Rudolf Scharping öffnet Türen in China
Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfSeinen Kaffee trinkt Rudolf Scharping gern in der “Westbar”. Vom Treffpunkt der Frankfurter Business-Leute hat es der bekannte, aber inzwischen öffentlichkeitsscheue Ex-SPD-Grande nicht weit zu seinem Büro in der Freiherr-vom-Stein-Straße. Hier im feinen Frankfurter Westend werden wichtige Kontakte nach China vermittelt, hier nehmen manchmal Milliardentransaktionen ihren Anfang – bei der “Rudolf Scharping Strategie Beratung Kommunikation AG” (RSBK). Ex-MinisterpräsidentScharping war Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bundesverteidigungsminister im Kosovokrieg, SPD-Chef und Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl. Er ist Präsident des Bundes deutscher Radfahrer. Als Politiker stolperte er 2002 über seine öffentlich gewordene Beziehung zur Gräfin Pilati von Thassul zu Daxberg, die er kürzlich wieder auflöste. Zeitweise beriet er den Finanzinvestor Cerberus beim Kauf beinahe bankrotter Firmen, und er stand der Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler bei Verhandlungen mit der IG Metall zur Seite.Als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz empfing er mehrfach hochrangige Delegationen aus der Volksrepublik, die unter anderem das Geburtshaus von Karl Marx in Trier besuchten. Damals knüpfte Scharping erste Kontakte auf offizieller Ebene. Inzwischen läuft der Austausch vertraulicher. Seit einigen Jahren verdient der 68-Jährige sein Geld in aller Stille damit, der deutschen Geschäftswelt Türen in China zu öffnen – in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde. In einem Land, das zwischen Marktwirtschaft und Planwirtschaft schwankt – und in dem die richtigen Leute zu kennen manchmal wichtiger sein kann als alles andere. Sponsor für den FC Bayern”Die RSBK AG konzentriert sich auf die Strategie- und Geschäftsentwicklung von Unternehmen und Institutionen in China”, heißt es dazu lapidar auf der Internetseite des Unternehmens. Scharping agiert nicht allein, sondern beschäftigt unter anderem auch chinesische Mitarbeiter. Laut Handelsregister hat RSBK die “Herstellung und Unterstützung von interdisziplinärer Arbeit zwischen Wirtschaft, privatem und öffentlichem Sektor” sowie Gutachten zum Ziel. Zu den Geschäftsfeldern, in denen die RSBK berät und vermittelt, gehört die Umwelttechnik.Dem Vernehmen nach gut verdient hat Scharping an einem Sponsorenvertrag zwischen dem weltweit größten Solarzellenhersteller Yingli aus China und dem FC Bayern. Seit Anfang 2011 tritt Yingli als finanzieller Förderer des Bundesligisten auf. Die Chinesen warben zum Beispiel als offizieller “Premium-Partner” in den Stadien der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien auf Bannern rund um das Spielfeld und erhöhten so ihre Markenbekanntheit.Kürzlich mischte sich Scharping öffentlich in die Debatte um den Verkauf des Flughafens Hahn an einen dubiosen Investor aus Schanghai ein. Auch als Vermittler für Siemens betätigte er sich. Der Technologiekonzern verkauft in China Produkte der Sparte “Smart City” für die Stadtentwicklung.Dass Scharping chinesischen Investoren in Deutschland erste Adressen vermitteln kann, folgt aus seiner Vergangenheit als Politiker. Ihm werden darüber hinaus auch Kontakte zu den wichtigsten Familien in China nachgesagt. Wem das wann und wobei genutzt hat, damit geht die RSBK nicht hausieren. Einmal hat Scharping einem westlichen Öl- und Gasunternehmen aus einer unangenehmen Klemme geholfen, indem er bei der Tochter des berühmten Reformers Deng Xiaoping anrief und diskret um Unterstützung bat. Bald darauf löste sich das Problem, weil der Bruder der alten Dame in eben diesem Wirtschaftssektor tätig war.Scharping, der als erstes von sieben Kindern eines Möbelhändlers im Unterwesterwald geboren wurde, reist heute mehrfach im Jahr nach China. Bekannte schätzen, dass er dort 150 Tage im Jahr verbringt. “Es ist die Schuld von Willy Brandt und Karl Marx, dass ich mit China in Kontakt gekommen bin”, sagte Scharping einmal der “Welt”. 1982 begann die SPD mit der sich damals öffnenden Volksrepublik einen Dialog. Kontakt zum “Leader”Scharping, damals Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, kam zwischen 1991 und 1994 mehrfach die Funktion des Gastgebers zu. Er traf Chinas damaligen Vizepräsidenten und heutigen Generalsekretär der Kommunistischen Partei und Staatspräsidenten in Personalunion Xi Jinping, einen Mann mit unglaublicher Machtfülle. Scharping war 2001 der erste Verteidigungsminister, der nach China reiste. “Ich mache nichts anderes, als dort Distanzen zu überbrücken”, sagte er. Er werde dort als ein alter Freund verstanden und nicht als der typische Unternehmensberater.