Manipulationsvorwürfe

IWF-Chefin Georgiewa unter Druck

Ein interner Untersuchungsbericht der Weltbank bringt brisante Anschuldigungen gegen Kristalina Georgiewa ans Licht. Die jetzige Chefin des Internationalen Währungsfonds wehrt sich.

IWF-Chefin Georgiewa unter Druck

Von Stefan Reccius, Frankfurt

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa, wehrt sich gegen Vorwürfe, an der Manipulation von Berichten der Weltbank beteiligt gewesen zu sein. Es geht um den jährlichen Report „Ease of Doing Business“, eine Rangliste, die Länder nach ihrer Attraktivität für Unternehmer und Investoren einstuft. Einem internen Untersuchungsbericht der Weltbank zufolge sollen führende Vertreter der Washingtoner Institution „unangemessenen Druck“ ausgeübt haben, um China besser abschneiden zu lassen. Namentlich genannt wird unter anderen Georgiewa, seinerzeit Ge­schäftsführerin der Weltbank. Die Bulgarin wies die Vorwürfe als haltlos zurück: Sie widerspreche den An­schuldigungen „entschieden“, wird Georgiewa in einer Stellungnahme des IWF zitiert.

Weltbank reagiert auf Bericht

Die Vorwürfe stehen in einem Gutachten der Kanzlei WilmerHale, das auf der Homepage der Weltbank abzurufen ist. Der von der Weltbank in Auftrag gegebene Untersuchungsbericht bezieht sich auf die „Doing Business“-Berichte der Jahre 2018 und 2020. Im Zentrum der Vorwürfe steht neben Georgiewa der ehemalige Weltbank-Chef Jim Yong Kim, der Ende Januar 2019 ausschied und nach einer Übergangsphase unter kommissarischer Führung Georgiewas durch den Amerikaner David Malpass ersetzt wurde. Die Weltbank reagierte umgehend, indem sie die Veröffentlichung der jährlichen Rangliste mit sofortiger Wirkung einstellte und einen neuen Ansatz zur Bewertung von Investitionsklima und Wirtschaftsfreundlichkeit von Ländern in Aussicht stellte.

Auf 15 Seiten listet die Kanzlei WilmerHale detailliert mutmaßliches Fehlverhalten in der Erstellung der Ranglisten auf. Demnach sollen führende Vertreter der Weltbank –darunter Georgiewa – „unangemessenen Druck“ ausgeübt haben, um China in der Ausgabe des Jahres 2018 besser ab­schneiden zu lassen. Auch sollen ranghohe Mitarbeiter aus Kims Büro wahrscheinlich auf seine Anweisung hin „direkten und indirekten“ Druck ausgeübt haben, um die Methodologie zur Erstellung des Berichts zugunsten Chinas zu ändern. China landete schließlich auf Platz 78, nach Rang 85 im ersten Entwurf. WilmerHale verwies auch auf Unregelmäßigkeiten bei den Daten, mit denen das Ranking für Saudi-Arabien und Aserbaidschan in der Rangliste 2020 ermittelt wurde. Hinweise auf eine Verwicklung der Weltbankführung seien hier aber nicht gefunden worden.

Georgiewas Stellungnahme ist zu entnehmen, dass sie sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe am Donnerstag sogleich mit dem Exekutivdirektorium des IWF, dem obersten Führungsgremium, getroffen habe, um die Angelegenheit zu besprechen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, wollte sie sich zudem am Freitag an die Mitarbeiter des IWF wenden. Politiker in den USA reagierten alarmiert auf die Befunde. Das US-Finanzministerium nehme die Anschuldigungen ernst und analysiere den Untersuchungsbericht, hieß es aus dem Ministerium von Janet Yellen. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums verwies auf interne Prüfverfahren der Weltbank, um die Angelegenheit zu überprüfen.

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