Personen Wasserskandal

Nestlé-Chef Laurent Freixe im Wasserstrudel

Nestlé sieht sich in Frankreich mit einem handfesten Skandal um die unzulässige Aufbereitung von Mineralwasser konfrontiert. Mitten im Sturm steht CEO Laurent Freixe.

Nestlé-Chef Laurent Freixe im Wasserstrudel

Nestlé-Chef im Wasserstrudel

dz Zürich -

Seit Anfang September 2024 steht Laurent Freixe an der Spitze des Nestlé-Konzerns. Der 63-jährige ist ein Veteran bei dem Schweizer Multi. Er gehört seit 17 Jahren der obersten Führungsriege an und wurde im August zum Nachfolger des abrupt abgesetzten deutschen Managers Mark Scheider bestimmt.

Laurent habe bewiesen, dass er auch unter herausfordernden Marktbedingungen Resultate liefern könne, begründete Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke die Ernennung seines langjährigen Kollegen zum CEO. Dafür hatte der Franzose in dem seit einiger Zeit mit Wachstumsschwächen kämpfenden Unternehmen schon reichlich Gelegenheit.

Problembereich Wasser

Besonders herausfordernd gestaltet sich derzeit das Wassergeschäft, das Nestlé 1992 mit der Übernahme der französischen Perrier entscheidend ausgebaut hatte und zu einem Hauptpfeiler des Lebensmittelunternehmens machen wollte. Daraus ist nichts geworden. Die Sparte kommt weder in puncto Wachstum noch in puncto Rendite an die Performance anderer Geschäfte heran, und ein seit längerer Zeit schwelender Skandal um unzulässige Methode der Behandlung von Mineralwasser aus französischen Quellen beansprucht gerade viel kostbare Zeit des CEO, die dieser wohl noch so gerne produktiver einsetzen würde. Ein am Montag veröffentlichter Bericht des französischen Senats stellt fest, dass Nestlé die an den Standorten von Perrier, Hépar und Contrex verbotenen Verfahren der als „natürlich“ verkauften Wasser mit Hilfe staatlicher Behörden vertuscht und damit die Verbraucher vorgeführt habe.

Laurent Freixe befand sich in der Zeit dieser gravierenden Verfehlungen in Südamerika. Dennoch musste er im März 2024 im französischen Senat dazu Stellung nehmen. Dort brachte er „im Namen des Nestlé-Konzerns“ sein „tiefstes Bedauern“ über die Situation zum Ausdruck. Manche Politiker zeigten sich erfreut über die Entschuldigung, aber ein Schuldbekenntnis klingt anders.

Freixe steckt in einem Dilemma. Im März hat Nestlé die Mineralwassersparte aus dem Konzern ausgegliedert und den Sitz nach Paris verlegt. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Nestlé das Geschäft gerne verkaufen möchte. Doch wer will ein Geschäft übernehmen, das unter einem argen Imageproblem leidet und möglicherweise noch weitere rufschädigende Rechtsverfahren überstehen muss?

Zwar heißt es in Finanzmarktkreisen, dass diverse Finanzinvestoren Interesse an Perrier & Co. bekunden würden. Doch welchen Preis wären sie bereit zu zahlen? Seit März dieses Jahres kursieren Gerüchte über eine Bewertung des Wassergeschäfts in Höhe von 5 Mrd. Euro. Das entspricht nur etwa 2,2% der in Euro umgerechneten Marktkapitalisierung von Nestlé. Der Umsatzanteil des Wassergeschäfts lag Ende 2024 aber immerhin bei 3,4%.

Hohe Erwartungen

Von Laurent Freixe wird zwar erwartet, dass er Nestlé rasch von Altlasten befreit und dem Konzern den Weg zu neuen Ufern öffnet. Doch die Aktionäre erwarten auch die Wahrung ihrer finanziellen Interessen. Die Nestlé-Anteilseigner haben seit Mark Schneiders Entlassung eine Berg-und-Tal-Fahrt erlebt, wie man sie in den Aktien des an sich trägen Riesenunternehmens kaum je gesehen hat. Laurent Freixe muss den Konzern aus einem Sturmtief manövrieren ohne das langfristige Ziel aus den Augen zu verlieren.

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