Sachwerte-Investments

Sachwerte-Anlagen in der Bredouille

Während offene Investmentfonds 2020 vergleichsweise gut durch die Krise gekommen sind, ist das Geschäft mit geschlossenen Anlageprodukten eingebrochen. Der Absatz von Vermögensanlagen, Crowd­investments und geschlossenen Fonds ist in der Summe um...

Sachwerte-Anlagen in der Bredouille

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Während offene Investmentfonds 2020 vergleichsweise gut durch die Krise gekommen sind, ist das Geschäft mit geschlossenen Anlageprodukten eingebrochen. Der Absatz von Vermögensanlagen, Crowd­investments und geschlossenen Fonds ist in der Summe um fast ein Viertel gesunken. Besonders stark betroffen waren die klassischen Vermögensanlagen, die wie die Crowdinvestments dem Grauen Kapitalmarkt zuzurechnen sind. Bei den von der BaFin beaufsichtigten geschlossenen Publikumsfonds reduzierte sich das eingesammelte Geld um knapp 16% auf 1,22 Mrd. Euro. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Marktstudie, die der Informationsdienst Investmentcheck jährlich veröffentlicht.

Gegen den Trend entwickelten sich Crowdinvestments positiv. Diese kleinteiligen und über das Internet vertriebenen Anlagen sind privilegiert, weil sie keinen Prospekt erstellen müssen. Crowdinvestments legten 2020 um rund 4% zu und schafften mit 367 Mill. Euro einen Absatzrekord. Sie konnten damit erstmals mehr platzieren als Vermögensanlagen.

Als Ursache für die Rückgänge bei geschlossenen Fonds und Vermögensanlagen wird von den Analysten die Coronakrise genannt. „Geschlossene Fonds werden wie früher immer noch im individuellen Beratungsgespräch verkauft. Solche waren aber durch Corona erschwert“, sagt Stefan Loipfinger von Investmentcheck. Die Ratingagentur Scope verweist darauf, dass viele Anbieter sich mit neuen Produkten zurückgehalten haben. Zu bedenken sei, dass es sich bei diesen Produkten meist um langfristige Anlagen handele, bei denen sich Anleger derzeit schwertun, meinen die Analysten von Scope.

Immobilien weiter vorn

Der starke Fokus auf Immobilien könnte für die Branche weitere Probleme machen. Einzelne Nutzungsarten werden es in den kommenden Jahren aus Sicht von Scope schwer haben. „Besonders im Segment der Business- sowie Messe- und Kongresshotels wird eine Erholung nicht vor 2024 erwartet. Auch Büroimmobilien werden zum Teil kritisch diskutiert“, schreibt Scope. Damit breche ein beliebtes Segment weg.

Der Absatzrückgang hat an der Aufteilung des Marktes von geschlossenen Fonds nichts geändert. Marktführer bleibt die auf US-Immobilien fokussierte Gesellschaft Jamestown mit einem Volumen von 170 Mill. Euro. Bemerkenswert dabei ist, dass Jamestown das Geld fast ausschließlich im Januar eingesammelt hat, während andere über das ganze Jahr ihre Fonds platzierten. „Dass die platzierungsstärksten Anbieter trotz der Coronakrise dennoch den Absatz ihrer geschlossenen Publikumsfonds stabil halten konnten, unterstreicht die Nachfrage nach Sachwertinvestments“, relativiert Scope die rückläufigen Platzierungszahlen.

Verglichen mit den Fonds mussten die Vermögensanlagen im vergangenen Jahr einen herben Rückschlag hinnehmen. Im Segment dieser weniger regulierten Produkte, bei denen es keine BaFin-Aufsicht gibt, leidet der Markt immer noch unter der Insolvenz des Containeranbieters P&R sowie anderen Anlageskandalen. Container sind mittlerweile fast ganz aus dem Angebot verschwunden – wurden aber durch keine Alternative ersetzt. In Zahlen ausgedrückt sammelten die Vermögensanlagen mit Verkaufsprospekt 2020 gut 50% weniger ein als 2019 und konnten nur noch 345 Mill. Euro platzieren. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Neben dem Wegfall des Containergeschäfts und der generellen Skepsis gegenüber diesen Graumarktprodukten kommen Vermögensanlagen von anderer Seite unter Druck. „Der Entwurf des Gesetzes zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes wird mit seinem vorgesehenen Verbot von Blind Pools noch weitere Produkte vom Markt verdrängen“, sagt Loipfinger mit Blick auf eine verbreitete Variante, erst das Geld einzusammeln und dann zu investieren.

Schon jetzt sind einst führende Anbieter vom Markt verschwunden. Nummer 1 war 2019 Thomas Lloyd. Doch 2020 legte das Haus eine Vollbremsung hin, da es keine von der BaFin gestattete Vermögensanlage auf den Markt brachte. Von den platzierungsstärksten zwölf Anbietern der vergangenen Jahre haben mehr als die Hälfte 2020 mit Vermögensanlagen keinen Umsatz mehr verbucht.

Zu einem ernst zu nehmenden Produkt haben sich die Schwarmfinanzierungen entwickelt. Crowd­invest­ments sind gemäß der Rechtsform Vermögensanlagen, die aber das Privileg genießen, nur ein Infoblatt erstellen zu müssen. Sie werden über Internetplattformen vermittelt und erleben weiterhin Zulauf. Dominierende Anlageobjekte bei Crowd­investments sind wie bei geschlossenen Fonds und normalen Vermögensanlagen ebenfalls Immobilien mit einem Anteil von knapp 80%, gefolgt von Private-Equity-Offerten. Marktführer bei Crowdanlagen ist die Exporo-Zinsland-Gruppe mit einem Volumen von 60,1 Mill. Euro, verteilt auf 40 verschiedenen Fundings.

Die Anbieter von Schwarmfinanzierungen nutzen nach Beobachtung von Analyst Loipfinger zunehmend eine weitere Ausnahmeregelung gemäß Paragraf 3 des Wertpapierprospektgesetzes, um Geld für Crowd­fundings über Wertpapiere anstelle von Vermögensanlagen einzusammeln. „Auch die Blockchain als technische Basis wird verstärkt genutzt, um tokenbasierte Schuldverschreibungen aufzulegen. Das hebelt das Vermögensanlagengesetz als gesetzliche Grundlage zunehmend aus“, so Loipfinger. Das Absatzergebnis der Schwarmfinanzierungen 2020 zeigt, dass flexible, rechtlich privilegierte Anlageformen im weniger regulierten Markt beim Privatinvestor gute Chancen haben.

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