Vom Rentenfonds-Manager zu Frankreichs Wirtschaftsminister
Vom Rentenfonds-Manager zu Frankreichs Wirtschaftsminister
Vom Rentenfonds-Manager zu Frankreichs Wirtschaftsminister
wü Paris
von Gesche Wüpper, Paris
Er gilt als pragmatisch und wirtschaftlich als liberal. Diesen Dienstag richten sich vormittags alle Scheinwerfer auf Roland Lescure. Denn dann will Frankreichs neuer — und alter — Wirtschafts- und Finanzminister im Ministerrat den dringend erwarteten Haushaltsentwurf für 2026 präsentieren. Wie lange der 58-Jährige im Amt bleiben wird, muss sich allerdings noch zeigen. Neben mehreren Experten aus der Zivilgesellschaft gehört der ehemalige Top-Manager des kanadischen Rentenfonds Caisse des dépôt et placement du Québec (CDPQ) der zweiten Regierung von Premierminister Sébastien Lecornu an.
Im Wirtschafts- und Finanzministerium folgt Lescure auf Eric Lombard. Er ist einer der Überlebenden der ersten Regierung von Premierminister Sébastien Lecornu, die gerade mal 14 Stunden im Amt geblieben war, genau wie Budgetministerin Amélie de Montchalin. Die 40-Jährige, die nach dem Studium an der Wirtschaftshochschule HEC zunächst als Ökonomin für Exane BNP Paribas tätig war, gehörte bereits der Anfang September gestürzten Regierung von François Bayrou an. Dafür zu sorgen, dass Frankreich vor Ende des Jahres einen Haushalt bekommt, lautet die wegen der gespaltenen Nationalversammlung heikle Mission der beiden.
Überzeugter Europäer
Frankreichs neuer Wirtschafts- und Finanzminister ist wie Lecornu ein enger Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron. Die beiden haben sich 2012 bei einer Investorenkonferenz kennengelernt. Lescure war seinerzeit erster Vizepräsident der CDPQ, Macron stellvertretender Generalsekretär des Elysée-Palasts. Schockiert vom Brexit-Votum schloss sich der überzeugte Europäer später der von Macron lancierten neuen Zentrumspartei an, unterstützte dessen Präsidentschaftswahlkampf auch finanziell und trat bei den Parlamentswahlen 2017 für ihn an. Als Abgeordneter der Auslandsfranzosen in Nordamerika war der Sohn eines Redakteurs der kommunistischen Zeitung „L‘Humanité“ und einer CGT-Gewerkschaftlerin 2017 bis 2022 Vorsitzender der Finanzkommission der Assemblée Nationale, bevor er 2022 bis 2024 als beigeordneter Minister für Industrie und Energie den Regierungen von Elisabeth Borne und Gabriel Attal angehörte. Den Großteil seiner Karriere hat Lescure, der trotz seiner wirtschaftspolitisch liberalen Haltung dem linken Flügel von Macrons Partei Renaissacen zugerechnet wird, jedoch im Finanzsektor gemacht.
Nach dem Studium an der Ingenieurshochschule Ecole Polytéchnique, der Ecole nationale de la statistique et de l‘administration économique (ENSAE) sowie der London School of Economics hatte er jedoch zunächst im Wirtschaftsministerium begonnen, bevor er erst für das Statistikamt Insee, dann für die staatliche Caisse des dépôts et consignations arbeitete. Nach Führungspositionen bei Natixis Asset Management und der Versicherung Groupama wechselte er 2009 zu CDPQ nach Kanada.
Experten aus der Zivilgesellschaft
Lescure wird jetzt auch eng mit dem für kleine und mittlere Unternehmen zuständigen Handels- und Tourismusminister Serge Papin und Arbeitsminister Jean-Pierre Farandou zusammenarbeiten. Genau wie Innenminister Laurent Nuñez kommen sie aus der Zivilgesellschaft. Der 70-jährige Papin war von 2005 bis 2018 Chef der Supermarkt-Kooperative Système U, der 68-jährige Farandou seit 2019 Chef der Staatsbahn SNCF. Nuñez, der früher unter anderem den französischen Inlandsgeheimdienst DGSI geleitete hat, war zuletzt Polizeipräfekt von Paris. Der 61-Jährige wird für den reibungslosen Ablauf der Olympischen Spiele 2024 gelobt, Farandou für sein Verhandlungsgeschick mit Gewerkschaften. Papin gilt als Experte für Kaufkraft und Einzelhandel.