Europäischer Rechnungshof

Murphy ersetzt Lehne als Präsident des EU-Rechnungs­hofes

Der Ire Tony Murphy wird neuer Präsident des Europäischen Rechnungshofes. Er ersetzt Klaus-Heiner Lehne, der vor einigen Monaten im Kreuzfeuer der Kritik gestanden hatte und nun nicht noch einmal angetreten war.

Murphy ersetzt Lehne als Präsident des EU-Rechnungs­hofes

Von Andreas Heitker, Brüssel

Der Ire Tony Murphy wird am 1.Oktober neuer Präsident des Europäischen Rechnungshofes. Er folgt in diesem Amt auf den CDU-Politiker Klaus-Heiner Lehne, der die Luxemburger Organisation sechs Jahre lang geführt hat und sich nicht erneut zur Wahl gestellt hatte.

Der 60 Jahre alte Murphy, der nun der 12. Präsident der Behörde wird, wurde in geheimer Abstimmung von dem 27-köpfigen Führungsteam des Hofes gewählt, dem er selbst als irischer Vertreter seit 2018 angehört. Irischen Presseberichten zufolge hatte es ursprünglich fünf Kandidaten für das Präsidentenamt gegeben. Namen wurden nicht bekannt.

„Stolzer Europäer“

Murphys Amtszeit beträgt nun zunächst drei Jahre, ist dann aber verlängerbar. Der Präsident des Rechnungshofes gilt unter den Mitgliedern des Führungsteams als eine Art „Erster unter Gleichen“. Er ist unter anderem für Strategie, Planung, Kommunikation, Rechtsangelegenheiten und interne Revision verantwortlich und vertritt die Luxemburger Prüfer nach außen. In einer ersten Reaktion erklärte Murphy auf Twitter – auf einem Account mit bislang weniger als 500 Followern –, er sei sehr geehrt über die Wahl und freue sich auf sein Mandat, „als stolzer Europäer, Ire und Rechnungsprüfer“.

Murphy begann bereits in jungen Jahren seine Arbeit als Prüfer beim irischen Rechnungshof (Office of the Comptroller and Auditor General), für den er 20 Jahre lang tätig war, bevor er nach Brüssel zur Europäischen Kommission wechselte. In Luxemburg beim Europäischen Rechnungshof startete er 2013 bis 2017 als Kabinettschef eines Hof-Mitglieds. Im Anschluss war Murphy ein Jahr lang Direktor des Hofes im Bereich „Marktregulierung und wettbewerbsfähige Wirtschaft“. Internationale Expertise sammelte er zugleich in Prüfungsausschüssen des Europarates in Straßburg und des Europäischen Investitionsfonds (EIF), denen er jeweils zwei Jahre lang angehörte, zum Schluss in beiden Fällen als Vorsitzender.

Der nun scheidende Präsident Lehne, der vor seiner Zeit in Luxemburg Europaabgeordneter gewesen war, hatte sich Ende vergangenen Jahres gegen zahlreiche gegen ihn erhobene Vorwürfe wegen Unregelmäßigkeiten bei seinen eigenen Abrechnungen zur Wehr setzen müssen, die zunächst von der französischen Zeitung „Libération“ verbreitet wurden. Die Zeitung hatte von möglicherweise überhöhten Mietzuschüssen für Lehnes Wohnung in Luxemburg berichtet, Spesen- und Dienstwagenfahrten-Abrechnungen sowie politische Aktivitäten des CDU-Politikers in seiner Heimatstadt Düsseldorf angeprangert. Lehne selbst hatte in einer Ende November 2021 folgenden Anhörung im Europaparlament alle Vorwürfe stets als einen „sub­stanzlosen Angriff auf eine europäische Institution“ zurückgewiesen und dies auch mit zahlreichen Unterlagen zu untermauern versucht. Der Haushaltskontrollausschuss des Parlaments hatte dennoch zunächst die Entlastung für das Haushaltsjahr verweigert, was im Plenum des Abgeordnetenhauses später aber anders entschieden wurde.

Lehne bleibt Prüfer

Der gebürtige Rheinländer war nach seinem Jurastudium als Rechtsanwalt tätig gewesen. Seine politische Karriere startete Lehne 1984 als Ratsmitglied in seiner Geburtsstadt Düsseldorf, er war dann zwei Jahre Bundestagsabgeordneter für die CDU, bevor er 1994 in das Europaparlament wechselte. Der heute 64 Jahre alte Lehne hat im Führungsteam des Europäischen Rechnungshofes noch ein Mandat bis 2026, das er offenbar auch zu erfüllen gedenkt – wenn auch nicht als Präsident.

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