Karl-Heinz Kipp
Von Peter Olsen, FrankfurtOhne ihn ist die Entwicklung der großflächigen und meist verkehrsgünstig gelegenen Verbrauchermärkte “auf der grünen Wiese” in Deutschland nicht vorstellbar. Am 11. Oktober ist Karl-Heinz Kipp, der von Alzey/Rheinland-Pfalz aus sein Massa-Imperium aufbaute, im Alter von 93 Jahren in Ascona im schweizerischen Kanton Tessin gestorben.”Mr. Massa”, wie er respektvoll genannt wurde, war zwar gelernter Speditionskaufmann, das Kaufmännische gewann bei ihm aber schnell die Oberhand. Am 12. Februar 1924 in Alzey geboren, erwarb er 1948 für 500 Flaschen Wein den ruhenden Handelsregistereintrag Trachtenhandel Alfred Massa, damals noch mit Sitz in Trier. Mit dem Verkauf von Trachten, Unterwäsche und Kittelschürzen legte er den Grundstein für sein Vermögen, das ihn mit heute etwa 5 Mrd. sfr zu den reichsten Bürgern der Eidgenossenschaft machte, in die er in späten Jahren ähnlich wie andere deutsche Eigentümer-Unternehmer seinen Wohnsitz verlegt hatte.1965 gründete Kipp in seiner Geburtsstadt den ersten Massa-Markt, der zu einem Publikumsmagneten wurde. Zu Beginn der siebziger Jahre errichtete er den ersten großflächigen Verbrauchermarkt, insgesamt sollten es 30 werden. Er sprühte vor Ideen, hatte den Mut, sie umzusetzen, und war mit vielem seiner Zeit voraus.Was die Düsseldorfer Metro für den SB-Großhandel (Cash & Carry) war, stellte Massa für den großflächigen Einzelhandel dar. Die Möbelfamilie Mann versuchte mit Wertkauf gegenzuhalten. Konzerne wie die französische Carrefour Hypermarché oder der US-Riese Wal-Mart versuchten, ebenfalls mit großen Flächen in Deutschland Fuß zu fassen. Aber all diese Namen sind Geschichte wie auch Massa, denn Kipp hatte ein feines Näschen für Trends, und die Verbrauchergroßmärkte haben seit den neunziger Jahren hierzulande ihren Höhepunkt überschritten. Massa baut ausKipp baute bis in die achtziger Jahre hinein sein Imperium mit dem Angebot von einfachen Fertighäusern (Ausbauhaus), eigenen Produktionsstätten für Backwaren, Wurst und Getränke, Möbel- und Baumärkte und vieles andere mehr bis hin zum Finanzkauf aus. Er schob das Geschäft mit Eigenmarken an (“Bola”). Mit ganzseitigen Anzeigen bewarb er die Massa-Angebote.Die Metro hatte schon früh ein Auge auf Massa geworfen. Kipp brachte Massa aber zunächst 1986 an die Börse und erlöste 1,25 Mrd. Mark. Wenig später stieg die Saarbrücker Asko bei Massa ein, ehe Metro wiederum in Saarbrücken das Ruder übernahm.Massa wurde im neuen Verbund bei Metro zu Real (“Einmal hin, alles drin”), der clevere “Mr. Massa” hatte aber zuvor schon die Immobilien der Märkte in sein Privatvermögen ausgegliedert. Die Flächen wurden langfristig an Metro vermietet und sollen zwischen 50 und 100 Mill. Euro Einnahmen jährlich für die Familie Kipp gebracht haben. Von den gut zwölf Massa-Märkten im Rhein-Main-Gebiet ging allerdings der Großteil vor Jahren an die Globus-Handelsgruppe aus St. Wendel/Saarland über.Kipp setzte sein Geld gezielt in Immobilienanlagen ein. In der Schweiz zählte er zu den angesehenen Hoteliers. Zu seinem Portfolio gehören Fünf-Sterne-Nobelherbergen wie das Tschuggen Grand Hotel in Arosa, das Carlton in St. Moritz und das Eden Roc in Ascona. Auch einige Bürotürme in New York Manhattan ergänzen das Immobilienvermögen. In seiner Bündner Wahlheimat existiert der alte Name Massa in den Firmen Massa Immobilien AG und Massa Nova fort.Die Alzeyer sind ihrem Ehrenbürger dankbar geblieben, auch wenn sich der bodenständige Unternehmer, der gern Pellkartoffeln mit Quark aß, dort immer seltener blicken ließ. Aber als Mäzen hatte er sich in der Provinz mit bedeutenden Beträgen engagiert.