ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: GERALD NOLTSCH

BNP-Depotbank will noch mehr vom Kuchen

Chef des deutschen Marktführers hat die Commerzbank im Visier, sieht aber auch ohne Zukauf gute Wachstumschancen

BNP-Depotbank will noch mehr vom Kuchen

Ob die Übernahme der Commerzbank-Depotbank klappt oder nicht – der deutsche Marktführer BNP Paribas Securities Services sieht so oder so gute Chancen auf Wachstum. Dabei hilft auch das neue Kapitalanlagegesetzbuch. Besonders stark sind die Franzosen bei den Spezialfonds für Großinvestoren.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtDie französische Großbank BNP Paribas ist als größte Depotbank in Deutschland optimistisch, noch weitere Marktanteile an sich ziehen zu können. “Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sind im Verwahrgeschäft die Strukturen in Deutschland offener für ausländische Anbieter”, sagt Gerald Noltsch, Chef von BNP Paribas Securities Services in Deutschland und Mitglied des Deutschland-Board der französischen Großbank, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Sein Haus, das laut der offiziellen Depotbankstatistik Ende 2012 hierzulande 187,5 Mrd. Euro an Fondsdepots betreut, will nach Informationen der Börsen-Zeitung den sechstgrößten Verwahrer, die Commerzbank mit 92 Mrd. Euro, übernehmen (vgl. BZ vom 26. Juni).Unabhängig vom Erfolg dieses Vorhabens glaubt Noltsch fest daran, dass die Depotbank weiter wachsen kann. Seit Ende Dezember kamen 5 Mrd. Euro dazu, sodass die Depotbank nun insgesamt 192 Mrd. Euro betreut. Dies sei zum einen organisches Wachstum der bestehenden Kunden gewesen, zum anderen aber auch Neugeschäft. Insofern hofft Noltsch, auch künftig den Mitbewerbern Geschäfte abluchsen zu können und den Abstand zu vergrößern. Nummer 2 ist hierzulande State Street (177 Mrd. Euro, Ende 2012), gefolgt von BNY Mellon (132 Mrd., J.P. Morgan (109 Mrd.) und DZ Bank (95 Mrd.). Wachstum ist in dem maßgeblich von Skaleneffekten getriebenen Custody-Geschäft angesichts dünner Margen von zentraler Bedeutung.Ob BNP die Depotbank der Commerzbank tatsächlich übernehmen will, will Noltsch nicht kommentieren. Man schaue sich natürlich Opportunitäten an. Ein Zukauf müsse in das Portfolio und die Wachstumsstrategie der BNP passen. Finanzkreisen zufolge könnte die Vertragsunterzeichnung zwischen BNP und der Commerzbank noch im laufenden Monat erfolgen. 75 % der Commerzbank-Depotbankbestände stammen von der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors. Diese Assets könnten durchaus in das Portfolio der BNP passen. Deren Custody in Deutschland teilt sich folgendermaßen auf: 45 % der 150 Kunden stammen aus dem Bereich Altersvorsorge (60 Mrd. Euro allein von der Bayerischen Versorgungskammer), 20 % bei Banken, 15 % bei Versicherungen und jeweils 10 % bei Unternehmen sowie Staatsfonds bzw. Nationalbanken. Insgesamt hat BNP Paribas Securities Services in Deutschland 280 Mitarbeiter.Angesichts dieser Kundenstruktur sind es vor allem institutionelle Spezialfonds, um deren Verwahrung sich BNP kümmert. Der Anteil in diesem Segment beträgt ein Fünftel. Vom gesamten Fondsgeschäft hat BNP schon 16 % vereinnahmt. Auch die anderen großen Anbieter in Deutschland hatten in den vergangenen Jahren zugelegt, sodass die Top-5-Anbieter schon 60 % des Marktes unter sich aufgeteilt