Nachhaltige Mietverträge als Herausforderung für Immobilienunternehmen
Von Lisa Gebhard und Dennis Stenzel *)
*) Lisa Gebhard ist Senior Associate, Dennis Stenzel ist Partner bei GSK Stockmann
Auch in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen im Immobiliensektor kommt kein institutioneller Investor umhin, sich mit der Nachhaltigkeit seines Gebäudebestandes zu befassen. Die EU und die Bundesrepublik Deutschland haben sich im Zusammenhang mit dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf möglichst 1,5°C zu begrenzen.
Die Immobilienbranche als einer der größten Verursacher von Treibhausgasemissionen in Deutschland steht hierbei im Fokus des Gesetzgebers: Zur Förderung von Nachhaltigkeit von Immobilien wurden auf europäischer und nationaler Ebene zahlreiche Rechtsakte erlassen, wie bspw. das Gebäudeenergiegesetz und Photovoltaikpflichten. Daneben werden auch den Akteuren im Immobiliensektor nachhaltigkeitsbezogene Pflichten auferlegt, wie etwa Berichtspflichten gemäß der Offenlegungs-Verordnung oder der CSRD und Sanierungspflichten nach der noch in deutsches Recht umzusetzenden Gebäuderichtlinie.
Anforderungen für Immobilien
Immobilienfonds und -unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Immobilien an die wachsenden Anforderungen an Umweltfreundlichkeit und soziale Verantwortung anzupassen. Daneben können sich weitere Anforderungen für die Immobilien aus selbst gegebenen Nachhaltigkeitsstrategien ergeben.
Die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten ist jedoch jedenfalls im Bereich der Gewerberaummiete nicht ohne die Mieter umzusetzen, da sich die Nachhaltigkeitsanforderungen nicht nur auf die Beschaffenheit der Immobilien beziehen (z.B. Dämmung, Gebäudetechnik), sondern auch die Mitwirkung der Mieter voraussetzen. Neben der Reduktion des Verbrauchs der Mieter, muss der Vermieter vor allem auf ein nachhaltiges Verhalten im Übrigen hinwirken, z.B. hinsichtlich der Versorgung mit grünem Strom, Vermeidung von Schadstoffen oder Mülltrennung. Viele Vermieter sind zudem auf die Zulieferung der Verbrauchsdaten angewiesen, um ihre nachhaltigkeitsbezogenen Berichtspflichten zu erfüllen.
Vermieterseitig besteht daher das Bedürfnis, gegenüber den Mietern ein nachhaltiges Verhalten durchzusetzen. Gesetzlich sind Nachhaltigkeitspflichten im Mietverhältnis bislang nur vereinzelt geregelt. Vermieter sind daher bestrebt, weitergehende nachhaltigkeitsbezogene Regelungen in ihren Mietverträgen zu implementieren, sogenannte Green Lease.
Vielzahl an Gestaltungsoptionen
Green-Lease-Klauseln können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Ihr konkreter Inhalt ist u.a. abhängig vom Mietgegenstand, der Interessenlage, den Schwerpunkten und der Durchsetzungsfähigkeit der Vertragsparteien. Häufige Regelungsschwerpunkte sind Einsparungen, das Monitoring und der Datenaustausch von Verbrauchsdaten sowie weitere Regelungen zur nachhaltigen Nutzung und Bewirtschaftung der Mieteinheit. Die vertraglichen Abreden können von allgemein gehaltenen Klauseln bis hin zu kleinteilig ausdifferenzierten Regelungen reichen. Zudem verpflichten manche Green-Lease-Klauseln nur die Mieter, während andere Regelungen beide Vertragsparteien in die Pflicht nehmen. Auch der Grad der Verbindlichkeit kann vom bloßen Bemühen bis hin zu einer verbindlichen Pflicht variieren.
Die Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten schafft einen gewissen Grad an Flexibilität, stellt Vermieter jedoch auch vor die Herausforderung, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Klausel zu entwickeln. Auch wenn sich in der Immobilienbranche gewisse Standards als Basis etabliert haben, sollten diese im Einzelfall stets an die Nachhaltigkeitsstrategie des Vermieters und die jeweils anwendbaren gesetzlichen Nachhaltigkeitsbestimmungen angepasst werden. Andernfalls besteht das Risiko, dass die vertraglichen Abreden nicht den Anforderungen des Vermieters gerecht werden. Vor allem dürfen bei der Erstellung von Green Lease die gesetzlichen Wirksamkeitsgrenzen nicht aus dem Blick verloren werden. Bei manch einer im Überschwang der Nachhaltigkeitswelle entwickelten Klausel erscheint eine Rückbesinnung auf die AGB-rechtlichen Vorgaben empfehlenswert, nach denen Mieter nicht unangemessen benachteiligt werden dürfen und Klauseln transparent und verständlich sein müssen.
Die Entwicklung wirksamer Green Lease wird auch dadurch erschwert, dass hierzu bislang wenig Rechtsprechung ergangen ist und das Thema in der Literatur oft nur am Rande behandelt werden. Dies führt zu einer gewissen Unsicherheit im Umgang mit Green Lease. So ist etwa fraglich, ob eine einseitige Belastung des Mieters mit umfangreichen Pflichten im Nachhaltigkeitskontext wirksam im Rahmen von AGB vereinbart werden kann. Gleichzeitig wird diskutiert, ob Regelungen, wonach Mieter sich nur um ein bestimmtes nachhaltigkeitsbezogenes Verhalten bemühen muss, mangels Klarheit der geschuldeten Leistungen unwirksam sind. Vermieter müssen daher die Balance zwischen einer Regelung, die ihren Interessen entspricht, und die Mieter nicht unangemessen beeinträchtigt schaffen und gleichzeitig die Entwicklungen in der Rechtsprechung im Blick behalten.
Trotz all dieser Herausforderungen bieten Green Lease die Chance, zwischen Vermieter und Mieter ein gemeinsames Nachhaltigkeitsverständnis festlegen und die Basis für eine Kooperation zur nachhaltigen Nutzung von Immobilien zu schaffen. Eine solche Zusammenarbeit ist essenziell für die Verbesserung der Nachhaltigkeit von Immobilien.