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Minister Adolfo Urso – Kämpfer für das Made in Italy

Italiens Unternehmensminister Adolfo Urso will die Autoindustrie des Landes wiederbeleben. Er strebt eine Vereinbarung mit Stellantis-CEO Carlos Tavares an.

Minister Adolfo Urso – Kämpfer für das Made in Italy

Minister Adolfo Urso – Kämpfer für das Made in Italy

Von Gerhard Bläske, Mailand

Wenn die Verteidigung nationaler Interessen auf dem Spiel steht, dann kämpft Adolfo Urso (66), Italiens „Minister für Unternehmen und das ‚Made in Italy‘“, stets an vorderster Front – gleichgültig, ob es gegen hohe Pasta-Preise, teure Flugtarife oder für die Einrichtung eines Staatsfonds zum Schutz der Unternehmen ist.

Nun hat Urso, seit Jugendzeiten im damals neofaschistischen Movimento Sociale Italiano (MS) engagiert und von Anfang an bei den Fratelli dItalia von Premierministerin Giorgia Meloni dabei, sich mit Stellantis-Chef Carlos Tavares in Rom getroffen. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll bis Monatsende Vorschläge erarbeiten, wie die Autoproduktion in Italien wieder auf über eine Million Einheiten im Jahr erhöht werden kann. 2022 waren nur noch 473.000 Pkw von den Bändern im Belpaese gelaufen – Platz 7 in Europa. 2016 waren es noch mehr als eine Million Autos.

Italien fühlt sich bei Stellantis im Nachteil

Italien fühlt sich im französisch dominierten Stellantis-Konzern, in dem Marken wie Fiat, Alfa Romeo, Jeep, Lancia oder Maserati aufgegangen sind, benachteiligt. Und Urso will das trotz der seit 20 Jahren stagnierenden Produktivität im Land ändern. Doch Stellantis stellte zwar kürzlich in Turin die zwei neuen Elektro-Kleinfahrzeuge Topolino und Fiat 600 vor. Doch gebaut werden beide, ebenso wie der neue Alfa-Romeo-Kompakt-SUV, in Marokko bzw. Polen. Und während chinesische Produzenten ihren Marktanteil binnen vier Jahren auf 3,4% verdreifacht haben, sind die Stellantis-Verkäufe im bisherigen Jahresverlauf in Italien um 10,7% zurückgegangen. In den italienischen Werken läuft Kurzarbeit.

Urso verfolgt, wie die gesamte Regierung, einen protektionistischen Kurs. Vehement stemmte er sich gegen das Verbrenner-Aus und forderte von Stellantis Beschäftigungsgarantien. Tavares stellt immerhin in Aussicht, ein fünftes Modell der neuen Plattform für Mittelklasse-Elektroautos in Italien zu bauen, vermutlich einen Jeep. Das wäre Balsam vor allem für das süditalienische Werk in Melfi, wo die Produktion sich in kurzer Zeit halbiert hat und die Beschäftigtenzahl deutlich gesunken ist. Konkrete Zusagen machte Tavares, der in der Vergangenheit auch Kritik an Italiens Wettbewerbsfähigkeit geübt hat, aber nicht. Auch für die geplante Giga-Batteriefabrik in Termoli (Süditalien) gibt es nach wie vor keine festen Verpflichtungen. Investiert hat Stellantis dagegen in die Modernisierung der Maserati-Fabrik in Modena, wo der Sportwagen MC20 produziert wird. Am historischen Standort Turin-Mirafiori soll ein Green Campus mit Recycling-Zentrum entstehen.

Anreize für Elektroautos

Einig sind sich Tavares und Urso darin, dass es neue Anreize für den Kauf von Elektroautos geben muss. Deren Marktanteil an den Neuzulassungen in Italien ist im Juni auf 4,4% gestiegen – weit weniger als in anderen Ländern. Ex-Premierminister Mario Draghi hatte 2021 insgesamt 8,7 Mrd. Euro bis 2030 für Incentives und Staatshilfen für Unternehmen lockergemacht – auch für Verbrenner mit einem Schadstoffausstoß von maximal 135 Gramm CO2 pro Kilometer – doch die Nachfrage ist damit kaum belebt worden.

Dass sich Ursos Hoffnungen auf eine Wiederbelebung der italienischen Autoindustrie erfüllen werden, ist unwahrscheinlich. Und Tavares ist dafür bekannt, allergisch auf politischen Druck zu reagieren. Zu massiv war der Absturz der Branche in Italien, die mit Ausnahme von Ferrari keine eigenständigen Hersteller mehr hat und mit Pirelli, Brembo oder Adler Pelzer nur wenige relevante Zulieferer, die in der Lage sind, die notwendigen Zukunftsinvestitionen zu tätigen.

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