Zeitenwende bei RTL Deutschland
Von Annette Becker, DüsseldorfWohl nicht ganz freiwillig verlässt Anke Schäferkordt zum Jahresende die deutsche Sendergruppe RTL. Dreizehn Jahre lang stand die quirlige Medien-Managerin an der Spitze von RTL Deutschland, von 2012 bis 2017 war sie zudem in Personalunion Co-Chefin der Luxemburger Obergesellschaft – zusammen mit dem Belgier Guillaume de Posch. Ihr überraschender Abgang kommt einer Zäsur gleich, steht der Name Schäferkordt doch synonym für RTL Deutschland.Während Schäferkordt den Posten als Co-Chefin der RTL Group vor anderthalb Jahren aus freien Stücken abgab, hat man sich jetzt “gemeinsam und im besten gegenseitigen Einvernehmen” auf die Trennung verständigt. Die Formulierung lässt Raum für Spekulationen, zumal der Wechsel von Schäferkordt auf Bernd Reichart, derzeit Geschäftsführer von Vox, aus dem Nichts heraus kommt.Schäferkordts Vertrag wäre noch bis Ende 2019 gelaufen, eine Vertragsverlängerung war der 55-Jährigen jedoch nicht zugestanden worden. “Unser starkes Management-Team und die klare strategische Ausrichtung, die wir gemeinsam über viele Jahre hinweg entwickelt haben, bestärken mich in der Überzeugung, dass ein schneller Übergang im besten Interesse der Mediengruppe RTL Deutschland ist”, macht Schäferkordt aber zumindest klar, dass sie den Zeitpunkt ihres Ausscheidens mitbestimmt hat.Zeitgleich mit dem Abschied von RTL, ihrer beruflichen Heimat, scheidet Schäferkordt auch aus dem Vorstand von Bertelsmann aus. Das ist wenig verwunderlich, liefen die Verträge als CEO von RTL Deutschland und als Vorstandsmitglied des Gütersloher Medienkonzerns doch zeitlich deckungsgleich. Anders als bei RTL Deutschland will man sich in Gütersloh jedoch mehr Zeit für eine Nachfolgelösung nehmen. Darüber werde der Aufsichtsrat zu gegebener Zeit entscheiden, heißt es.Zweifelsfrei hat sich Schäferkordt in ihrer 27 Jahre währenden RTL-Karriere einen sagenhaften Ruf erworben. Selbst Kritiker kommen nicht umhin, der 55-Jährigen eine überaus erfolgreiche Laufbahn zu bescheinigen. “Anke Schäferkordt hat die Erfolgsgeschichte der RTL Group geprägt”, lobt Bert Habets (47), seit Jahresbeginn alleiniger CEO der RTL Group. Das Zusammenspiel der beiden TV-Manager war vielleicht auch deshalb schwierig, weil Schäferkordt auf der einen Seite direkt an Habets berichtete, dieser aber umgekehrt dem Bertelsmann-Vorstand, dem Schäferkordt angehört, Rede und Antwort steht.Dass der studierten Betriebswirtin der Abschied nach 27 Jahren bei RTL Deutschland nicht leicht fällt, daran lässt die Wahlkölnerin keine Zweifel: “Für mich persönlich geht mit meinem Ausscheiden eine lange Reise zu Ende. Rund die Hälfte meines Lebens war unsere Sendergruppe meine berufliche Heimat”, schreibt Schäferkordt in einem Brief an die Belegschaft. “Unser Unternehmen war für mich mehr als ein Arbeitsplatz, es war immer auch Herzensangelegenheit”, bekennt sie wehmütig.Der neue Chef von RTL Deutschland, Reichart, startete seine berufliche Laufbahn in der Sportrechtevermarktung bei UFA Sports. 2004 wechselte er als Head of Investor Relations zur spanischen Antena 3, an der die RTL Group beteiligt ist. Seit Februar 2013 ist Reichart Geschäftsführer von Vox und Mitglied der Geschäftsleitung der Mediengruppe RTL Deutschland.