PORTFOLIO - GASTBEITRAG

Alternative Investments als neue Anlageklasse

Börsen-Zeitung, 2.11.2013 Auf institutionellen Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen lastet ein enormer Druck, adäquate Renditequellen zu erschließen. Alternative Anlageklassen rücken daher vermehrt in den Fokus, und es stellt sich die...

Alternative Investments als neue Anlageklasse

Auf institutionellen Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen lastet ein enormer Druck, adäquate Renditequellen zu erschließen. Alternative Anlageklassen rücken daher vermehrt in den Fokus, und es stellt sich die Frage: Wie sieht eine effiziente Berücksichtigung von illiquiden Anlageklassen in einer strategischen Asset-Allokation aus?Immobilien, Rohstoffe, Hedgefonds oder Private Equity grenzen sich durch eigenständige Merkmale wie Risikoprämien und verschiedene Grade der Illiquidität von den traditionellen Asset-Klassen wie Aktien oder Renten ab. Grundsätzlich sprechen drei Gründe dafür, alternative Anlageklassen in der Portfolioallokation zu berücksichtigen.1. Das hohe Ertragspotenzial: Der strategisch wichtigste Einflussfaktor ist die langfristige Illiquidität bei vielen alternativen Investments. Sie liefert nicht nur die Prämie, die Anleger erzielen wollen, häufig lässt sich auch in den jeweiligen ineffizienten Märkten Alpha generieren.2. Die Korrelation: Alternative Investments sind in der Regel wenig bis gar nicht mit traditionellen Anlageklassen korreliert, was zu positiven Diversifikationseffekten und somit einem geringeren Gesamtrisiko des Portfolios führt.3. Die Größe: Das Marktvolumen alternativer Anlagen ist größer als das traditioneller. Allein der Immobilienmarkt entwickelter Länder wie Vereinigte Staaten oder Deutschland übersteigt die Größe des jeweiligen Aktienmarktes deutlich. Einflussfaktor LiquiditätIm Rahmen einer Asset-Allokationsberechnung ist die Liquidität der unterschiedlichen Anlageklassen ein strategisch wichtiger Einflussfaktor. Liquide Anlageklassen sind durch eine hohe Markttiefe und Marktbreite gekennzeichnet, das heißt, diese Positionen können jederzeit ohne einen negativen Preiseffekt gehandelt werden. Im Gegensatz zu liquiden Anlageklassen verlangen Investoren für das Investieren in illiquiden Anlageklassen eine Risikoprämie. Haltedauer wichtigDie Höhe der Risikoprämie ergibt sich aus der Ineffizienz des Marktes für die jeweilige Anlageklasse. Während Rohstoffe und Reits gut handelbar sind, gelten High-Yield-Bonds oder etwa Hedgefonds als semiliquide und Private Equity und Immobilien als nahezu illiquide. Ausschlaggebend für die Höhe der Prämie bei illiquiden Anlageklassen ist zudem die Haltedauer. Zahlenreihen belegen, dass die Prämie für eine Haltedauer von einem Jahr etwa bei 0,7 % liegt, für zwei Jahre bei 2 % und für zehn Jahre durchschnittlich bei bis zu 6 %. Diese Berechnungen existieren zwar für Immobilien, globale Infrastruktur oder Reits, jedoch nicht für Private Equity oder Venture Capital.Fakt ist aber: Bei Investoren mit einem längeren Zeithorizont beinhalten optimale Allokationen einen höheren Anteil alternativer Anlageklassen. Kurzfristige Haltedauern für illiquide Anlageklassen sind nicht effizient. Das Kaufen und Verkaufen der illiquiden Assets verringert die Illiquiditätsprämie oder führt sogar zu negativen Renditen durch die Ineffizienz des Marktzugangs.In der Praxis lässt sich eine Allokation mit illiquiden Anlageklassen in drei wesentliche Schritte unterteilen. Als Erstes ist das Risiko festzulegen, das der Kunde bereit ist