Nachhaltigkeit in PersonSolarfirma

Julian Meine kümmert sich um Enpals ESG-Fitness

Regulierungswut, die viele in Deutschland beklagen, ist für ESG-Manager Julian Meine kein Schimpfwort, zu dem er greifen würde. Er erkennt den Handlungsdruck gerade auch für einen neuen Rahmen bei Klimaschutzanforderungen.

Julian Meine kümmert sich um Enpals ESG-Fitness

Bei einem Unternehmen, dessen Hauptprodukt der Erzeugung von grünem Strom dient, erscheint die ESG-Mission theoretisch so selbstverständlich, dass die gesonderte Position eines ESG-Managers überflüssig sein könnte. Der Solarstromanbieter Enpal, der sein Angebot klimafreundlicher Energietechnik inzwischen auch mit Verkauf oder Vermietung von Wärmepumpen ausbaut, hat sich dennoch entschlossen, Julian Meine mit dieser Rolle zu betrauen. Der 34-Jährige stieß im August vergangenen Jahres vom Lieferdienst Flink zu dem schnell wachsenden Berliner Start-up. Bei Flink war Meine als Public Affairs Manager ebenfalls bereits für ESG-Reporting zuständig. Bei Enpal gewinnt seine Aufgabe an Gewicht.

Erster CO₂-Fußabdruck

Das Unternehmen hat erstmals einen eigenen CO2-Fußabdruck für die Jahre 2022 und 2023 veröffentlicht. Dabei seien alle ausgestoßenen Treibhausgase von „Herstellung, Fracht und Lieferung der Solarmodule und Speicher über die Fahrzeuge für die Montage bis hin zu Strom und Heizung in den Büros berücksichtigt“, betont das Unternehmen. „Naturgemäß fallen die meisten Emissionen bei Scope 3, also jenseits des unmittelbar von Enpal selbst verursachten CO2-Ausstoßes an“, so Meine gegenüber der Börsen-Zeitung. Gleichwohl sei eine Solaranlage von Enpal nach 1,5 Jahren bereits klimaneutral. Die CO2-Analyse wurde in Zusammenarbeit mit dem Spezialisten Plan A erstellt und soll künftig jährlich vorgelegt werden. 

Meine macht deutlich, dass ihn eine Frontrunner-Rolle, wie sie Enpal, aber auch andere junge Firmen in der Branche aus seiner Sicht verkörpern, besonders motiviert. Ihm gehe es darum, „eine Zukunft gestalten zu können, die für kommende Generationen lebenswert bleibt“. Ihm sei klar, „dass wir diejenigen sind, die die entscheidenden Weichenstellungen im Kampf gegen den Klimawandel setzen müssen“, sagt er. Dabei findet er das „Tempo, mit dem der Klimawandel bekämpft wird, alarmierend langsam“.

Unterdessen wächst die Greentech-Branche in Deutschland schnell. Enpal hat den Umsatz im Jahr 2023 um 117% auf 900 Mill. Euro gesteigert. Der Hamburger Rivale 1Komma5 Grad verdoppelte ebenfalls die Erlöse auf rund 500 Mill. Euro. Enpal hält das Tempo hoch. Das Geschäftsmodell basiert allerdings auf einem komplett schuldenfinanzierten Wachstum, bei dem spezielle Finanzierungsvehikel (SPV) den Absatz von Solaranlagen mit Asset-Backed Securities (ABS) finanzieren. Dabei hängt der Wachstumserfolg von Enpal auch primär davon ab, den Endkunden langfristige Finanzierungen zu günstigen Konditionen bieten zu können. 

Um das jüngst aufgelegte SPV2 im Volumen von 1,1 Mrd. Euro selbst zeitnah möglichst günstig am Kapitalmarkt refinanzieren zu können, rücken nun die eigenen ESG-Anstrengungen ins Rampenlicht; denn Finanzierungen mit Grünanstrich gewinnen an Attraktivität – und durch die Regulierung zunehmend auch an Profil. Um eventuell ein grünes Finanzierungsinstrument zur Hand zu nehmen, muss Enpal den eigenen CO2-Fußabdruck so transparent und überzeugend wie möglich machen. 

Natürlich geht es auch um Glaubwürdigkeit, nachdem messbare Kriterien von den Investoren verstärkt eingefordert werden und auch die Regulierungsbehörden mit Anforderungen nachlegen. Es werde immer schwieriger, „tatsächliche Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen oder Produkten zu bewerten. Deshalb braucht es klare Regeln, wann beispielsweise ein Produkt als ‚klimaneutral‘ bezeichnet werden darf“, findet Meine. Im Gegensatz zu anderen fremdelt er nicht grundsätzlich mit einer wachsenden Regulierung.  Denn weil neue Technologien und Vertriebswege sich im 21. Jahrhundert „rasant entwickeln“, brauche es Zeit, bis der regulatorische Rahmen angepasst werden könne. „Insofern bedeutet zunehmende Regulierung erst einmal, dass der Regulierer verstanden hat, dass er handeln muss“, glaubt der ESG-Manager.  Und da der Gesetzgeber möglicherweise hinterherhinke, könnten Selbstverpflichtungen der Industrie helfen.

Enpal-Manager Meine findet, Regulierung hat ihr Gutes

Von Heidi Rohde, Frankfurt
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