Orange-Chef freigesprochen
wü – Aufatmen bei Orange. Stéphane Richard, der Chef des französischen Telekommunikationskonzerns, wurde am Dienstag im Rahmen des sogenannten Tapie-Prozesses freigesprochen, genau wie der Geschäftsmann Bernard Tapie und vier weitere Angeklagte. Sie hatten sich vor einem Pariser Strafgericht wegen der Umstände des Weiterverkaufs von Adidas 2008 zu verantworten. Die Justiz hatte gemutmaßt, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, als die französische Regierung 2008 ein Schiedsgericht eingesetzt hatte, um die jahrelangen Streitereien zwischen Tapie und seiner früheren Hausbank Crédit Lyonnais wegen des Adidas-Verkaufs zu beenden. Ihnen wurde Betrug und Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen.Der an Krebs erkrankte Tapie war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend. Das Urteil sei für ihn die beste Chemotherapie, soll er erklärt haben, berichteten Vertraute. Orange-Chef Richard sprach von einer “immensen Erleichterung”. Die Tapie-Affäre sei für ihn ein Kreuz gewesen, das er habe tragen müssen. Einige der engsten Mitarbeiter des 57-jährigen waren nach der Verkündung in Tränen aufgelöst. Die Staatsanwaltschaft hatte für Richard drei Jahre Gefängnis, 100 000 Euro Geldstrafe sowie ein Verbot, fünf Jahre lang keine öffentlichen Ämter bekleiden zu dürfen, gefordert. Wäre er schuldig gesprochen worden, hätte er bei Orange zurücktreten müssen.Richard, der seit 2010 an der Spitze von Orange steht, war seinerzeit Büroleiter der damaligen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde, die das umstrittene Schiedsgericht eingesetzt hatte. Es hatte Tapie einen Schadenersatz von 403 Mill. Euro zugesprochen. Später wurde die Entscheidung annulliert. Ein Berufungsgericht entschied, dass Tapie das Geld zurückzahlen musste. Zudem wurden Ermittlungen eingeleitet, ob bei dem umstrittenen Schiedsgericht alles korrekt verlaufen ist.Lagarde, die künftig die Europäische Zentralbank (EZB) leiten soll, war 2016 vom Gerichtshof der Republik in Paris für schuldig befunden worden, in der Schiedsgerichts-Affäre fahrlässig gehandelt zu haben. Ihr wurde vorgeworfen, keinen Einspruch gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts eingelegt zu haben. Lagarde wurde jedoch nicht mit einer Strafe belegt, so dass sie trotz des Urteils Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) blieb.Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte während des Prozesses gegen Tapie und Richard deutlich gemacht, dass die Regierung den Orange-Chef zum Rücktritt gedrängt hätte, wäre er verurteilt worden. Der Staat hält 13,4 % des Orange-Kapitals. Der Telekommunikationsriese selbst war nicht derselben Meinung wie Le Maire. Die Nominierung oder Abberufung des Konzernchefs sei eine Entscheidung des Verwaltungsrates, in dem der Staat lediglich drei der 15 Sitze hat, urteilt der Konzern.Wäre Richard tatsächlich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, hätte vermutlich der stellvertretende Generaldirektor Ramon Fernandez das Ruder bei Orange übernommen. Wie Richard hat der 52-Jährige eine Karriere in verschiedenen Ministerien gemacht, bevor er 2014 zu dem Telekomriesen kam. So war Fernandez unter anderem Berater von Ex-Wirtschaftsminister Francis Le Mer.