einzugehen. An zweiter Stelle muss der Liquiditätsbedarf des Investors definiert werden. Die Höhe der Liquidität, die durch ein Portfolio ohne negative Preiseffekte generiert werden kann, berechnet sich durch die Liquiditätskennziffer. Dritter Schritt ist der Allokationsprozess für die in das Portfolio aufgenommenen illiquiden Anlageklassen.Zentraler Punkt ist die Berechnung der Liquiditätskennziffer eines Portfolios. Sie beschreibt die prozentuale Generierung von Liquidität ohne große Preisverluste, wenn kein negativer Market Impact vorliegt. Sie berechnet sich aus der Marktweite – der Geld-Brief-Spanne – und zeigt die Kosten eines sofortigen Geschäftsabschlusses. Die Markttiefe gibt an, welche Volumina ohne weitere Marktbeeinflussung handelbar sind. Liegt die Liquiditätskennziffer für ein Portfolio bei 60 %, heißt das, dass 60 % des Portfolios mit nur geringen Abschlägen kurzfristig liquidiert werden können. Bei 40 % des Portfolios sind kurzfristige Verkäufe der bestehenden Positionen mit einem starken negativen Effekt auf die effektive Rendite verbunden. Ansätze diversifizierenAufgrund der ungenügenden Datenqualität bei illiquiden Anlageklassen ist bei der strategischen Asset-Allokation in Bezug auf alternative Anlagen eine Gleichgewichtung zu berücksichtigen, d.h. direkt über verschiedene Ansätze, Strategien und Klassen zu diversifizieren. Abweichungen von der Gleichgewichtung sind bei sehr unterschiedlichen Risikoeigenschaften der Anlageklassen wiederum zu empfehlen. Relativ schwierig gestaltet es sich allerdings – aufgrund der erwähnten lückenhaften Datenlage -, einen Optimierungsansatz wie bei liquiden Portfolios anzusetzen oder die Positionen über dynamische Strategien und Derivate abzusichern; dadurch bestünde eine kurzfristig höhere Wahrscheinlichkeit von negativen Renditen für ein Gesamtportfolio. Negative PhasenTrotz dieses Mankos überkompensiert die positive Liquiditätsprämie bei einer längeren Haltedauer und führt zu einem besseren Rendite-Risiko-Verhältnis. Backtests unterschiedlicher Allokationen für die zurückliegenden zehn Jahre zeigen, dass der maximale Verlust eines Portfolios mit alternativen Anlageklassen mit 17 % leicht unter dem eines traditionellen Portfolios liegt. Eines muss Investoren aber klar sein: Mit alternativen Anlagen durchlaufen sie langfristig auch negative Phasen. Wichtigste Grundsatzfrage für Anleger bleibt daher, wie stark zwischen traditionellen, risikobehafteten Anlageklassen und illiquiden Anlageklassen alloziert werden soll – und dies kann nur der Investor selbst beantworten.Die Rendite-Risiko-Eigenschaften von Portfolios werden durch alternative Anlageklassen effizienter. Folglich sind wir in der strategischen Allokation langfristig positiv gegenüber illiquiden Anlageklassen eingestellt. Allerdings sind Optimierungsansätze, die für komplett illiquide Anlageklassen berechnet werden können, derzeit nur sehr begrenzt einsetzbar. Eine zusätzliche Herausforderung ist die noch fehlende Absicherung von Marktpreisrisiken bei illiquiden Anlageklassen.Deshalb steht die Prüfung der alternativen Ansätze ebenso wie die Bestimmung der Höhe des Investments anhand der notwendigen Liquidität eines Portfolios im Vordergrund. Die Kombination aus quantitativen und qualitativen Selektionskriterien ermöglicht die Generierung von Portfolios mit gut diversifizierten Risikoprämien und einer erhöhten Möglichkeit, Alpha-Prämien in den ineffizienten Märkten zu generieren.—-Dennis Hänsel, Strategie-Experte bei Deutsche Asset & Wealth Management