Neuer OMV-Chef Seele pflegt die russische Freundschaft
Reuters/swa – Der neue Vorstandschef Dr. Rainer Seele (54) will beim Wiener Öl- und Gaskonzern OMV einen Deal an Land ziehen, der ihm beim Kasseler Konkurrenten Wintershall, seinem alten Arbeitgeber, nicht geglückt ist: die Ausbeutung von Teilen einer Lagerstätte in Sibirien, die zu den weltweit größten Öl- und Gasfeldern gehört, gemeinsam mit dem russischen Energiegiganten Gazprom. Die Chancen, in den rohstoffreichen Weiten Russlands in die Produktion einzusteigen, stuft Seele inzwischen ungeachtet der andauernden Spannungen mit dem Westen wegen der Ukraine-Krise als gut ein, wie er in einem Video-Blog zu seinem Amtsantritt sagte. Auf der TubeDer neue Mann an der Spitze von Österreichs größtem Industriekonzern verliert keine Zeit. Schon bevor der gebürtige Bremerhavener Anfang Juli auf dem Chefsessel Platz nahm, erklärte OMV, künftig mit Gazprom auch in der Exploration zusammenarbeiten zu wollen – nachdem die Österreicher 1968 den ersten Erdgasliefervertrag mit der ehemaligen UdSSR geschlossen hatten.Unterzeichnet wurde die jüngste Absichtserklärung im Juni formal noch von OMV-Vorstand Manfred Leitner. Die Fäden im Hintergrund zog aber bereits der ehemalige BASF-Manager Seele, der offenbar ohne Wettbewerbsverbot in seinem Vertrag zur Konkurrenz wechseln konnte. Konkret geht es um eine Minderheitsbeteiligung an Teilen des Öl- und Gasfeldes Urengoy zur Entwicklung der Gebiete IV und V der Achimov-Formation und somit exakt jene Gebiete in der Nähe des Polarkreises, an denen eigentlich BASF einen weiteren Anteil erhalten sollte.Der im November 2012 geplante Asset-Tausch zwischen den Deutschen und dem russischen Gasriesen war im Dezember 2014 wegen der Ukraine-Krise geplatzt. Wintershall hätte ein Viertel der Lagerstätte erhalten und im Gegenzug das deutsche Gashandels- und Gasspeichergeschäft abgeben sollen. Kritiker in Deutschland befürchteten damals, dass sich durch das Geschäft die Abhängigkeit von Russland bei der Gasversorgung noch vergrößern könnte. Wintershall bleibt somit zunächst auf seine Beteiligung an Block IA der Achimov-Lagerstätte begrenzt.Seele hat in seiner Zeit bei Wintershall eng mit Gazprom zusammengearbeitet. Der promovierte Chemiker weiß, wie es in Russland läuft. Wintershall und Gazprom vereinbarten bereits vor vielen Jahren eine Zusammenarbeit bei der Öl- und Gasförderung in Russland. Ob der ehrgeizige Manager die langjährige russische Freundschaft nun unter dem Dach eines neuen Konzerns nutzen kann, um dort weiterzumachen, wo er bei Wintershall aufgehört hat, muss sich erweisen. BASF konnte dem russischen Partner immerhin für die neuen Beteiligungen in Westsibirien die andere Hälfte an der gemeinsamen Gashandelstochter Wingas anbieten, was Gazprom in ihrer Strategie entgegenkäme, näher an die europäischen Kunden zu rücken. Womit OMV beim Asset-Tausch locken will, lassen die Österreicher bislang im Dunkeln. Pionier am RandVorn dran ist OMV allerdings bei den Plänen von Gazprom für den Bau von weiteren zwei Strängen der Ostseepipeline Nord Stream, wo Wintershall bei der Vertragsunterzeichnung mit Eon, OMV und Shell im Juni auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg am Rand stand, obwohl Interesse an einer Beteiligung signalisiert wurde. Dabei sah sich der deutsche Konzern bemüßigt, auf seine “Pionierarbeit” im Konsortium für die ersten beiden Stränge durch die Ostsee hinzuweisen. In den Knochen sitzt BASF die unverhoffte Absage des anderen Pipelineprojekts South Stream Ende 2014 durch Gazprom.