Entlassungen bei US-Großbank

Jane Fraser treibt Strategiewende bei Citigroup voran

Jane Fraser hat einen der schwierigsten Jobs an der Wall Street. Denn die Vorstandschefin treibt die strategische Wende bei Citigroup voran – und muss dabei auch zu umfangreichen Entlassungen greifen.

Jane Fraser treibt Strategiewende bei Citigroup voran

CEO Fraser treibt Strategiewende bei Citigroup voran

xaw New York

Für Jane Fraser kann es an der Spitze ziemlich einsam werden. Die in Schottland geborene US-Managerin ist die erste und noch immer einzige Frau, die eine große Wall-Street-Bank führt – und mit der Leitung der Citigroup hat sie seit 2021 eine der schwierigsten Aufgaben im Sektor inne. Denn die „globalste Bank der Welt“ stellt nach den Zusammenschlüssen und Akquisitionen der vergangenen Jahrzehnte ein komplexes Gewirr aus überlappenden Strukturen dar, eine Vereinfachung tut laut Investoren not.

Fraser arbeitet seit ihrem Amtsantritt daran, die Präsenz im internationalen Consumer Banking zu verringern. Den Verkauf der indonesischen Privatkundenabteilung hat sie am vergangenen Wochenende finalisiert. Insgesamt hat Fraser den Abschied aus 13 Märkten beschlossen, das IPO der Mexiko-Tochter Banamex soll 2025 das finale Kapitel werden. Doch auch die Verschlankung der US-Muttergesellschaft treibt die Konzernchefin nun energischer voran. In der laufenden Woche beginnt Citigroup mit einer neuen Runde an Entlassungen und umfangreichen organisatorischen Veränderungen.

Angst um tausende Jobs

Konkrete Ziele für den Stellenabbau teilt das Finanzinstitut zwar nicht mit. In der laufenden Woche sollen aber wohl zunächst hunderte Mitarbeiter, vor allem Führungskräfte, Citigroup verlassen. Dem dürften sich laut Branchenkennern aber weitere Runden anschließen. Beschäftigte spekulieren bereits über Kürzungen der Belegschaft um 10% – Ende September hatte Citigroup rund 240.000 Angestellte. Die Entlassungen sollen bis Ende des ersten Quartals 2024 abgeschlossen sein.

Durch im September kommunizierte Neuerungen schafft Citigroup ihre Aufteilung in zwei große Divisionen ab, die sich um große institutionelle bzw. Privatkunden kümmerten. Stattdessen sind die Leiter der fünf Geschäftsbereiche, die Fraser als zentral ausgemacht hat, der Vorstandschefin direkt unterstellt. Neben dem gemeinsam firmierenden Investment-, Corporate- und Commercial Banking gehören dazu die Wertpapiersparte, das Consumer Banking, das Wealth Management sowie das Treasury- und Verwahrgeschäft für Großkunden. Die internationale Abteilung konsolidiert Citigroup unter dem ehemaligen Banamex-Chef Ernesto Torres Cantú.

Ungemütliche Tage voraus

Das Ziel der Maßnahmen: Doppelte Führungsstrukturen abbauen, Effizienzen steigern. Für Fraser ist es an der Spitze damit zuletzt wohl noch einsamer geworden. Gegenüber Mitarbeitern betonte die eigentlich als humorvoll geltende CEO bei einer Versammlung im September, sie sollten sich hinter die Neuerungen stellen oder „aus dem Zug steigen“. Es stünden noch „ungemütliche“ Tage bevor.

Solche hat die in Cambridge und Harvard ausgebildete, seit 2004 für Citigroup aktive Ex-McKinsey-Beraterin zwar schon zuhauf erlebt: Im Jahr 2013 übernahm sie nur Wochen nach dem „Taper Tantrum“ an den Märkten die Leitung der Hypothekensparte des Geldhauses. Damals schossen die Zinsen in die Höhe, nachdem die Federal Reserve die Absicht bekundete, ihr Anleihekaufprogramm zu reduzieren. Die Nachfrage nach Hypothekenkrediten sackte ab – und Fraser tourte durch die USA, um Mitarbeitern schlechte Nachrichten zu überbringen.

Doch seit ihrem Aufstieg an die Vorstandsspitze steht Fraser stärker im Rampenlicht. Damit wächst der Druck durch Investoren, die eine stärkere Kostenreduktion und verbesserte Eigenkapitalrendite fordern. Die Managerin handelt aus Sicht vieler Anteilseigner immer noch nicht schnell genug, einige Stimmen an der Wall Street haben die Hoffnung auf eine Wende bei Citigroup bereits aufgegeben.

Staatsrettung jährt sich

Die Aktie des Finanzinstituts liegt im laufenden Jahr zwar nur leicht im Minus und schneidet damit deutlich besser ab als der branchenweite KBW Bank Index. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis fällt mit 0,46 aber deutlich schwächer aus als bei der Konkurrenz. Zudem notiert die Aktie nur knapp über den Niveaus, die sie zur Finanzkrise 2008 erreichte – der erste staatliche Bail-out der Citigroup jährt sich in der laufenden Woche zum 15. Mal.

Um Investoren doch die erhofften Kurs- und Profitabilitätsaufschwünge bieten zu können, stellt Fraser ihren eigentlichen Fokus auf Kundenbeziehungen – ihre Kontakte zu Porsche brachten Citigroup 2022 immerhin eine wichtige Rolle beim IPO des Autobauers ein – nun also hinten an. Stattdessen steht für sie die große Strategie im Vordergrund und damit wohl auch ein neuerlicher harter Personalabbau in den kommenden Jahren.

Von Alex Wehnert, New York
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