Gastbeitrag

Verantwortung beginnt vor der Krise: das StaRUG als Management-Tool

Das StaRUG ermöglicht es Managern, Sanierungsmaßnahmen früh und rechtssicher einzuleiten. Für einen erfolgreichen Einsatz ist jedoch der Zeitpunkt entscheidend. Werden Warnsignale falsch eingeordnet, kommen notwendige Schritte zu spät.

Verantwortung beginnt vor der Krise: das StaRUG als Management-Tool

Strategische Handlungsnotwendigkeiten beginnen für das Management nicht mit der Krise, sondern deutlich davor. Genau darauf zielt das StaRUG (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) ab: Ein gesetzlicher Rahmen, der Unternehmen bei drohender Zahlungsunfähigkeit eine Restrukturierung erlaubt, ohne Insolvenz anmelden zu müssen. In der Theorie ein Paradigmenwechsel, in der Praxis oft eine verpasste Chance. Denn regelmäßig unterschätzen Geschäftsleiter, wie früh ihre Verantwortung beginnt und wie schnell sich ihre persönliche Haftung ergeben kann.

Verantwortung beginnt vor der Krise:
das StaRUG als Management-Tool

Wie Geschäftsleiter Unternehmen stabilisieren und persönliche Haftungsrisiken minimieren

*) Dr. Alexandra Schluck-Amend ist Partnerin und Dr. Jana Julia Hübler ist Senior Associate bei CMS

StaRUG als strategischer Rahmen

Seit 2021 ist das StaRUG in Kraft. Die Erwartungen waren groß: mehr Vertraulichkeit, höhere Steuerbarkeit, bessere Vergleichbarkeit mit internationalen Restrukturierungsmodellen.

Inzwischen hat sich das Instrument etabliert, aber es zeigt sich auch, wo es an seine Grenzen stößt. Nicht juristisch, sondern organisatorisch.

Denn der Erfolg eines StaRUG-Verfahrens hängt maßgeblich von der Haltung und Handlungsfähigkeit der Geschäftsleitung ab. Wer zu lange zögert, verliert nicht nur Zeit, sondern auch persönlichen Schutz.

StaRUG in praktischer Anwendung

Ein häufiges Missverständnis in der Praxis besteht darin, das StaRUG lediglich als Sanierungsoption zu begreifen. Das StaRUG markiert einen Pflichtenrahmen. Gerät ein Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage, ist es nicht mehr dem Ermessen der Geschäftsleitung überlassen, ob ein Restrukturierungsverfahren in Betracht gezogen wird. Spätestens mit dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit entsteht eine klare rechtliche Verpflichtung – nicht zur theoretischen Analyse, sondern zum entschlossenen Handeln.

In der Praxis kommt es vor, dass Warnsignale zwar wahrgenommen, aber nicht richtig eingeordnet werden. Begriffsunsicherheiten, Angst vor Imageschäden oder die Hoffnung auf kurzfristige Erholung führen dazu, dass notwendige Schritte unterbleiben.

Wird erst gehandelt, wenn Liquiditätslücken offenkundig sind oder Gläubiger aktiv werden, ist ein StaRUG-Verfahren häufig nicht mehr möglich. Dann bleibt nur der Weg in die Insolvenz, verbunden mit einem Kontrollverlust und erheblich verschärften Haftungsgefahren für die handelnden Organe.

Persönliche Haftung

Die persönliche Haftung beginnt für das Management nicht erst mit der Insolvenzreife. Sie kann schon mit unterlassener Risikofrüherkennung oder einem verspäteten Krisenmanagement einsetzen. Wer als Geschäftsleiter die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht erkennt oder ignoriert, verstößt gegen die gesetzlichen Überwachungspflichten. Haftungsansprüche von Gläubigern oder dem Unternehmen selbst sind dann keine theoretische Möglichkeit, sondern eine reale Bedrohung.

In der Praxis sind es dabei weniger spektakuläre Pflichtverletzungen als vielmehr scheinbare Nebensächlichkeiten, die später zur Fallgrube werden. Gerade, weil zentrale Entscheidungen im Sanierungsprozess nicht oder nur unzureichend dokumentiert werden. In einem gerichtlichen Verfahren fehlt dann die Nachvollziehbarkeit.

Genau die Dokumentation ist ein vermeidbares Risiko mit großen Folgen. Auch mangelhafte Abstimmungen mit Gesellschaftern, Gläubigern oder Aufsichtsgremien können im Nachhinein als haftungsrelevant gewertet werden. Dabei verlangt das StaRUG nicht Perfektion, sondern proaktives Management. Wer sich rechtzeitig beraten lässt, Maßnahmen sauber dokumentiert und Stakeholder frühzeitig einbindet, schafft nicht nur Vertrauen, sondern auch haftungsrechtliche Sicherheit.

StaRUG als Management-Tool

Für das Management bedeutet das: Es reicht nicht, das StaRUG zu kennen, es muss als integraler Bestandteil der Unternehmensführung verstanden und vorbereitet werden. Das gelingt nur, wenn Frühwarnsysteme nicht als reine Compliance-Maßnahme betrieben werden, sondern echte Steuerungsinformationen liefern. Eine vorausschauende Liquiditätsplanung, die strategische Überprüfung von Finanzierungskonzepten und die ständige Kommunikation mit zentralen Stakeholdern sind essenziell.

Noch ist diese Haltung nicht überall gelebte Praxis. Die Erkenntnis, dass Restrukturierung ein legitimes Führungsinstrument ist, wächst, aber oft überwiegt noch ängstliche Zurückhaltung.

Dass das StaRUG in der Praxis funktioniert, steht fest. Entscheidend ist der Zeitpunkt seines Einsatzes. Wer auf nachhaltige Sanierung und unternehmerische Transformation setzt, braucht Mut zur Klarheit und die Bereitschaft, Führung vor der Krise zu übernehmen.

Das StaRUG bietet dafür die nötige Struktur. Doch seine Wirkung entfaltet sich nur, wenn Geschäftsleiter nicht zögern, sondern handeln. Nicht, weil sie müssen, sondern weil sie verstanden haben, wie sie es im Sinne des Unternehmens nutzen können.

Von Alexandra Schluck-Amend und Jana Julia Hübler *)