Neuer Chairman für John Lewis

Tesco-Veteran übernimmt Spitze des Traditionskonzerns

John Lewis hat einen Nachfolger für Sharon White gefunden. Der Tesco-Veteran Jason Tarry wird siebter Chairman des Traditionsunternehmens.

Tesco-Veteran übernimmt Spitze des Traditionskonzerns

Jason Tarry ersetzt Sharon White beim Traditionskonzern John Lewis

Tesco-Veteran Jason Tarry steht für die Rückbesinnung auf das Einzelhandelsgeschäft.

hip London

Der Tesco-Veteran Jason Tarry (56) wird im September Sharon White als Chairman von John Lewis ablösen. Mit seinem Amtsantritt endet ein Experiment, das den Einzelhändler in neue Geschäftsfelder wie Wohnungsbau und Finanzdienstleistungen führte. Tarry verbrachte mehr als 33 Jahre seiner Karriere bei der Nummer 1 unter den britischen Supermarktbetreibern, sechs Jahre lang als CEO des Geschäfts von Tesco auf dem britischen Heimatmarkt und in der Republik Irland. Dass die Wahl auf ihn fiel, zeugt vom Willen, sich wieder auf das Einzelhandelsgeschäft zu fokussieren. Das Ziel, bis 2030 zwei Fünftel des Erlöses auf andere Weise zu erwirtschaften, hatte White vergangenen Monat fallengelassen.

Unkonventionelle Zeiten

Als White im November 2019 als Nachfolgerin von Charlie Mayfield für die Spitze des mitarbeitergeführten Unternehmens benannt wurde, war das für viele überraschend. Mayfields Karriere hatte einst als Offizier der Scot Guards begonnen. Die Karrierebeamtin, die zuvor an der Spitze der britischen Telekomaufsicht Ofcom stand, sei keine konventionelle Kandidatin für das Amt, räumte Mayfield ein. Aber es seien auch keine konventionellen Zeiten für den Einzelhandel, und John Lewis sei auch keine konventionelle Firma. Zum Unternehmen gehört neben der gleichnamigen Kaufhauskette auch die Nobelsupermarktkette Waitrose.

Scherbenhaufen übernommen

Anfang 2020 übernahm die Cambridge-Absolventin einen Scherbenhaufen. Die Kaufhauschefin Paula Nickolds hatte nach nur zwei Jahren im Amt hingeschmissen. Mit ihr verließen 25 Jahre Erfahrung das Unternehmen. Waitrose-Chef Rob Collins hatte sich bereits vor ihr verabschiedet. White verfügte über keine Erfahrung im Einzelhandel. Sie war zuvor für das britische Schatzamt, die britische Botschaft in Washington und die Weltbank tätig und wurde als mögliche Nachfolgerin für Mark Carney an der Spitze der Bank of England gehandelt. Doch schließlich machte Andrew Bailey das Rennen um den Gouverneursposten.

Finanziell erholt

Rita Clifton, die dem Nominierungsausschuss von John Lewis vorsitzt, dankte White dafür, das Unternehmen erfolgreich durch eine der schwierigsten Phasen seiner Geschichte geführt zu haben: erst durch die Pandemie, dann durch eine Zeit der steigenden Lebenshaltungskosten. Nach drei Verlustjahren zeigte der Einzelhändler für das vergangene Jahr einen kleinen Gewinn. „Sie stand vor den schwersten Entscheidungen und hat die finanzielle Erholung gemanagt“, sagte Clifton. „Mit der Rückkehr in die schwarzen Zahlen sind wir bei guter finanzieller Gesundheit und einer starken Bilanz.“ Für das laufende Jahr seien Investitionen auf Rekordniveau geplant. Sie habe auch gesichert, dass sich das Unternehmen weiterhin im Besitz der Mitarbeiter befinden werde.

„Project Reset“

Tarry kam 1990 als Trainee zu Tesco. Er galt als rechte Hand von CEO Dave Lewis und spielte eine zentrale Rolle dabei, das Unternehmen nach einem Bilanzskandal 2014 wieder auf die Erfolgsspur zu setzen. Der Arsenal-Fan war auch an „Project Reset“ beteiligt, der gnadenlosen Auslistung von Produkten, die sich nicht gut verkauften. Die Aktie des Rivalen Marks & Spencer verzeichnete Verluste, als die Personalie bekannt wurde. Doch beeinflussen sein neues Amt neben operativen auch politische Faktoren. Die rund 76.000 Mitarbeiter haben ein Mitspracherecht, wenn es um die Ausrichtung geht.

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