Träger des Friedensnobelpreises

Henry Kissinger mit 100 Jahren gestorben

Einer der bekanntesten US-Diplomaten der Geschichte ist tot. Henry Kissinger verstarb im Alter von 100 Jahren.

Henry Kissinger mit 100 Jahren gestorben

Henry Kissinger †

Von Peter De Thier, Washington

Henry Kissinger, der in Fürth geborene Holocaust-Überlebende und eine der schillerndsten Figuren in der Geschichte der US-Diplomatie, ist am Mittwoch im Alter von 100 Jahren gestorben. Kissinger pflasterte nicht nur den Weg für den Ausstieg der USA aus dem Vietnam-Krieg. Auch legte er den Grundstein für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der Regierung von Richard M. Nixon und den beiden kommunistischen Rivalen, der damaligen Sowjetunion und der Volksrepublik China. 

Mit Nixon im Bunde

Im Alter von 15 Jahren flüchtete Kissinger mit seinen Eltern in die USA. Er besuchte ein Gymnasium in New York und absolvierte später die Grundausbildung für die US-Armee in South Carolina. Während dieser Zeit wurde er eingebürgert und trotz seines niedrigen Rangs nach Deutschland entsandt. Dort übernahm der junge Offizier wegen seiner Zweisprachigkeit die Leitung der US-Armee-Einheiten in Krefeld. Der naturalisierte US-Soldat besuchte später die Elite-Uni Harvard, wo er als Politikwissenschaftler promovierte.

Kissingers Einstieg in die Politik begann als außenpolitischer Berater des Präsidentschaftskandidaten Nelson Rockefeller, der sich dreimal in Folge um die Nominierung zum republikanischen Spitzenkandidaten bewarb. Während dieser Zeit lernte er den späteren Präsidenten Nixon kennen. Von Kissingers analytischer Brillanz beeindruckt, ernannte der Präsident Kissinger zum Nationalen Sicherheitsberater und später Außenminister. Dies, obwohl Kissinger seinen neuen Chef zuvor als „den gefährlichsten unter den Präsidentschaftskandidaten“ beschrieben hatte. Historiker beschrieben Nixon und Kissinger wegen der geheimnisvollen Verschwiegenheit ihrer Außenpolitik als das „perfekte politische Paar“. Polarisierend war hingegen für Kongress und insbesondere Mitglieder der demokratischen Opposition die mangelnde Transparenz des „Secretary of State“.

Friedensnobelpreis für den Abzug aus Vietnam

Nachdem er einen Waffenstillstand aushandelte, der den Ausstieg der USA aus dem polarisierenden und gescheiterten Vietnam-Krieg vorbereitete, wurde Kissinger 1973 mit dem Friedensnobelpreis belohnt. Gegenüber der Sowjetunion verfolgte er eine „Detente Politik“, die zu mehreren Rüstungskontrollabkommen führte und während des Kalten Kriegs die bilateralen Beziehungen prägte, bis Ronald Reagan in den 80er Jahren wieder eine Hardliner-Politik verfolgte.

Zudem führte Kissingers „Geheimdiplomatie“ zu einer Entspannung zwischen Washington und Peking. Er stellte damit die Weichen für Nixons historischen Besuch im Reich der Mitte im Jahr 1972. Auch im Nahen Osten mangelte es nicht an Aktivismus seitens des US-Topdiplomaten. Nach dem Jom-Kippur-Krieg gelang es Kissinger, zumindest für einige Zeit die Wogen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn zu glätten. 

Auch nach dem Weißen Haus politisch aktiv

Nachdem der Watergate Skandal Nixon 1974 zum Rücktritt zwang, sprach der gebürtige Deutsche einen Satz, der wie kein anderer Kissingers Loyalität zu seiner Wahlheimat USA illustrierte: Während des Skandals habe sein Interesse weniger den Ermittlungen gegen Nixon und einige seiner engsten Berater gegolten. „Mein wichtigstes Anliegen war es, die Glaubwürdigkeit der USA als Supermacht zu verteidigen“. 

Nach Nixons Rücktritt wurde Kissinger von dessen Nachfolger Gerald Ford übernommen und blieb als Außenminister im Amt, bis Ford nach seiner Wahlniederlage im Januar 1977 den Chefsessel im Weißen Haus an den Demokraten Jimmy Carter abtreten musste. Auch später mischte der „Eelder Statesman“ noch auf dem politischen Parkett mit. Unter anderem war er Vorsitzende der „9-11 Commission“, die den Hintergründen der Terroranschläge vom 11. September 2001 nachspüren sollte. 

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