Kirill Dmitrijew ist Mr. Sputnik
Von Eduard Steiner, Moskau
Die Erzählung darüber, wie Kirill Dmitrijew auf den Impfstoff Sputnik V kam, hat etwas Poetisches. Und ist doch prosaischer, als es klingt. Seine Frau, Natalja Popowa, die russischen Medien zufolge schon lang mit Alexander Ginzburg bekannt war, der als Chef des Gamaleja-Instituts die Entwicklung des Covid-Impfstoffs leitete, soll diesen Prozess persönlich verfolgt haben. Am Ende soll sie auch ihren Mann, Dmitrijew, davon begeistert haben, als Chef des staatlichen „Russischen Fonds für Direktinvestitionen“ (RFPI) die wirtschaftlichen Belange und die Vermarktung des Impfstoffs zu übernehmen.
Popowa ist freilich auch Ex-Studienkollegin von Wladimir Putins zweiter Tochter Katerina Tichonowa, mit der sie einen anderen staatlichen Fonds leitet. Der 45-jährige Dmitrijew jedenfalls war offensichtlich begeistert vom Vakzin. Schließlich gab er ihm selbst die Bezeichnung Sputnik V.
Heute weiß man, dass er und sein RFPI auf das richtige Pferd gesetzt haben, indem sie den Vektorimpfstoff Sputnik V anderen russischen Covid-Vakzinen vorgezogen haben. Inzwischen nämlich steht auch fest: Nachdem der Impfstoff im Westen anfänglich belächelt worden ist, wird er nun immer salonfähiger. Die vor einer Woche in der Fachzeitschrift „The Lancet“ publizierte vorläufige Analyse, der zufolge nach der zweiten Impfdosis eine Wirksamkeit von 91,6% erreicht wird, brachte den Wendepunkt.
In Russland wird der Imageerfolg klar Dmitrijew zugeschrieben. „Dmitrijew war auch vorher einflussreich“, sagt Alexej Makarkin, Vizechef des Moskauer Zentrums für politische Technologien, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung: „Jetzt aber gilt er als Mr. Sputnik.“ Natürlich habe ihm dabei geholfen, dass er einen direkten Draht zu Putin habe. Aber entscheidend sei auch gewesen, dass Dmitrijew und Ginzburg den Mut gehabt hätten, eine beschleunigte Impfstoffentwicklung zu wagen.
Wird Dmitrijew der breiteren Öffentlichkeit erst jetzt bekannt, so ist er es in Wirtschaftskreisen längst. 2010 wurde der gebürtige Ukrainer vom World Economic Forum in die Liste der Young Global Leaders aufgenommen. In den USA hatte er Wirtschaft studiert und seinen MBA gemacht, ehe er bei Goldman Sachs als Investmentbanker und später für einen ukrainischen Top-Oligarchen arbeitete.
Zurück in Russland, wurde Dmitrijew im Jahr 2011 von Wladimir Putin mit der Leitung des 10 Mrd. Dollar schweren RFPI betraut, der ausländische Co-Investoren in russische Projekte anziehen soll. 90% der Direktinvestitionen kommen auf den RFPI und seine ausländischen Partner, die vor allem aus dem Nahen Osten und Asien stammen. Europa spielt dabei seit den Zerwürfnissen nach der Krim-Annexion 2014 keine Rolle.