Drehkreuz Frankfurter Flughafen

Retterin der Lufthansa-Passagiere

Im IOCC am Frankfurter Flughafen arbeiten alle daran, dass das Drehkreuz funktioniert. Geleitet wird das Center von Demet Temur.

Retterin der Lufthansa-Passagiere

Retterin der Lufthansa-Passagiere

lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

„Es war der Bus.“ So lautet die Antwort von Demet Temur auf die Frage, warum sie bei der Lufthansa gelandet ist. Die gebürtige Hamburgerin war als BWL-Studentin in ihrer Heimatstadt auf der Suche nach einem Praktikumsplatz. Als Mutter einer kleinen Tochter war es ihr damals wichtig, schnell von der Kita zu ihrer Arbeitsstelle zu kommen – „zur Lufthansa Technik gab es die beste Verbindung“, erinnert sich die 42-Jährige, die seit drei Jahren als Senior Director Hub Steering & Continuous Improvement FRA das Integrated Operations Control Center (IOCC) der Fluggesellschaft in Frankfurt leitet. Langer Titel, klares Ziel: das Drehkreuz Frankfurt soll laufen wie am Schnürchen.

Schon in ihrer Zeit bei der Techniktochter, wo sie nahtlos nach dem Studium angefangen hatte, sei es immer um Themen der Prozessoptimierung gegangen. Um Prozesse zu optimieren, muss man sie durchblicken. Dabei helfen Zahlen, findet Temur. „Zahlen lügen nicht.“ Wer ins IOCC in Frankfurt kommt, wird denn auch erst einmal von zwei großen Bildschirmen voller Zahlen, Daten und Grafiken empfangen. Erfasst werden alle Lufthansa-Flüge von und nach Frankfurt. „Wir sind hier dafür verantwortlich, dass der Hub Frankfurt funktioniert“, fasst es die Mutter zweier Töchter, die mit ihrer Familie in Hofheim lebt, zusammen. 70% der Lufthansa-Passagiere, die über das Drehkreuz reisen, sind Umsteiger, das macht es besonders anspruchsvoll. Wie gelingt es, dass trotz verspätet ankommender Maschinen der Anschlussflug erwischt wird? Das ist eine der wichtigen Fragestellungen für Temur und ihr Team. Auf dem Bildschirm sind das dann „saved passengers“, wenn es klappt. Wenn sich eine Verspätung abzeichnet, werden laut Temur schon Umbuchungen vorgenommen, wenn die Passagiere noch in der Luft sind. Der Reisende bekommt dann am Boden eine Push-Mitteilung, wie es jetzt für ihn weitergeht – das Verfahren nennt die Lufthansa-Managerin „Pre-Taktik“, es wurde unter ihrer Ägide eingeführt, genauso wie das von der Lufthansa-Tochter Swiss bereits zuvor angewendete „Pre-Seating“. Passagiere werden im Flugzeug so auf die Sitze verteilt, dass, wer beim Umsteigen wenig Zeit hat, weiter vorn sitzt.

Nicht nur eine Flugnummer

Im IOCC sind alle versammelt, deren Arbeit darüber entscheidet, ob ein Drehkreuz funktioniert oder nicht. Neben den verschiedenen Abteilungen der Lufthansa sind das unter anderem der Flughafenbetreiber Fraport, die Deutsche Flugsicherung und das Cateringunternehmen Gate Gourmet. „Es schafft immer Mehrwert, wenn alle zusammen für ein Produkt arbeiten“, ist Temur überzeugt. Trotz des sechsstündigen Nachtflugverbots am Frankfurter Flughafen wird im IOCC rund um die Uhr gearbeitet. „Es sind immer Flugzeuge in der Luft, die nach Frankfurt wollen.“ Teil des IOCC ist auch der Krisenraum, in dem sich vor Gewitterlagen, Schneestürmen oder Streiks, aber derzeit auch wegen der geopolitischen Entwicklungen der Krisenstab versammelt und Entscheidungen trifft – angeführt vom Emergency Director und Lufthansa-Airlines-Vorstand Karl Brandes.

Gefragt waren die Krisenmanager auch im chaotischen Reisesommer 2022. Damals hatte Temur ihren neuen Job in Frankfurt nicht lange vorher angetreten. Von einer „sehr steilen Lernkurve“ spricht sie und als Ergebnis von einer deutlich stabileren Situation im Jahr darauf. Dabei habe der ständige Austausch mit allen Partnern geholfen und die regelmäßig stattfindenden Performance-Dialoge. Und noch eines ist ihr wichtig: „Unsere Entscheidungen haben Folgen für unsere Passagiere. Das muss immer Betroffenheit schaffen, denn ein Flugzeug ist nicht nur eine Flugnummer, sondern darin sind Menschen mit ihrer Geschichte.“