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LafargeHolcim-Chef Olsen wirft das Handtuch

Von Daniel Zulauf, Zürich Börsen-Zeitung, 25.4.2017 Im Mai 2016 hatte der Verwaltungsrat des Zementkonzerns LafargeHolcim die Anwaltskanzleien Baker McKenzie in Washington und Darrois Villey in Paris beauftragt, die Geschäftspraktiken des...

LafargeHolcim-Chef Olsen wirft das Handtuch

Von Daniel Zulauf, ZürichIm Mai 2016 hatte der Verwaltungsrat des Zementkonzerns LafargeHolcim die Anwaltskanzleien Baker McKenzie in Washington und Darrois Villey in Paris beauftragt, die Geschäftspraktiken des Produktionswerkes in Syrien vor dem Hintergrund des dortigen Bürgerkrieges auszuleuchten. Der nun vorgelegte Schlussbericht spricht den amtierenden Konzernchef Eric Olsen zwar frei von einer Mitschuld an der Finanzierung örtlicher Terrorismusgruppen. Dennoch wirft der Frankoamerikaner nach nur zwei Jahren an der Spitze des Fusionskonzerns das Handtuch.Olsen ist zusammen mit dem ehemaligen Lafarge-Chef und Noch-LafargeHolcim-Verwaltungsrat Bruno Lafont und zwei Ex-Verantwortlichen für das Syrien-Geschäft der Terrorismusfinanzierung und der Beteiligung an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Die Klage wurde im vergangenen November in Paris von der französischen Anwältevereinigung Sherpa und elf ehemaligen Mitarbeitern von LafargeHolcim in Syrien eingereicht.In einer gestern von LafargeHolcim verbreiteten Mitteilung heißt es: “Der Verwaltungsrat ist nach eingehender Prüfung der Sachlage zu dem Ergebnis gekommen, dass Eric Olsen weder für Fehlverhalten, welches im Zuge der Überprüfung festgestellt wurde, verantwortlich war, noch hatte er den Eindruck, dass Eric Olsen davon Kenntnis hatte.” Olsen gab sich überzeugt, sein Rücktritt werde “dazu beitragen, die Spannungen, die sich in letzter Zeit rund um den Syrien-Fall entwickelt haben, beizulegen”. Geld über VermittlerVom Untersuchungsbericht veröffentlicht LafargeHolcim nur einen Auszug. Darin wird bestätigt, dass der in der kritischen Zeit von 2011 bis 2014 noch rein französische, unter dem Namen Lafarge operierende Konzern in Syrien über nicht näher identifizierte “Vermittler” Geldzahlungen an bewaffnete Gruppierungen geleistete hatte, um das Zementwerk in Jalabiya in der Nähe von Aleppo möglichst lange in Betrieb zu halten.Im Urteil des Verwaltungsrates wurden einige “nicht akzeptierbare” Maßnahmen zur Weiterführung der syrischen Fabrik getroffen. Obwohl diese Maßnahmen vom lokalen und regionalen Management veranlasst wurden, hätte bestimmte Mitglieder des Konzernmanagements von der Verletzung bestehender Geschäftsgrundsätze Kenntnis gehabt.Aus dem bloß sieben Seiten umfassenden Auszug aus dem Untersuchungsbericht geht hervor, dass Lafarge bereits Ende 2011 mit Geldzahlungen an syrische Gruppierungen begonnen hatte, um sich freies Geleit für die Mitarbeiter und den Materialnachschub zu erkaufen. Im Zug der Eskalation des Bürgerkrieges wurden die ausländischen Angestellten im Sommer 2012 abgezogen. 2013 gerät das Gebiet teilweise unter die Kontrolle des Islamischen Staates und des syrischen Ablegers von Al-Kaida. Die Zahlungen fließen weiter. Erst 2014 kommt das System zum Ende, als die Fabrik durch kriegerische Handlungen zerstört wird.Olsen war in der fraglichen Zeit als Personalchef im Konzern weit weg von den Verantwortlichkeiten in Syrien. Dass er dennoch die Verantwortung übernehmen muss, zeigt, wie ernst der Verwaltungsrat unter dem Schweizer Präsidenten und Rechtsanwalt Beat Hess diese Affäre nimmt. Die schonungslose Aufarbeitung ist ohne Zweifel auch als Signal an die Justizbehörden außerhalb Frankreichs zu verstehen.Mit Bruno Lafont hat der frühere Lafarge-Chef seinen Rücktritt aus dem Verwaltungsrat des Fusionskonzerns für die Generalversammlung vom 3. Mai bereits angekündigt. Knapp zwei Jahre nach Abschluss der Fusion zwischen Holcim und Lafarge ist von den einstigen Protagonisten des Milliardenmergers niemand mehr an Bord. Wolfgang Reitzle folgte vor einem Jahr dem Ruf von Linde, die ihrem ehemaligen CEO den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden angeboten hatte. Reitzle war als Präsident 2014 auf den Baseler Rolf Soiron gefolgt, der die Fusion eingefädelt hatte, um sich danach in den Ruhestand zu begeben. Der ursprünglich als CEO vorgesehene Lafont musste seine Ambitionen aufgrund des Widerstandes von Großaktionären frühzeitig aufgeben. Olsen wird LafargeHolcim am 15. Juli verlassen. Danach sollen Beat Hess und Roland Köhler die operative Verantwortung übernehmen, bis ein Nachfolger gefunden ist.