Konjunktur

Rezessions­signale aus allen Richtungen

Die Weltwirtschaft schwächelt, die Rezessionssignale verdichten sich und reihenweise werden die Wachstumsprognosen gekappt. Kommende Woche werden die Bundesregierung und der IWF ebenfalls diesen Schritt gehen.

Rezessions­signale aus allen Richtungen

ba/ms Frankfurt

Die Warnzeichen verdichten sich, dass nicht nur die Wirtschaft im Euroraum und vor allem in Deutschland in die Rezession rutscht, sondern dass es auch für die Weltwirtschaft nicht viel besser aussieht. Insbesondere die hartnäckig hohe Inflation, die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise, die anhaltenden Coronasorgen und der Materialmangel – die Liste an Störfaktoren ist lang. Derzeit werden reihenweise die Wachstumsprognosen gekappt, die Voraussagen für die Inflation aber erhöht. So warnt etwa IWF-Chefin Kristalina Georgiewa bei ihrer traditionellen Curtain Raiser Speech vor IWF-Jahrestagungen vor einer globalen Rezession: „Die Risiken steigen.“

Gleichwohl plädiert sie wegen der hohen Inflation für weitere Zinserhöhungen der Zentralbanken und mahnt auch die Fiskalpolitik wegen der ohnehin hohen Verschuldung vielerorts zur Vorsicht. Dies ist bemerkenswert, denn in früheren Krisen hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) oft zu sehr expansiven Politiken aufgefordert. Georgiewa hatte bereits signalisiert, dass die Wachstumsprognosen für 2023 im World Economic Outlook (WEO), der am Dienstag vorgelegt wird, erneut nach unten geschraubt werden dürften.

Auch die Bundesregierung wird in ihrer Herbstprojektion, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am kommenden Mittwoch präsentiert, die Wachstumsprognosen für die hiesige Wirtschaft kräftig stutzen. So soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr noch um 1,4% wachsen – und im kommenden Jahr um 0,4% schrumpfen. In der vorherigen Prognose vom April stand noch ein Plus von 2,2% für 2022 und von 2,5% für 2023.

Zudem dürfte die Inflation hoch bleiben. Hier erwartet die Bundesregierung eine Jahresrate von 7,9 % bzw. 8,0 %, wie Reuters unter Berufung auf Insider be­richtet. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des ge­planten Abwehrschirms über 200 Mrd. Euro gegen hohe Ener­giekosten und Inflation seien in der Projektion dabei noch nicht berücksichtigt.

Ein ähnliches Bild zeigt auch das Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung: Wachstumsprognosen für 2023 runter und dafür die Inflationsprognosen erhöht. Insbesondere der deutschen Konjunktur wird weniger zugetraut, die Voraussagen für den Euroraum wurden kaum angetastet. Dass die hiesige Wirtschaft besonders in Mitleidenschaft gezogen werden dürfte, liegt neben der starken Exportorientierung auch an der sinkenden Inlandsnachfrage. Dies zeigt sich in den August-Zahlen zum Auftragseingang in der Industrie mit insgesamt 2,4% weniger Neubestellungen als im Juli. Besonders schwach war die Nachfrage im Inland, aber auch in den Ländern des gemeinsamen Währungsraums. „Die Industriekonjunktur zeigt vor dem Hintergrund des Kriegs und der hohen Gaspreise deutliche Bremsspuren“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium und machte wenig Hoffnung für die Entwicklung der kommenden Monate: „Der gedämpfte Ausblick für den restlichen Jahresverlauf spiegelt sich auch in einem abgekühlten Geschäftsklima und zurückhaltenden Ex­porterwartungen wider.“

Ökonomen relativierten die schwachen Daten mit der kräftigen Aufwärtsrevision des Juli-Ergebnisses. Zumal derzeit die Auftragseingänge nur eine geringe Auswirkung auf die Produktion haben: Materialverfügbarkeit und die Entwicklung der Energiepreise sind hier entscheidend.

Zumindest bei der Ware, die per Schiff eintrifft, liefert der Kiel Trade Indicator ein Entspannungssignal. Die Schiffstaus in der deutschen Bucht lösen sich etwas, wenn auch die Staus in der Nordsee nach wie vor am gravierendsten sind, heißt es beim IfW Kiel. Eine weitere Erkenntnis: Russland kommt voran in seinem Bestreben, den ausbleibenden Handel mit der EU durch Handel mit Asien zu substituieren.

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