GastbeitragGreen Bonds

Wie der Omnibus die europäische grüne Anleihe anschieben kann

Das Omnibus-Paket der EU-Kommission sieht nicht nur eine Entschlackung der CSRD- und CSDDD-Berichtspflichten, sondern auch erleichterte Taxonomieanforderungen vor. Hierin liegt ein erhebliches Potential für die Refinanzierung durch grüne Anleihen nach dem EU Green Bond Standard.

Wie der Omnibus die europäische grüne Anleihe anschieben kann

Omnibus-Paket schiebt
die europäische grüne Anleihe an

Vereinfachte Taxonomieanforderungen stärken Refinanzierung durch Green Bonds

Von Lars Röh *)

Seit ihrer Einführung im Jahr 2021 gilt die Taxonomieverordnung vielen als hyper-komplex und zu anspruchsvoll. Das liegt vor allem daran, dass eine Wirtschaftstätigkeit nicht bereits dann als taxonomiekonform einzustufen ist, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu einem Umweltziel leistet und die technischen Evaluierungskriterien erfüllt. Vielmehr muss auch nachgewiesen werden, dass die Tätigkeit dem Do-no-significant-harm-Prinzip (DNSH) sowie dem sozialen Mindestschutz genügt.

Hieran scheitern viele Unternehmen – und dies selbst dann, wenn sie im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind und ihre Geschäftstätigkeit damit per se als wesentlicher Beitrag zum Umweltziel des Klimaschutzes angesehen wird. Insbesondere die Anforderungen, die sich aus dem berüchtigten „Anhang C“ für die Vermeidung von Umweltverschmutzung ergeben, werden als hohe Hürde angesehen. Ähnliches gilt für das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder die Vorgaben für die Kreislaufwirtschaft.

Unerreichbarer Goldstandard

Anspruchsvoll ist deshalb auch die Lage der kreditgebenden Banken, wenn sie sich über eine grüne Anleihe nach dem Anfang 2025 in Kraft getretenen EU Green Bond Standard (EU GBS) refinanzieren wollen. Denn Erlöse aus diesen Anleihen müssen zu mindestens 85% für die Finanzierung taxonomiekonformer Wirtschaftstätigkeiten verwendet werden. Ohne Taxonomiekonformität also kein EU Green Bond.

Herausforderungen bestehen zudem bei sozialen Mindeststandards. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich zum Beispiel mit klimaneutraler Energiegewinnung befassen, haben selten einen Due Diligence Prozess für ihre Lieferkette implementiert, der den Anforderungen des Art. 18 Taxonomieverordnung genügt. Um ihn aufzusetzen, bedarf es erheblicher Anstrengungen und Kosten. Das wirkt abschreckend. Die Folge ist, dass die Wirtschaftstätigkeit dieser Unternehmen trotz Klimaneutralität nicht als taxonomiekonform angesehen werden kann. Der Weg einer Finanzierung über einen EU-Green Bond ist damit versperrt – sowohl für das Unternehmen selbst als auch für seine Bank.   Kein Wunder also, dass der EU-GBS gilt als (nahezu) unerreichbarer „Goldstandard“ gilt. Bislang gab es europaweit erst zwei EU-GBS-konforme Anleiheemissionen.

Reformvorschläge als Türöffner

Mit einem erleichterten Nachweis von Do-no-significant-harm-Prinzip und Mindestschutz würde sich die Produktpipeline für europäische grüne Anleihen deutlich erweitern. Insbesondere Kreditfinanzierungen von nicht-berichtspflichtigen Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien, Climate-Tech-Start-ups, aber auch von „grünen“ Immobilienunternehmen bis hin zu Privatkrediten für klimaneutrale E-Autos könnten dann über Anleihen nach dem EU-GBS refinanziert werden – mit einem positiven „Greening“-Faktor für Banken und Kreditnehmer.

Vor diesem Hintergrund lohnt ein Blick auf die Vorschläge, die Anfang Februar die Platform on Sustainable Finance (PoSF) der EU-Kommission für eine Vereinfachung der Taxonomieverordnung unterbreitet hat. Vor allem das DNSH-Gebot soll demnach deutlich verschlankt werden. Ergänzend hierzu hat die PoSF am 21. März einen KMU-Standard für nachhaltige Finanzierung vorgeschlagen.

Erleichterungen für KMU

Profitieren könnten hiervon insbesondere KMU. Sie sollen den DNSH- und den Mindestschutz-Test bereits dann bestehen, wenn sie sich an geltende Gesetze halten, keine für Paris-aligned-Indizes ausgeschlossene Tätigkeiten erbringen und die erleichterten VSME-Kriterien für die Einhaltung von Sozialstandards erfüllen. Diese Anforderungen dürfte für viele KMU eher leicht zu bewältigen sein. Das Tor zur Taxonomiekonformität und damit der Zugang zum Finanzierungsweg „EU Green Bond“ stünde ihnen damit offen.

Transmission über Omnibus

Für Kreditinstitute sieht der PoSF-Report weitere Erleichterungen vor. DNSH- und MS-Nachweise für klimaneutrale Autokredite (z.B. für die Anschaffung von E-Autos) sollen nicht die Kreditnehmer, sondern die Autohersteller über eine zentrale Erklärung erbringen können. Und die Taxonomiekonformität von privaten Immobilienkrediten soll vereinfacht über Energieausweise (EPCs) nachgewiesen werden können. So ließe sich das für eine Refinanzierung über EU-Green Bonds verfügbare Kreditvolumen von Kreditinstituten deutlich erhöhen. Die Vorschläge der PoSF sind geeignet, den Markt für grüne Kredite und grüne Anleihen nach Maßgabe des EU-Green Bond Standards anzukurbeln. Insoweit könnte sich praxisnah erweisen, dass eine maßvolle Deregulierung eine Marktbelebung und damit einen positiven Effekt auf die „grüne“ Transformation bewirken kann.

Ob es so weit kommt, hängt jetzt davon ab, wie weit der europäische Gesetzgeber das von der EU-Kommission vorgelegte Omnibus I-Paket hierfür nutzen wird. Einige Vorschläge sind bereits teilweise im Kommissionsvorschlag reflektiert, so z.B. die Vereinfachung von „Anhang C“, andere hingegen (noch) nicht.

Konsultation der Kommission

Die Marktteilnehmer hatten bis 26. März 2025 Gelegenheit, sich an einem Call for Evidence der Kommission zur Taxonomie-Reform zu beteiligen. Es ist zu erwarten, dass es im Markt breite Rückendeckung für eine Umsetzung der PosF-Vorschläge geben wird. Im Sinne einer Transformation der europäischen Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit wäre dies allemal.

*) Dr. Lars Röh ist Partner der Kanzlei Lindenpartners in Berlin.

Dr. Lars Röh ist Partner der Kanzlei Lindenpartners in Berlin.