Bundesfinanzhof

Personalnot trotz Neuberufungen

Inmitten der Führungskrise erhält der Bundesfinanzhof zwei neue Richter. Mit Wirkung vom 29. April habe der Bundespräsident Ralf Adam und Reiner Fu ernannt, teilte das oberste deutsche Finanzgericht mit. Damit sind diese bereits bekannten...

Personalnot trotz Neuberufungen

Inmitten der Führungskrise erhält der Bundesfinanzhof zwei neue Richter. Mit Wirkung vom 29. April habe der Bundespräsident Ralf Adam und Reiner Fu ernannt, teilte das oberste deutsche Finanzgericht mit. Damit sind diese bereits bekannten Personalien nun offiziell. In der Folge sind zwar 56 der 59 Planstellen besetzt. Jedoch hat die Einstellungspolitik zur Folge, dass die Zahl der entsprechend qualifizierten Juristen nicht ausreicht, um den Vorsitz aller elf Senate zu besetzen. Aktuell sind vier Senate vakant und müssen von einem Vorsitzenden Richter eines anderen Senats mitgeführt werden.

Die Führungskrise reicht darüber hinaus. Seit dem altersbedingten Abschied von Präsident Rudolf Mellinghoff und seiner Vizepräsidentin Christine Meßbacher-Hönsch konnten ihre Posten nicht wiederbesetzt werden (vgl. BZ vom 4. März). Es gibt seit Monaten Kritik an Kandidaten. Entgegen teils anderslautender Meldung ist auch die Berufung von Hans-Josef Thesling nicht formal abgesegnet. Der CDU-nahe Beamte im nordrhein-westfälischen Justizministerium war früher Leiter des Finanzgerichts in Düsseldorf. Als Vizepräsidentin ist Anke Morsch, derzeit Präsidentin des saarländischen Finanzgerichts und ehemalige SPD-Staatssekretärin, im Gespräch.

Der Unmut beim Personal des Bundesfinanzhofs ist enorm. Dies zeigt beispielsweise die Beurteilung durch Michael Wendt, der das Gericht aktuell als dienstältester Vorsitzender Richter nach außen vertritt. Die aktuelle Personalsituation an der Spitze habe es so noch nie gegeben und dürfe es auch nicht geben, schreibt er im Jahresbericht 2020 des Bundesfinanzhofs. Mit Präsident und Vizepräsidentin habe der Bundesfinanzhof binnen weniger Wochen die gesamte Gerichtsleitung verloren: „Es liegt in der Verantwortung der für die Besetzung dieser Stellen zuständigen Exekutive, für eine nahtlose Neuvergabe der Ämter in der Gerichtsleitung zu sorgen.“

Zudem seien weitere freigewordene Stellen nicht besetzt worden, obwohl alle Voraussetzungen dafür erfüllt gewesen seien, rügt Wendt: „Einem obersten Bundesgericht einen solchen Personalnotstand über viele Monate hinweg zuzumuten, ist ein bislang einmaliger Vorgang und verletzt das dem Grundgesetz zugrunde liegende Prinzip, dass die drei Gewalten unseres Staates einander zu fördern und die jeweilige Arbeitsfähigkeit bestmöglich sicherzustellen haben.“

Der neue Richter Adam übernimmt eine Stelle in dem vornehmlich für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und aus Kapitalvermögen zuständigen VIII. Senat. Er begann seine Laufbahn nach der Zulassung als Rechtsanwalt 2000 in einer überregional tätigen Anwaltskanzlei in Freiburg und wurde 2005 zum Steuerberater bestellt. Seit Juli 2006 arbeitete er hauptsächlich beim Finanzgericht Baden-Württemberg und war bei den Außensenaten in Freiburg tätig. Dort übernahm er Ende April 2020 den Vorsitz eines Senats. Unterbrochen wurde seine Arbeit durch eine vierjährige Abordnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesverfassungsgericht.

Sein Kollege Fu wird Mitglied des im Wesentlichen für Umsatzsteuer zuständigen V. Senats. Der gebürtige Niedersachse startete seine Karriere 1998 als Staatsanwalt beim Oberlandesgericht Braunschweig, ging ein Jahr später zur Hamburgischen Steuerverwaltung und wechselte 2002 in die Finanzgerichtsbarkeit. Bis zu seiner Ernennung zum Richter am Bundesfinanzhof sei er beim Finanzgericht Hamburg tätig gewesen, heißt es in der Mitteilung.

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