Francesco Sciortino

Physiker und Bergenthusiast will Kernfusion zum Geschäft machen

Francesco Sciortino ist mit 32 Jahren ein gefragter Experte auf dem Gebiet der Fusionsforschung. Der gebürtige Italiener will die Technologie künftig von Deutschland aus kommerziell nutzbar machen und hat dafür von Investoren gerade 130 Mill. Euro eingesammelt.

Physiker und Bergenthusiast will Kernfusion zum Geschäft machen

Physiker und Bergenthusiast will Kernfusion zum Geschäft machen

kro Frankfurt

Ein 32-jähriger Physiker will den Menschheitstraum einer nahezu unerschöpflichen und CO2-neutralen Energiequelle wahr werden lassen – und zwar von München aus. Francesco Sciortino, Fusionsforscher und gebürtiger Italiener, hat in der bayerischen Landeshauptstadt vor zwei Jahren ein Startup namens Proxima Fusion gegründet, das sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2031 einen Prototypen für einen sogenannten Stellarator zu bauen. Dabei handelt es sich um einen speziellen Reaktortypen für die Magnetfusion, bei der heißes Plasma magnetisch eingeschlossen wird.

In seiner akademischen Ausbildung hatte sich Sciortino eigentlich noch auf einen anderen Reaktortypen für Magnetfusion spezialisiert – den sogenannten Tokamak. Nach seinem Physikstudium am Londoner Imperial College ging er in die Schweiz, wo er seine Masterarbeit an der Eidgenössischen Technischen Hochschule verfasste, die seit 1992 einen experimentellen Tokamak betreibt. Später forschte er im Rahmen seiner Doktorarbeit am renommierten Massachusetts Institute of Technology in den USA zu Tokamaks.

„Tempel menschlicher Ingenieurskuns“

Sciortinos Fokus sollte sich jedoch verschieben, als er 2021 nach Deutschland kam. Beim Max-Planck-Institut für Plasmaphysik arbeitete er zunächst an der in Garching bei München befindlichen Tokamak-Forschungsanlage mit dem Namen „Asdex Upgrade“. Sie ist eine der zwei größten in Betrieb befindlichen deutschen Versuchsanlagen zur Entwicklung von Fusionsreaktoren. Die andere trägt den Namen „Wendelstein 7-X“ und steht in Greifswald. Bei der auch „W7-X“ genannten Anlage handelt es sich um einen Stellarator, der ebenfalls vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik betrieben wird.

Es war diese Anlage, die Sciortino zum Umdenken brachte: „Es war einfach unglaublich, den W7-X zu sehen“, erinnert sich der Wissenschaftler heute. „Ich würde einen Besuch in Greifswald sehr empfehlen. Es ist ein fantastischer Tempel menschlicher Ingenieurskunst.“

Stellaratoren gehört die Zukunft

Sciortino ist mittlerweile überzeugt, dass Stellaratoren Tokamaks künftig den Rang ablaufen werden. Sie seien einfacher zu betreiben und in der Lage, einen kontinuierlichen Betrieb zu gewährleisten, sagt er. „Für ein Kraftwerk ist das unerlässlich.“  

Mit der Einschätzung steht Sciortino zwar nicht allein da – weltweit gibt es mittlerweile acht Unternehmen, die am Stellarator tüfteln. In Deutschland gehört dazu noch das Hanauer Startup Gauss Fusion, das 2022 gegründet wurde. Mit einer gerade abgeschlossenen Finanzierungsrunde über 130 Mill. Euro stehe Proxima Fusion nun jedoch „an vorderster Front“, was die Kapitalisierung und Größe des Teams angeht. Das Startup beschäftigt derzeit 80 Mitarbeitende.

2027 will man bei Proxima mit dem Bau des Prototypen namens „Alpha“ beginnen. Der Standort für die Anlage steht zwar noch nicht fest, doch für Sciortino wäre München sicher einer der Favoriten. Schließlich ist er nicht nur Wissenschaftler und Unternehmer, sondern auch Bergenthusiast. „Hätte ich mehr Zeit, würde ich viel öfter rausgehen und mehr wandern und Ski fahren“, sagt er. 

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