Unterwegs auf vielen Umwegen
Die Weltkarte, die Dirk Dewald auf seinem Rechner zeigt, hat ziemlich viele rote Flecken, ganz kleine und ziemlich große. „Das sind die aktuellen No fly-Areas“, erklärt der Senior Director des Operations Control Center der Lufthansa in Frankfurt. Der Sudan ist dabei, Libyen und Mali, Teile von Saudi-Arabien oder auch Jemen. Ein riesiges rotes Areal zieht sich am nördlichen Rand der Karte entlang, das ist Russland nebst Weißrussland und der Ukraine. Kürzlich zeitweise dazu gekommen war im Zuge des Krieges zwischen Iran und Israel ein großer Teil des Nahen Ostens.
Wenn bestimmte Flugkorridore zu sind, ballt sich der Verkehr im verbleibenden Luftraum. Dass den Airlines der Lufthansa dennoch ein einigermaßen stabiler und pünktlicher Flugverkehr gelingt, dafür sollen Dewald und sein Team sorgen. „Wir sorgen dafür, dass die Flüge fliegen“, fasst es der Manager zusammen. „Ab sieben Tage vor Abflug übernehmen wir die Verantwortung für alle Flüge von und nach Frankfurt – von Lufthansa, Lufthansa Cargo, Discover und Eurowings.“
Manchmal muss es schnell gehen
Als der Iran als Reaktion auf den Eintritt der USA in den Krieg eine US-Base in Katar bombardierten, waren beispielsweise gerade zwei Maschinen aus der Lufthansa Gruppe auf dem Weg nach Dubai, da musste es schnell gehen. Die Maschine aus Frankfurt wurde zurückgeschickt, die aus Zürich musste in der Türkei landen. „Ausweichlandung“ nennt Dewald das. Engmaschig werden Risikobewertungen vorgenommen und dann entschieden. „Wenn wir kein Risiko für einen sicheren Flugbetrieb sehen, fliegen wir.“
Dewald ist schon seit 2002 bei der Lufthansa, zunächst hatte der Wirtschaftsingenieur lange Jahre bei der Wartungstochter Lufthansa Technik gearbeitet. Nach einem Zwischenstopp bei Lufthansa Cityline ist er 2016 im Konzern in Frankfurt gelandet. Seit 2016 leitet er das Operations Control Center in Frankfurt, dem größten Drehkreuz der Lufthansa. Rund 300 Mitarbeiter arbeiten dort im 3-Schicht-Betrieb rund um die Uhr. In der Gruppe gibt es insgesamt elf dieser Zentren – mehrfach am Tag stimmen sich diese laut Dewald untereinander ab, gerade wenn es um Luftraumsperrungen und andere Krisen geht, die alle betreffen.
Faktor Politik
Unterwegs auf vielen Umwegen
lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Manchmal beeinflussen nicht Sicherheitsbedenken eine Flugroute, sondern die Weltpolitik. Der russische Luftraum ist seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine für viele Fluggesellschaften gesperrt. Gerade für die Europäer bedeutet das, dass sie weite Umwege auf dem Flug nach Asien in Kauf nehmen müssen. Zuletzt wurde die Lage verschärft, als der Konflikt zwischen Indien und Pakistan wieder aufflammte und aus beiden Staaten eine No fly-Area wurde. Das ist jetzt passé, „aber über Kaschmir fliegen wir nach wie vor nicht.“
Der Iran hatte die Attacke auf die US-Base angekündigt, darauf konnte sich nicht nur der Luftverkehr einstellen. Anderes kommt ganz plötzlich, zum Beispiel Eisregen.
Selbst bei wenig zeitlichem Vorlauf geht es dann darum, möglichst viele Flieger noch vom betroffenen Flughafen fernzuhalten, um das Chaos überschaubar zu halten. „Wenn wir hier in Frankfurt zu viele Flugzeuge reinbekommen ohne dass parallel entsprechend Flugzeuge abfliegen, kann das schnell den Flughafen an die Kapazitätsgrenzen bringen“, so Dewald. Natürlich wolle man auch nicht „mehrere Tausend Passagiere im Terminal oder im Transitbereich haben.“ Ein paar Hundert stranden dort aber schon mal, wenn beispielsweise kurz vor Beginn des Nachtflugverbots eine Maschine defekt ist. Dann heißt es meistens am Boden bleiben, neuer Versuch am nächsten Morgen.