IWF-Spitze

Sinneswandel der USA rettet Georgiewa

Wochenlang stand IWF-Chefin Kristalina Georgiewa wegen Manipulationsvorwürfen auf der Kippe. Nun darf sie doch bleiben – offenbar dank eines Sinneswandels auf Seiten der US-Regierung.

Sinneswandel der USA rettet Georgiewa

Von Peter De Thier, Washington

Seit Wochen waren die Zweifel daran gewachsen, dass sich die Bulgarin Kristalina Georgiewa (68) an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) würde halten können, und bis zuletzt drohten diese Spekulationen die gemeinsame Jahrestagung von IWF und Weltbank zu überschatten. Dank eines Rettungsrings, den ihr in letzter Sekunde ausgerechnet die US-Regierung zuwarf, darf die Bulgarin geschäftsführende Direktorin des Währungsfonds in Washington bleiben.

Hintergrund sind Manipulationsvorwürfe gegen Georgiewa, die auf ihre Zeit bei der Weltbank zurückgehen. Dort war die Nationalökonomin, die früher EU-Haushaltskommissarin war, ab Januar 2017 in führender Rolle unter dem damaligen Weltbankchef Jim Yong Kim tätig. In dieser Zeit soll sie Stabsmitarbeiter unter Druck gesetzt haben, einen viel beachteten Bericht der Weltbank zum inter­nationalen Geschäftsklima („Doing Business Report“) zugunsten von China zu schönen. Dahinter soll sich die Absicht verborgen haben, die Unterstützung der chinesischen Regierung für eine Kapitalerhöhung zu gewinnen. So geht es aus einem Untersuchungsbericht der Kanzlei WilmerHale hervor. Dieser zwang die Weltbank, den „Doing Business“-Bericht einzustellen. Georgiewa hat die Vorwürfe gegen ihre Person hingegen strikt zurückgewiesen und behauptet, dass die Anwälte von WilmerHale gegen bestehende Abmachungen verstoßen und Inhalte der vertraulichen Sitzungen in den Medien lanciert hätten. Über den Vorgang an sich und mögliche Konsequenzen für Georgiewa, die 2019 an die Spitze des IWF wechselte, war eine heftige Kontroverse entbrannt (vgl. BZ vom 9. Oktober).

Rückhalt aus Europa

Der Exekutivrat des IWF hat sich wiederholt mit den Vorwürfen beschäftigt. Am Montag dann, kurz vor Beginn der Jahrestagung, kam es im Führungsgremium zum Showdown. Teilnehmern zufolge hatten sich die deutschen und französischen Vorstandsmitglieder wie die meisten anderen Europäer hinter die Bulgarin gestellt, während die USA und Japan im Vorfeld ihren Rücktritt gefordert haben sollen. Am späten Montagabend wendete sich das Blatt. Die US-Regierung, mit einem Anteil von rund 17% des IWF-Kapitals der einflussreichste Anteilseigner, sagte Georgiewa ihre Unterstützung zu, womit der Weg frei war für ihren Verbleib an der IWF-Spitze. Prompt veröffentlichte das IWF-Direktorium eine Erklärung, in der die Vorstandsmitglieder Georgiewa ihr „volles Vertrauen“ aussprachen.

Pikant ist, dass der Sinneswandel auf amerikanischer Seite rein politischer Natur gewesen sein soll. In den Fokus geriet dabei die Rolle von David Malpass, Georgiewas Nachfolger als Weltbankpräsident, der angekündigt hatte, rigoros gegen Manipulationen in den eigenen Reihen vorgehen zu wollen. Das Forschungsinstitut Center for Economic and Policy Research (CEPR) behauptet nämlich, dass kein Geringerer als Malpass, der selbst nicht unumstritten ist, sich hinter den Bemühungen verbarg, Georgiewa loszuwerden. Zum Chef der Weltbank gemacht hatte Malpass Bidens Vorgänger an der Spitze der US-Regierung, Donald Trump. Die Genugtuung, die IWF-Chefin aus dem Amt gedrängt zu haben, wollten US-Präsident Biden und Finanzministerin Janet Yellen angeblich weder Malpass noch Trump gönnen, so die Lesart laut CEPR. Deshalb hätten sie sich entschieden, die Ökonomin doch an Bord zu behalten.