GastbeitragGeschäfte mit Kryptowährungen

Unversteuerte Kryptogewinne – neue Selbstanzeigenwelle?

Eine Selbstanzeige im Fall unversteuerter Gewinne aus Kryptoanlagen kann sinnvoll sein. Die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit wird honoriert.

Unversteuerte Kryptogewinne – neue Selbstanzeigenwelle?

Unversteuerte Kryptogewinne könnten
Welle an Selbstanzeigen auslösen

Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen wertet Daten einer Handelsplattform aus

Von Andreas Höpfner
und Klaus Himmer *)

Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung hat vor Kurzem über ein Auskunftsersuchen Zugang zu den Daten tausender Nutzer einer großen deutschen Handelsplattform für Kryptowährungen erhalten. Diese Daten werden aktuell ausgewertet und mit den Steuererklärungen der Anleger abgeglichen. Sollten diese Gewinne aus Geschäften mit Kryptowährungen in der Vergangenheit nicht versteuert haben, drohen Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Kryptoanleger, die in ihren Steuererklärungen bislang keine oder nur unzureichende Angaben dazu getätigt haben, sollten überprüfen (lassen), ob sie steuerpflichtige Einkünfte erzielt haben und, falls ja, eine Offenlegung gegenüber dem Finanzamt in Betracht ziehen. Denn das Auskunftsersuchen aus Nordrhein-Westfalen dürfte nur der Auftakt einer Reihe ähnlicher Ersuchen an andere Plattformbetreiber sein. Insgesamt ist klar zu erkennen, dass die deutschen Finanz- und Ermittlungsbehörden verstärkt gegen steuerunehrliche Kryptoinvestoren vorgehen.

Aussitzen nicht angeraten

Da die strafrechtliche Verfolgungsverjährung bei einer Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall inzwischen 15 Jahre beträgt, ist schlichtes Aussitzen kein guter Ratschlag. Die aktuelle Situation kann mit derjenigen in den 2000er-Jahren verglichen werden, als deutsche Finanzbehörden mit Ankäufen von Steuer-CDs auf sich aufmerksam machten. Damals hat das eine regelrechte Selbstanzeigewelle ausgelöst. Nach unserer Einschätzung steht eine solche auch jetzt bevor oder hat bereits begonnen.

Ein Stück weit kann zunächst jedoch Entwarnung gegeben werden: Längst nicht jeder, der Vermögen in Kryptowährungen investiert hat, hat überhaupt steuerpflichtige Gewinne erzielt. Besonders langfristige Anleger müssen sich keine Sorgen machen. Denn bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr ist ein Veräußerungsgewinn in der Regel steuerfrei.

Einige Fallstricke

Als Kehrseite drohen insbesondere bei umfassenderen Kapitalanlageaktivitäten sensible steuerliche Fallstricke. So können auch steuerpflichtige Einkünfte entstanden sein, wenn aus wirtschaftlicher Sicht gar kein Gewinn erzielt wurde. Zum einen ist für die Frage, ob der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung erfüllt wurde, jedes Jahr einzeln zu betrachten. Zum anderen können nicht alle Verluste steuerlich im vollen Umfang geltend gemacht werden. Eine überschlägige Gewinnschätzung wird den komplexen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften oftmals nicht gerecht. Stellt sich später im Rahmen einer Detailermittlung heraus, dass doch in einem Jahr ein steuerpflichtiger Gewinn erzielt wurde, kann dies zu unliebsamen Konsequenzen führen, die neben Steuernachzahlungen auch strafrechtliche Folgen bis hin zu einer Verurteilung bedeuten können.

Eine Pflicht zur Selbstanzeige besteht grundsätzlich nicht. Sie ist jedoch in vielen Fällen sinnvoll, da mit einer wirksamen Selbstanzeige ein Anspruch auf Straffreiheit einhergeht. Dies ist eine Besonderheit, die es nur im Steuerstrafrecht gibt. Die Selbstanzeige muss dazu vollständig sein, was bedeutet, dass sämtliche weiteren bislang nicht deklarierten Einkünfte, auch aus anderen Quellen, aufzunehmen sind. Weiter dürfen keine Sperrgründe vorliegen. Insbesondere darf die Tat nicht bereits entdeckt sein. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Steuern vollständig beglichen werden und zwar einschließlich Zinsen und eines etwaigen Strafzuschlags.

Freilich kommt der durch eine Selbstanzeige vermittelten Straffreiheit nur dann eine Bedeutung zu, wenn zunächst eine strafbewährte Steuerhinterziehung begangen wurde. Dazu gehört neben dem Verschweigen von steuerpflichtigen Einkünften auch ein Vorsatz des Steuerpflichtigen. In vielen Fällen wird der Steuerpflichtige aber unvorsätzlich gehandelt haben, also schon gar nicht den Straftatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht haben. Gleichwohl kann eine – vorsorgliche – Offenlegung auch in solchen Fällen vorteilhaft sein.

Pflicht zur Berichtigung

Gerade bei (ursprünglich) unvorsätzlichem Verhalten besteht regelmäßig eine Pflicht zur Berichtigung von Steuererklärungen, sobald erkannt wird, dass sie unrichtig oder unvollständig abgegeben wurde (§ 153 Abgabenordnung). Der Steuerpflichtige ist dann verpflichtet, dies unverzüglich gegenüber der Finanzbehörde anzuzeigen und die erforderlichen Berichtigungen vorzunehmen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, besteht ein Strafbarkeitsrisiko. Das Unterlassen der Anzeigepflicht kann nämlich ebenfalls eine Steuerhinterziehung (durch Unterlassen) begründen. Selbst in Fällen, in denen bereits ein Strafverfahren eingeleitet wurde, kann eine Selbstanzeige sinnvoll sein. Denn auch die nicht mehr ganz freiwillige Rückkehr zur Steuerehrlichkeit wird honoriert, etwa in Form eines geringeren Strafmaßes oder indem ein Verfahren noch gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden kann. Die aktuelle Initiative der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung ist jedenfalls Ausdruck eines verschärften Vorgehens der Finanzbehörden gegen steuerunehrliche Kryptoanleger. Mit weiteren Ermittlungsmaßnahmen ist zu rechnen. Bei bestehenden Zweifeln an der sachgemäßen Deklaration von Einkünften im Zusammenhang mit Kryptowährungen sind Steuerpflichtige gut beraten, kurzfristig professionellen Rat einzuholen.

*) Dr. Andreas Höpfner ist Rechtsanwalt und Assoziierter Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Klaus Himmer ist Steuer­berater in der Kanzlei.

Dr. Andreas Höpfner ist Rechtsanwalt und Assoziierter Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Klaus Himmer ist Steuerberater in der Kanzlei.