Kristalina Georgiewa

Erfolgreich, aber nicht unumstritten

An diesem Sonntag wird IWF-Präsidentin Kristalina Georgiewa 70 Jahre alt. Die Bulgarin hat eine beeindruckende Karriere hingelegt – unumstritten ist sie jedoch nicht.

Erfolgreich, aber nicht unumstritten

Erfolgreich, aber nicht unumstritten

mpi Frankfurt

Es sind vor allem entwicklungspolitische Themen, die Kristalina Georgiewa besonders am Herz liegen: der Kampf gegen soziale Ungleichheit, der Klimawandel oder die Benachteiligung von Frauen. „Wenn Frauen die gleichen Chancen hätten, ihr volles Potenzial auszuschöpfen, wäre die Welt nicht nur gerechter, sondern auch wohlhabender“, sagt die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), die an diesem Sonntag 70 Jahre alt wird. In der Coronakrise hat sie sich Ansehen dafür erworben, dass der IWF mehrere Hilfspakete für arme Länder schnürte. Sie wird außerdem nicht müde zu betonen, dass es für die Weltwirtschaft wichtig sei, dass reiche und arme Staaten nicht weiter auseinanderdriften.

Für ihren inhaltlichen Fokus muss die Bulgarin, die seit 2019 an der Spitze des IWF steht, aber auch Kritik einstecken. Der IWF scheine „keine Lust mehr zu haben“, sich um die Finanzstabilität auf der Welt zu kümmern, beklagte der ehemalige Chefökonom des IWF, Kenneth Rogoff, im vergangenen Jahr. Stattdessen entwickle sich der IWF zu „einer Hilfsorganisation“, kritisierte er.

Kritik aus der Belegschaft

Auch aus der aktuellen Belegschaft des IWF äußerten sich in der Vergangenheit immer wieder Mitarbeiter kritisch, dass der Fokus des Währungsfonds unter der Führung Georgiewas zu sehr dem der Weltbank ähnele. Dort legte die Umweltökonomin eine steile Karriere hin. Von 1993 bis 2010 hatte sie diverse Positionen bei der Weltbank, unter anderem als Direktorin in Russland. Georgiewa spricht fließend Russisch, Bulgarisch, Englisch und auch etwas Französisch.

Steile Karriere bei Weltbank, IWF und der EU

Nach Stationen als EU-Kommissarin für Entwicklungshilfe und später für den EU-Haushalt und das Personal sowie als Vizepräsidentin der EU-Kommission kehrte sie 2017 zur Weltbank zurück. Dort wurde sie Geschäftsführerin und später kommissarisch auch deren Präsidentin. 2018 gelang es Georgiewa, eine Kapitalerhöhung von 13 Mrd. Dollar zu organisieren, um mehr Mittel für die Armutsbekämpfung in der Welt zu haben. Es war die größte Kapitalerhöhung in der Geschichte der Organisation.

Ehemalige Weggefährten beschreiben sie als durchsetzungsstarke und hocheffiziente Arbeiterin, die von ihren Mitarbeitern viel verlangt. „Sie drückt sich nicht vor Konflikten, aber sie sucht den Konflikt auch nicht um seiner selbst willen“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager über ihre frühere Kollegin. Georgiewa „vertraue fast niemandem. Und wer ihrem neuen Kurs nicht bedingungslos folge, habe schnell ein Problem“, zitierte das „Handelsblatt“ hingegen einen nicht namentlich genannten Weggefährten der IWF-Direktorin.

Stark unter Druck geriet Georgiewa 2021, als die Anwaltskanzlei Wilmer Hale einen Untersuchungsbericht im Auftrag der Weltbank veröffentlichte, aus dem hervorging, dass 2017 mehrere Weltbank-Mitarbeiter – darunter Georgiewa – versucht hätten, „unangemessenen Druck“ auszuüben, um ein Ranking der Organisation zum internationalen Geschäftsklima zugunsten Chinas zu schönen. Hintergrund soll gewesen sein, dass sich Georgiewa davon die Unterstützung der chinesischen Regierung für eine Kapitalerhöhung versprochen hatte.

Georgiewa wies die Vorwürfe stets zurück und konnte es am Ende vermeiden, dass sie aufgrund der Vorwürfe ihren Hut beim IWF nehmen musste, dessen Direktorin sie inzwischen war. Der bis dahin viel beachtete jährliche Bericht der Weltbank zum internationalen Geschäftsklima („Doing Business Report“), der weltweit umfangreichste dieser Art, wird seitdem jedoch nicht mehr veröffentlicht.

Georgiewas Amtszeit als IWF-Direktorin endet im kommenden Jahr. Eine zweite wird es für die dann 71-Jährige wohl nicht geben. Ursprünglich durften IWF-Direktoren bei Amtsantritt nicht älter als 65 Jahre sein. Für die Bulgarin wurde die Regelung auf Initiative von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der als Unterstützer Goergiewas gilt, aufgehoben. 2024 dürfte für die Umweltbiologin jedoch Schluss sein beim IWF. Dann hat sie wieder mehr Zeit für ihre Hobbys, zu denen Gitarre spielen, tanzen, reisen und das Kochen von exotischen Gerichten zählen.

Von Martin Pirkl, Frankfurt
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