützern. Die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) spricht von einer nicht angemessenen Offerte, deren Annahme nicht empfohlen werden könne. “Dass gleichzeitig angekündigt wird, die Dividende in den nächsten Jahren halbieren zu wollen, ist schlichtweg als unfreundlicher Akt zu werten”, so DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler in einer gestern veröffentlichten Stellungnahme.Als besonders kritisch sei die Platzierung des Angebots zu Beginn des für Hawesko wichtigen Weihnachtsgeschäfts zu werten. Das sorge zwangsläufig für Unruhe. Zudem prangert die DSW die offenbar mangelnde Abstimmung Meyers mit dem Vorstand über das weitere Vorgehen an. “Die Erfolgsgeschichte von Hawesko wurde und wird maßgeblich vom Vorstandschef Alexander Margaritoff geprägt”, betont Tüngler. Er genieße hohes Ansehen bei Kunden, Mitarbeitern und Winzern. “Das nun vorliegende Übernahmeangebot gefährdet – trotz aller gegenteiliger Beteuerungen -, dass der Garant für den Erfolg der Hawesko auch weiterhin an Bord bleiben kann.”Wein-Know-how und Kontakte zu Winzern und Kunden musste aber auch Margaritoff erst mit der Zeit aufbauen. Dabei nutzte ihm zwar sein wirtschaftswissenschaftliches Studium an der University of Sussex im Süden Englands. In den Familienbetrieb stieg er jedoch nicht schnurstracks ein. Direkt nach dem Studium wurde er als Redenschreiber für den Vorstand der damaligen Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) tätig. Als Margaritoff und sein Bruder 1981 das väterliche Versandhandelsgeschäft Hawesko übernahmen, belief sich der Jahresumsatz auf gerade 10 Mill. DM. Acht Jahre später gab die aus Bulgarien stammende Familie 70 % der Anteile an der inzwischen auch durch Gründung der Wein-Großhandelsfirma CWD gewachsenen Gesellschaft an die Kaufhof-Holding ab. Hawesko wurde Teil des Metro-Konzerns – zumindest für neun Jahre. Auch Rückschläge1998 entstand durch Einbringung der drei Weinhandelsbereiche die heutige Hawesko Holding. Dem Spin-off folgte im Mai der Börsengang, verbunden mit dem Ausstieg von Metro. Im Zuge punktueller Akquisitionen steigerte Margaritoff seitdem den Umsatz des Unternehmens auf 465 Mill. Euro (2013). Der Aktienkurs verdoppelte sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre. Allerdings gab es auch Rückschläge: Im vergangenen Jahr musste Margaritoff mit der kostspieligen Schließung der französischen Bordeaux-Tochter Chateau Classic Fehleinschätzungen im hochpreisigen Premiumsegment Tribut zollen.Doch auch bei seiner bislang letzten Bilanzvorlage als Vorstandschef zeigte er sich schwungvoll und auch kämpferisch: “Wir können voller Optimismus in die Zukunft schauen”, teilte er im Frühjahr den Aktionären mit. Sollte Margaritoff nun im Zuge einer Übernahme sein Amt aufgeben, Hawesko würde einen nicht einfach zu ersetzenden, profunden Wein- und Branchenkenner an der Spitze verlieren.