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Van Bylen bekommt den Kopf gewaschen

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt Börsen-Zeitung, 14.8.2019 Investoren reagieren langsam genervt auf Henkel. Nach drei Jahren im Amt ist das Verhältnis zwischen Hans Van Bylen und dem Kapitalmarkt merklich abgekühlt. Von einer "Krise" will der...

Van Bylen bekommt den Kopf gewaschen

Von Christoph Ruhkamp, FrankfurtInvestoren reagieren langsam genervt auf Henkel. Nach drei Jahren im Amt ist das Verhältnis zwischen Hans Van Bylen und dem Kapitalmarkt merklich abgekühlt. Von einer “Krise” will der Henkel-Vorstandschef aber nichts wissen – trotz zweier Prognosesenkungen im laufenden Jahr und obwohl der Aktienkurs am Dienstag in der Spitze um 8 % eingebrochen ist. “Henkel ist nicht in der Krise”, betont der in Belgien geborene Manager, der seit Mai 2016 an der Spitze des weltweit größten Klebstoffkonzerns steht. “Wir haben die richtige Strategie.” Auf Fragen, ob die Familie Henkel, der 61 % der Konzernanteile gehören, weiter fest hinter ihm stehe, antwortet er allerdings lieber gar nicht.Von einer Krise bei Henkel zu sprechen ist tatsächlich ein bisschen gewagt. Der Konzern verdient nach wie vor gutes Geld. Es sind Klagen auf hohem Niveau, und dennoch dürfen die jüngsten Entwicklungen als Alarmzeichen gedeutet werden. Das etwas lahme Bild, das der in den Jahren zuvor so dynamische Konzern heute abgibt, steht in scharfem Kontrast zu den guten Ergebnissen, die Rivalen wie Procter & Gamble oder Beiersdorf vorlegen.Als Van Bylen 2016 an die Spitze des Konzerns rückte, hatte er zuvor schon elf Jahre lang die Kosmetiksparte geführt – eben jenen Geschäftsbereich “Beauty Care”, der in der aktuellen Halbjahresbilanz besonders enttäuscht. Damals kündigte der an der Universität Antwerpen und in Harvard ausgebildete Wirtschaftswissenschaftler an, dass er auf die Markenartikelgeschäfte ein stärkeres Augenmerk richten werde. Regionale LückenHier seien die Lücken – regional wie auch in der Produktpalette – größer. “Wir haben mehr weiße Flecken in unserem Konsumgütergeschäft als in unserem industriellen Klebstoffgeschäft”, analysierte Van Bylen. Keiner dürfte die Lücken besser kennen als der 58-Jährige, der seit 35 Jahren in Diensten des Traditionskonzerns steht. Als 23-jähriger Außendienstler für Waschmittel war er 1984 bei den Düsseldorfern eingestiegen.Henkel ist bei Klebstoffen Weltmarktführer, im Waschmittelgeschäft und in der Kosmetik aber rangieren noch diverse Wettbewerber vor den Düsseldorfern. Kritiker fordern, einzelne Marken oder das gesamte Beauty-Geschäft zu verkaufen. Van Bylen hat Glück, dass aktivistische Investoren bislang einen Bogen um den von der Familie kontrollierten Konzern machen. Die “Henkels” haben sich in einem Aktienbindungsvertrag verpflichtet, mindestens bis 2033 ihre Anteile zu halten.Große strategische Überraschungen waren, als Van Bylen bei dem konservativen und von der Henkel-Familie in fünfter Generation kontrollierten Konzern an die Spitze rückte, nicht zu erwarten. Noch ein bisschen mehr Effizienz, als sein dänischer Vorgänger, der spätere Adidas-Chef Kasper Rorsted, aus dem Konzern herausgekitzelt hat, noch mehr Geschäft in den Emerging Markets und noch mehr Chancen nutzen durch die Digitalisierung – das sind einige der Schlagworte.Mit der Akquisition des US-Konzerns Sun Products für 3,2 Mrd. Euro war Van Bylen allerdings nur knapp zwei Monate nach Amtsantritt ein Paukenschlag gelungen. Henkel rückte im US-Waschmittelmarkt von Position 4 auf Rang 2 vor – auch wenn mit gut 15 % Marktanteil der Abstand zum Platzhirsch Procter & Gamble (54 %) weiterhin groß blieb.Im November 2016 stellte Van Bylen die neue Unternehmensstrategie (Henkel 2020+) vor. Nach der jüngsten Prognosesenkung wird sich Van Bylen wieder einmal der Frage nach der künftigen Rolle der Schwellenländer stellen müssen ebenso wie der Frage nach der Zukunft der Kosmetiksparte im Henkel-Konzern. Denn während Klebstoffe und Waschmittel nach dem Kauf von Sun Products beide im globalen Wettbewerb über starke Positionen auf den wichtigsten Märkten verfügen, rangieren Fa, Schauma und Taft international eher unter ferner liefen. “Beauty Care” stagniertDie kleinste Henkel-Sparte “Beauty Care”, die knapp ein Fünftel zum Umsatz beiträgt, stagniert. Nur in Nischen wie Haarkolorationen oder Friseurprodukten gehören die Düsseldorfer zu den Weltmarktführern. Im umkämpften Massenmarkt für Shampoos und Duschgele ist der Wettbewerb hart und Henkels Position schwach. Im margenstarken Luxussegment dagegen ist der Dax-Konzern nicht aktiv. Van Bylen hat ein klares Bekenntnis zur Kosmetik abgegeben, von erheblichen Potenzialen gesprochen, aber seine Pläne bisher nicht in eine Story für den Kapitalmarkt gegossen. Das muss er jetzt wohl nachholen.