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"Revolution" bei Ferrero

tkb - Der italienische Süßwarenkonzern Ferrero hat Lapo Civiletti zum Konzernchef ernannt. Ein gewöhnlicher Wechsel an der Vorstandsspitze ist es für das Unternehmen, das innerhalb von zehn Jahren den Umsatz verdoppelt und allein im Vorjahr den...

"Revolution" bei Ferrero

tkb – Der italienische Süßwarenkonzern Ferrero hat Lapo Civiletti zum Konzernchef ernannt. Ein gewöhnlicher Wechsel an der Vorstandsspitze ist es für das Unternehmen, das innerhalb von zehn Jahren den Umsatz verdoppelt und allein im Vorjahr den Nettogewinn um mehr als 50 % gesteigert hat, indes nicht. Der Nutella-Konzern will ab dem 1. September erstmals seit der Gründung im Jahr 1946 durch Pietro Ferrero einen Manager an die Spitze befördern, der nicht zur Familie zählt. Der 56-jährige Civiletti ist seit13 Jahren im Konzern tätig und war zuletzt für den mittel- und osteuropäischen Markt verantwortlich.Der Betriebswirt mit Abschluss an der Mailänder Elite-Universität Bocconi hat seine gesamte Karriere in der Nahrungsmittelbranche zugebracht. Civiletti wird bei seiner Tätigkeit vom bisherigen Konzernchef Giovanni Ferrero flankiert werden. Dieser steht der Gruppe künftig als Executive Chairman vor. Im Besonderen wird Giovanni Ferrero für Strategien, Akquisitionen und Innovation zuständig sein, während Lapo Civiletti die normale Geschäftsführung überlassen werden soll. Der Führungswechsel tritt per 1. September 2017 in Kraft. Süßwaren wider WillenDer 52-jährige Giovanni Ferrero wollte nie in den Familienkonzern eintreten. Nach seinem Literatur-Studium in Brüssel schlug er zunächst eine Schriftsteller-Laufbahn ein. Mit seinen vier bei den Verlagshäusern Feltrinelli und Mondadori veröffentlichten Romanen hatte der Afrika-Liebhaber und “Antikapitalist” zwar auch beachtlichen Erfolg. Doch mit dem Tod seines älteren Bruders Pietro, der 2011 einem Herzinfarkt in Südafrika erlag, änderte sich sein Leben. Er trat in die Fußstapfen seines Bruders, wurde Konzernchef und beschleunigte mit Zukäufen wie zuletzt dem des US-Pralinenherstellers Fannie May die Wachstumspolitik. 2015 starb sein Vater Michele, bisheriger Präsident von Ferrero. Giovanni ist verheiratet und hat einen Sohn. Verschwiegene PiemonteserWie kaum ein anderer Familienkonzern in Italien ist Ferrero für sein Understatement und seine Verschwiegenheit sowie Medienscheue bekannt. Dies liegt zum Teil im Charakter der Piemontesen, woher die Familie Ferrero stammt und wo sich auch ihr Stammsitz (Alba) befindet. Der knapp 30 000 Beschäftigte zählende Süßwarenkonzern mit weltweit 22 Produktionswerken ist in 170 verschiedenen Ländern mit 86 Gesellschaften präsent. Zwar verfügt Ferrero über ein Presse- und Kommunikationsbüro. Doch die aus dem Konzern verbreiteten Mitteilungen sind rar. Der Pressechef ließ einst wissen, dass er eine optimale Arbeit habe: Er werde dafür bezahlt, dass er nichts sage. Vor diesem Hintergrund kommt die Bestellung eines CEO, der nicht aus dem Familienkreis stammt, der Turiner Tagezeitung “La Stampa” zufolge nicht nur einem historischen Ereignis, sondern einer Revolution gleich.