Gastbeitrag

Einheitliches Patentgericht erlaubt grenzüberschreitendes Vorgehen

Das Einheitliche Patentgericht (UPC) ermöglicht seit 2023 eine effiziente, grenzüberschreitende Patentdurchsetzung in Europa. Seither hat sich das UPC etabliert und zieht internationale Kläger an.

Einheitliches Patentgericht erlaubt grenzüberschreitendes Vorgehen

Einheitliches Patentgericht erlaubt grenzüberschreitendes Vorgehen

Unified Patent Court nach zwei Jahren etabliert – Kritik am Einreichungssystem

Es ist gerade einmal zwei Jahre alt und bereits ein voller Erfolg: Das Einheitliche Patentgericht, im Englischen kurz UPC (für „Unified Patent Court“). Nach vielen Jahren der Vorbereitung und einigen Rückschlägen seit 1. Juni 2023 am Start, erlaubt es die Durchsetzung von Patenten über europäische Grenzen hinweg. Bedeutet: Gestützt auf ein z.B. für Deutschland, Frankreich und den Niederlanden erteiltes Europäisches Patent kann gegen einen Verletzer in einem einzigen UPC-Verfahren vorgegangen werden – bislang musste der Patentinhaber in jedem Staat gesondert vorgehen, was recht mühsam war.

Mehr Effizienz

Das UPC erlaubt nunmehr ein effektives „cross border“-Vorgehen gegen Patentverletzer. Zudem sind die Verfahren derart straff getaktet, dass von der Einreichung der Klage bis zum erstinstanzlichen Urteil meist nicht einmal 15 Monate vergehen. Dabei wird nicht nur die Verletzung, sondern auch der Rechtsbestand des Patents vom UPC geprüft – was insbesondere für Deutschland ein Novum ist (bislang wurden die Verletzungsverfahren dort von den Landgerichten, der Rechtsbestand hingegen vom Bundespatentgericht entschieden, was vielfältig kritisiert wurde). Ein paar EU-Staaten und das Vereinigte Königreich sind zwar nicht dabei, aber es sind letztlich doch 18 EU-Mitgliedstaaten, die mitmachen. Und weitere mögen bald noch hinzustoßen. Damit wird bereits jetzt eine Marktgröße abgedeckt, die das UPC auch gerade für ausländische Patentinhaber und als Alternative zur Patentdurchsetzung in den USA interessant macht. Dies belegen auch die Zahlen: In den ersten zwei Jahren seines Bestehens wurden mehr als 300 Verletzungsverfahren vor dem UPC anhängig gemacht – was die Erwartungen der Gründer deutlich übertraf. Hinzu kommen noch mehr als 60 isolierte Nichtigkeitsverfahren, also Verfahren, in denen es allein um den Rechtsbestand eines Patents geht.

Die Gerichte erster Instanz (Kammern) sind quer über die 18 EU-Staaten verteilt. Das Berufungsgericht hat seinen Sitz in Luxemburg. Besonders hervorzuheben ist die starke Stellung der deutschen Kammern: Rund 76% aller Fälle sind in München, Mannheim, Düsseldorf und Hamburg anhängig. Die Attraktivität der deutschen Gerichte überrascht nicht unbedingt, da sie auch bereits vorher im EU-weiten Vergleich die meisten Patentverletzungsfälle auf sich ziehen konnten. Die Anziehungskraft der Münchner Kammer ist jedoch besonders bemerkenswert: Mehr als 100 Fälle sind allein dort anhängig, schon bald nach dem Start am 1. Juni 2023 wurde dort eine zweite Kammer eröffnet, um das Arbeitsaufkommen zu bewältigen. Interessant ist auch, dass Englisch als Verfahrenssprache zugelassen ist, obwohl es in keinem EU-Staat Amtssprache ist. Und mehr als die Hälfte aller Verfahren werden tatsächlich in Englisch geführt. Auch das zieht ausländische Kläger an.

Technische Richter

Allseits gelobt wird die Qualität der Richter. Die meisten von ihnen haben bereits vorher in den nationalen EU-Gerichten mit Patentbezug Dienst getan und sind daher anerkannte Patentrechtsexperten. Zum gehörigen Teil haben sie nach einer anfänglichen Übergangszeit, in der sie nur Teilzeit beim UPC waren, dem Staatsdienst inzwischen den Rücken gekehrt und sind Vollzeit beim UPC. Neu ist die Möglichkeit, Technische Richter hinzuzuziehen – sie vermitteln fachliche Expertise im Verständnis der zugrundeliegenden Technik. Auch das wird allseits gelobt, wie überhaupt die Qualität der Entscheidungen – alle übrigens über die Homepage des UPC elektronisch abrufbar – überzeugt.

Höhere Kosten

Getrübt wird ein Blick auf die ersten zwei Jahre vor allem durch ein wenig nutzerfreundliches elektronisches Einreichungssystem – die Kritik war derart heftig, dass es jetzt neu aufgesetzt wird. Bleiben noch die Kosten zu erwähnen: Waren die Kosten für die komplexen nationalen Patentverletzungsverfahren schon hoch, sind UPC-Verfahren noch mal ein gutes Stück teurer. Die Praxis zeigt, dass durchaus mehr als 300.000 Euro für ein komplett durchlaufenes Verfahren in erster Instanz anfallen können – wobei ein Teil der Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden Partei zu ersetzen sind. Aber die Kosten relativieren sich, wenn man sie mit Patentverletzungsverfahren im Vereinigten Königreich oder den USA vergleicht, denn dort ist Klagen deutlich teurer.

Bleibt die Aussicht auf die weitere Entwicklung. In fünf Jahren soll entschieden werden, ob – wie bislang – für Europäische Patente weiterhin ein sog. „opt-out“ erklärt werden kann, womit sie nicht vors EPG kommen, sondern – wie früher – vor nationale Gerichte. Ob die derzeitige Regelung verlängert wird, kann niemand vorhersagen. Der Attraktivität des UPC wird es aber kaum schaden. Schon heute, kurz nach seiner Gründung, hat sich das UPC einen festen Platz in der Patentrechtspraxis erarbeitet.

*) Dr. Bernd Allekotte ist Partner bei Grünecker und Vertreter vor dem Einheitlichen Patentgericht

*) Dr. Bernd Allekotte ist Partner bei Grünecker und Vertreter vor dem Einheitlichen Patentgericht

Von Bernd Allekotte *)