Mittelständler Hess finanziert Wachstum über die Börse
Von Walther Becker, FrankfurtGanz leicht dürfte es dem Juniorchef nicht fallen, das Familienunternehmen Hess an die Börse zu bringen und – so alles läuft wie geplant – sogar die Mehrheit abzugeben. Doch Christoph Hess ist ein pragmatischer Typ, der weiß, dass der Beteiligungsspezialist eine Menge finanzieller Mittel benötigt, um in dem sich kräftig wandelnden Beleuchtungsmarkt zu bestehen und zu wachsen. Und dem klar ist, dass die Kreditgeber Sicherheit mögen. So hatte der 41-Jährige, gleichsam um zu üben, Ende vorigen Jahres schon mal einen Finanzinvestor ins Boot geholt.Holland Private Equity hält bisher 28,6 %, während die Familie Hess – Vorstandschef Christoph und sein Vater Jürgen – 71,4 % ihr Eigen nennen. Wird die Mehrzuteilungsoption ausgeübt, reduziert ihre Hess Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG auf 33,3 % und HPE geht auf knapp 16 %. Christoph Hess ist Komplementär der Grundstücksgesellschaft, die er und sein Vater über Zwischenholdings besitzen. Mit der Hess AG verlängert ein mittelständisches Familienunternehmen, das in der dritten Generation geführt wird, den Kurszettel. Es nutzt die Börse in ihrer originären Form: als Quelle von Wachstumskapital, auch wenn es lediglich um rund 50 Mill. Euro geht. Aus der Gießerei ans LichtDas Unternehmen aus der Doppelstadt Villingen-Schwenningen – dem badischen Villingen und dem württembergischen Schwenningen – hat einige Wandlungen hinter sich. Es wurde 1948 von Willi Hess, dem Großvater, als Eisengießerei gegründet. In den siebziger Jahren wandelte sich Hess zum Hersteller von Straßenleuchten. In den Neunzigern wurde ein Betrieb in Löbau in Sachsen eröffnet, 2012 folgte der Kauf der Frankfurter Emdelight (vgl. BZ vom 31. März) zu einem stolzen Preis, womit Hess auch Hesse ist. Emdelight hat unter anderem die Fassade der Commerzbank-Zentrale sowie ein gut 8 Kilometer langes Einkaufszentrum in Katar illuminiert.Das Leistungsspektrum der Hess-Gruppe umfasst Entwicklung, Design, Fertigung und Vertrieb von Außen- und Gebäudeleuchten sowie Konzeption und Durchführung von Projekten für Architekturbeleuchtung. Als Ergänzung bietet man Stadtmobiliar an, das im Design auf die von ihr hergestellten Leuchten abgestimmt ist. Zudem verfügt Hess in den USA über eine Tochter mit Produktion. In China und Japan gibt es Aktivitäten für Endmontage und Vertrieb.Christoph Hess führt die Firma mit Finanzchef Peter Ziegler (44), der schon während des Betriebswirtschaftslehrestudiums bei der Deutschen Bank als Firmenkundenbetreuer tätig war. 2001 übernahm er die Leitung von Rosenberger in Gütenbach und Apolda. 2006 wechselte er zu Hess, seit 2009 ist er CFO.Christoph Hess studierte bis 1999 Betriebswirtschaft in Augsburg und ist seit 1999 Vorstandsvorsitzender und Mehrheitsgesellschafter. Er ist Mitglied im Vorstand des Elektroverbands ZVEI – und kennt daher Frankfurt nicht nur als Bankenstandort – sowie dort Vorsitzender des Fachverbands Licht. Seit 2010 ist er Mitglied im Board International beim DIHK, und er ist im Beirat der Deutschen Bank in Freiburg.Dem Aufsichtsrat sitzt nicht mehr der Herr Papa vor, sondern Tim van Delden (38) vom Finanzinvestor HPE. Jürgen Hess (67), der die Firma von 1968 bis 2007 geleitet hatte, war danach Vorsitzender des Kontrollgremiums, dem des Weiteren Wolfgang Rombach angehört. Dieser war im Corporate Banking der BHF-Bank tätig, dann bei der Kreissparkasse Ravensburg und der Sparkasse Villingen-Schwenningen. Seit 2003 ist er geschäftsführender Gesellschafter des Family Office Münster Stegmaier Rombach und seit 2007 im Hess-Aufsichtsrat.