Neue Chefs für SNCF und La Poste in Frankreich
Neue Chefs für SNCF und La Poste in Frankreich
Neue Chefs für SNCF und La Poste in Frankreich
wü Paris
Bäumchen wechsel Dich im französischen Staatsbetrieb. Nachdem der bisherige Chef der SNCF, Jean-Pierre Farandou, in der neuen Regierung als Arbeitsminister eine Schlüsselrolle übernommen hat, hat das Parlament die Nominierung seines Nachfolgers abgesegnet. Künftig soll Jean Castex, bislang Chef des Pariser Nahverkehrsbetreibers RATP und davor Premierminister, die französische Bahn leiten. La Poste, mit 230.000 Mitarbeitern zweitgrößter öffentlicher Arbeitgeber Frankreichs nach dem Staat, bekommt jetzt mit Marie-Ange Debon erstmals eine Frau als Chefin. Sie stand bislang an der Spitze der SNCF-Tochter Keolis.
Die Regierungskrise hatte beide Nominierungsprozesse ins Stocken gebracht. Präsident Emmanuel Macron hatte die Berufungen von Castex und Debon bereits Ende September vorgeschlagen. Die schwierige Suche nach einer Regierung und der überraschende Rücktritt von Premierminister Sébastien Lecornu Anfang Oktober hatten die Anhörung der beiden Kandidaten vor den zuständigen parlamentarischen Ausschüssen jedoch verzögert. Ihre Zustimmung hat nun den Weg für Debon und Castex freigemacht, im Falle Debons ging sie allerdings recht knapp aus. Bei Keolis hat übergangsweise Finanz- und Strategiechefin Christelle Villadary die Leitung übernommen. Bei der RATP läuft die Suche nach einem neuen Chef ebenfalls.
Farandou als Beschwichtiger
Für den 60-jährigen Castex ist das neue Amt die Erfüllung eines Traums, denn er ist seit seiner Kindheit Eisenbahnfan. Weil sein Vorgänger Farandou noch vor seiner endgültigen Berufung überraschend in die Regierung gewechselt ist, musste die SNCF noch einen Interimschef ernennen. So hat Laurent Trevisani, der für Strategie und Finanzen zuständige stellvertretende Generaldirektor, am 13. Oktober vorübergehend das Ruder übernommen. Farandous Mandat war eigentlich bereits Mitte letzten Jahres ausgelaufen, doch Präsident Macron hatte es zunächst für die Olympischen Spiele verlängert, danach weitere Male.
Als Arbeitsminister muss Farandou nun die Debatte über die geplante Aussetzung der Rentenreform und mögliche Veränderungen des Rentensystems begleiten. Der 68-Jährige hat sich während seiner Karriere bei der SNCF den Ruf eines Beschwichtigers erworben, der bei explosiven Verhandlungen mit Gewerkschaften die aufgeheizte Stimmungen entschärfen kann. Bei der Bahn hatte er Zugeständnisse bei Rentenfragen gemacht, um den sozialen Frieden während der Olympischen Spiele zu sichern, dem Vernehmen nach zum Ärger von Macron. Die Regierung will nun die im Rahmen der Rentenreform von 2023 vorgesehene Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 64 Jahre bis zu den Präsidentschaftswahlen als Zugeständnis an die Sozialisten aussetzen. Dazu hat sie ein Berichtigungsschreiben für den Haushaltsentwurf der Sozialversicherung aufgesetzt. Daraus geht hervor, dass die für 2026 und 2027 auf 1,5 Mrd. Euro geschätzten Kosten der Aussetzung durch höhere Steuern auf die in Frankreich üblichen Krankenzusatzversicherungen und das Einfrieren von Renten finanziert werden sollen. Farandous Verhandlungsgeschick wird gefragt sein, da die Vorschläge als hochexplosiv gelten.
Heikle Finanzierungsfrage
Bei der SNCF erwarten seinen Nachfolger nicht weniger schwierige Herausforderungen. Die wichtigste sei die Instandhaltung des Schienennetzes, meint Farandou. Mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren ist es nach Angaben von Branchenexperten sogar noch älter als das deutsche. Vor allem Regionalnetze sind veraltet, auch das im Großraum Paris, dem wichtigsten Knotenpunkt des Landes. Die SNCF, die 2024 einen Gewinn von 1,6 Mrd. Euro verbucht hat, investiert zwar pro Jahr 3 Mrd. Euro in das Schienennetz, doch nach Ansicht von Experten sind mindestens 4,5 Mrd. Euro notwendig. Die steigende Nachfrage zu bewältigen, ist eine andere Herausforderung, die Castex nun bei der französischen Bahn erwarten. Auch muss er sie für die weitere Öffnung für die Konkurrenz wappnen.

RATP
Debon steht bei La Poste ebenfalls vor schwierigen Aufgaben. Der Anteil des Briefverkehrs am Umsatz ist in den letzten Jahren von 50% auf 15% gesunken. La Poste, die zuletzt auf ein Nettoergebnis von 1,5 Mrd. Euro und einen Umsatz von 34,6 Mrd. Euro kam, treibt deshalb die Diversifizierung weiter voran, vor allem im Ausland. Wie ihr Vorgänger muss Debon versuchen, Lösungen für die nicht ausreichende Finanzierung öffentlicher Aufträge durch den Staat zu finden, etwa für die Zustellung von Zeitungen und die Zurverfügungstellung von Bankdienstleistungen. Das Problem dürfte sich angesichts der Haushaltszwänge verschlimmern. Dazu kommt die steigende Konkurrenz im Bereich Logistik. Last but not least steht La Poste gerade massiv in der Kritik, weil sie eine Partnerschaft mit dem chinesischem Versandhändler Temu eingegangen ist.
La Poste in der Kritik
