Der Mann bei VW für mehr Tempo in China
Der Mann bei VW für mehr Tempo in China
ste Hamburg
Wer im Vorstand von Volkswagen, was Herausforderungen angeht, aktuell die dicksten Bretter zu bohren hat, lässt sich kaum vergleichen. Die rasanten Veränderungen in seinem wichtigsten Einzelmarkt stellen den Wolfsburger Mehrmarkenkonzern jedoch in besonderer Weise auf die Probe. Daher gibt es nun auch wieder ein eigenes China-Ressort im Vorstand. Ralf Brandstätter, seit August vergangenen Jahres für das China-Geschäft verantwortlich, fällt die Aufgabe zu, Europas führenden Autobauer auf den lokalen Wettbewerb im Zukunftssegment Elektromobilität einzustellen und Antworten zu geben auf die Geschwindigkeit des Marktes und die großen Ambitionen nach vorn drängender chinesischer Hersteller.
Dass sich die jahrzehntelange Marktführerschaft aus der Ära der Verbrennerfahrzeuge für VW nicht einfach auf das Elektro-Zeitalter übertragen lässt, verdeutlichen Absatzstatistiken. BYD, zum größten chinesischen E-Auto-Bauer aufgestiegen, heißt der neue Marktführer, wie in diesen Tagen pünktlich zur Shanghai Autoshow verlautbart wurde. In der Analyse ist man sich bei VW indes schon seit längerem im Klaren. Man brauche, sagte Brandstätter etwa im Januar bei einem Pressegespräch in Berlin, in einem Markt, in dem viele Zukunftstechnologien entstünden, die Maßstab für den Rest der Welt würden, „China Speed“ – bei der Entwicklung der Produkte und bei den Entscheidungen. Zugleich seien mehr lokale Innovationen für die speziellen Wünsche der chinesischen Kunden notwendig.
Man – nicht nur VW, sondern die gesamte deutsche Autoindustrie – müsse jetzt technologisch dagegenhalten, auch um perspektivisch global gegenüber den chinesischen Konkurrenten bestehen zu können, so Brandstätter. Der 54-Jährige soll für die Wolfsburger den Weg bereiten, um auf dem hart umkämpften E-Auto-Markt in China aufzuholen. Ein neues Entwicklungs-, Innovations- und Beschaffungszentrum für vollvernetzte intelligente E-Fahrzeuge aufzubauen, in das rund 1 Mrd. Euro investiert werden soll, sei ein wichtiger Schritt der „In China, für China“-Strategie, kündigte er anlässlich der Shanghai Autoshow an. VW will im weltgrößten Automarkt, in dem der Konzern 2022 rund 39% seiner weltweit 8,3 Millionen Fahrzeuge auslieferte, die Entwicklungszeiten neuer Produkte und Technologien um 30% reduzieren.
Im Bekenntnis zum chinesischen Markt, der Prognosen zufolge bis 2030 von 21 Millionen auf bis zu 30 Millionen Fahrzeuge wachsen könnte, zeigt sich VW auch vor dem Hintergrund geopolitischer Risiken eindeutig und warnt vor Entkopplung. Er sei, so Brandstätter, fest davon überzeugt, dass Abhängigkeiten technologisch und wirtschaftlich eher steigen als abnehmen würden, „wenn wir unsere Position auf dem größten Automobilmarkt der Welt absichtlich schwächen würden“.
Der gebürtige Braunschweiger kennt den Konzern aus dem Effeff. Nach einer Ausbildung zum Betriebsschlosser und einem Wirtschaftsingenieur-Studium kam er 1993 zu Volkswagen. Ehe Brandstätter nach China wechselte, führte er als Vorstandsvorsitzender die Kernmarke Volkswagen Pkw.