Patrick Thomas verlässt Covestro schon Ende Mai
Von Annette Becker, DüsseldorfAuch wenn die vergangenen Wochen etwas anderes nahelegen: Es gibt sie noch, die von langer Hand geplanten, geräuschlosen Führungswechsel an der Vorstandsspitze von Dax-Unternehmen. Das führt der 2015 aus Bayer herausgeschnittene Kunststoffkonzern Covestro gerade exemplarisch vor. Vorstandschef Patrick Thomas, der seinen bis Ende September laufenden Vorstandsvertrag ursprünglich erfüllen wollte, verlässt das Unternehmen schon Ende Mai. Sein vor einem Jahr erkorener Nachfolger, Dr. Markus Steilemann, tritt seine neue Position mithin schon im Juni an, wie der Aufsichtsrat der Hauptversammlung am Freitag eröffnete. Vorzeitig beendet wird damit eine (zu) lange Übergangsphase an der Konzernspitze, die – wie Thomas am Freitag freimütig einräumte – nicht ganz einfach war, unabhängig davon, dass es Thomas war, der die Ernennung Steilemanns zum neuen CEO befördert hatte. “Es ist Teil meiner Aufgabe, dem Aufsichtsrat einen geeigneten Nachfolger zu präsentieren, und das habe ich getan”, hatte Thomas im vorigen Sommer erläutert (vgl. BZ vom 26. Juli). Zwar hatten sich der amtierende Vorstandschef und sein Nachfolger auf eine klare Aufgabenteilung verständigt. Doch war auch klar, dass die Zuständigkeit für die Strategie, die Thomas für sich reklamierte, an einem gewissen Punkt enden musste. Mit der früheren Stabsübergabe trägt der 60-Jährige diesem Umstand nun Rechnung, auch wenn er zunächst noch im Brustton der Überzeugung erklärt hatte: “Solange die Aufgabentrennung klar ist, besteht kein Risiko, zur lame duck reduziert zu werden.” Keine Frage, die frühzeitige Nachfolgeregelung im Mai vorigen Jahres war auf Querelen im Vorstand zurückgegangen. Doch muss man Aufsichtsratschef Dr. Richard Pott Respekt zollen für die Art und Weise, wie er den Konflikt unter den Alphatieren im operativen Management löste. Nur eine Woche nachdem der Aufsichtsrat im Mai 2017 bekannt gab, dass Thomas seinen im Herbst 2018 auslaufenden Vorstandsvertrag nicht verlängern werde und im gleichen Atemzug Steilemann zum Nachfolger kürte, legte Finanzchef Frank Lutz seine Ämter nieder.Seither hatte Thomas das Finanzressort zusätzlich zu seiner CEO-Position kommissarisch übernommen. Von daher fügte es sich perfekt, dass seit April mit Dr. Thomas Toepfer ein neuer und zugleich erfahrener Finanzvorstand an Bord ist, der keiner allzu langen Einarbeitung bedurfte. Der Weg für einen früheren Abgang als zunächst verkündet war also bereitet.Thomas tritt auf dem Höhepunkt seiner Karriere ab, in der es ihm nicht nur gelang, einen Teilkonzern von Bayer in die Eigenständigkeit zu führen, sondern zugleich einen Musterschüler am Kapitalmarkt zu etablieren. Seit Mitte März spielt Covestro in der obersten deutschen Börsenliga, die Marktkapitalisierung hat sich seit dem – zugegebenermaßen ruckeligen – Start an der Börse im Herbst 2015 mehr als verdreifacht. Spitzenjahr 20172017 war ein absolutes Spitzenjahr, in dem alle Steuerungsgrößen Höchstwerte erklommen und das Konzernergebnis mehr als verdoppelt wurde. Die Aktionäre werden nicht nur in Form einer um 60 % erhöhten Dividende beteiligt. Vielmehr hat der Chemiekonzern im November auch mit einem Aktienrückkauf begonnen. Bis heute wurden etwa 4,5 Millionen Aktien entsprechend 2 % am Grundkapital gekauft, noch vor Mitte 2019 sollen 1,5 Mrd. Euro in das Rückkaufprogramm geflossen sein. Entsprechend groß sind die Fußstapfen, in die Steilemann (Jahrgang 1970) im Juni tritt. Dessen ist sich der promovierte Chemiker, der seit 2004 im Bayer-Teilkonzern Material Science (heute Covestro) arbeitet, bewusst. Zugleich ließ der neue CEO keine Zweifel aufkommen, dass der Übergang überaus harmonisch verläuft: “Ich bedanke mich bei Patrick Thomas für die vielen guten, und das meine ich ganz ehrlich, Ratschläge.”