haben. Ähnlich wie in HollandDie Stärke der Global Custodians hierzulande sei ähnlich noch in Holland wiederzufinden, berichtet Noltsch. Auch dort seien die internationalen Big Player stark dominierend. Weltweiter Marktführer ist BNY, gefolgt von State Street, J.P. Morgan, Citigroup und BNP, die wiederum neben Deutschland auch in Europa Marktführer ist.Dabei ist es allerdings eine deutsche Besonderheit, dass es hierzulande Kapitalanlagegesellschaften (KAG) gibt, die im Prozess der Vermögensverwaltung eine wichtige Rolle spielen. “Dies sorgt für mehr Abstimmungsbedarf.” Auch gilt hierzulande der Wettbewerb als intensiv unter den rund 50 Depotbanken, zumal sie auch noch mit Fondsadministrationsdienstleistern, Master-KAG und Wertpapierverwahrern bei bestimmten Dienstleistungen um dieselben Kunden buhlen. Mit dieser spezifisch deutschen Wettbewerbsvielfalt kann Noltsch aber gut leben.Auf die künftig sich verschärfende Haftung der Depotbanken für die von ihnen verwalteten Assets durch die EU-Richtlinien AIFM und Ucits V – auch im Falle von Verlusten des Fondsvermögens bei von ihnen beauftragten Unterverwahrern – sieht Noltsch sein Haus gut vorbereitet. “Wir haben bereits Schritt für Schritt auf eigene Lagerstellen umgestellt, sodass wir bereits heute bis zu 90 % der Assets in unseren eigenen Niederlassungen haben”, berichtet der 51-Jährige, der seit 1998 für BNP arbeitet. Auf diese Weise will BNP das Kontrahenten- und operative Risiko weitestgehend minimieren, damit keine höhere Kapitalbelastung durch die sich verschärfende Haftung entsteht. 600 Mrd. Euro insgesamtBNP selbst ist an 25 Märkten vor Ort und hat in 102 Märkten Lagerstellen. Auch ist man für andere Verwahrer als lokaler Unterverwahrer tätig. Damit kommen die Franzosen in Deutschland auf insgesamt 600 Mrd. Euro under Custody. “Davon sind weniger als 20 % für das eigene Haus, der Rest für deutsche und ausländische Kunden”, hebt Noltsch hervor. Die eigene Präsenz will sein Haus, das per Ende 2012 weltweit 5,5 Bill. Euro an Assets under Custody hatte (s. Grafik), knapp 7 000 Fonds verwaltet und 7 900 Beschäftigte hat, auf 30 Märkte ausbauen.Wie die anderen Verwahrer hofft auch Noltsch durch das deutsche Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das hierzulande die EU-Richtlinie AIFM für alternative Fonds umsetzt, auf zusätzliches Geschäft bei geschlossenen und Private-Equity-Fonds. Diese sind durch das KAGB gezwungen, sich nun wie die Investmentfonds eine Depotbank suchen. 5 bis 10 Mrd. Euro jährlich an Neugeschäft werden von geschlossenen und Private-Equity-Fonds in Deutschland generiert – ein schöner Kuchen, um den sich die Depotbanken schon kabbeln. Dabei schielt BNP vor allem auf die Beteiligungsvehikel.Trotz der steigenden Kostenbelastung durch die zunehmende Regulierung zeigt sich Noltsch zuversichtlich, weiterhin einen positiven Ergebnisbeitrag für die französische Großbank auszuweisen. Konkrete Zahlen für das Deutschlandgeschäft werden nicht gezeigt. Neben Wachstum soll auch die Prozessoptimierung für einen stabilen Ergebnisbeitrag sorgen. Dünne Margen”Da die Margen im Depotbankengeschäft im Vergleich zu anderen Bankbereichen wegen großer Kostenblöcke für IT und Personal eher klein sind, ist unser zentraler Treiber die Wertschöpfung.” Weltweit weist BNP Paribas Securities Services eine Aufwand-Ertrags-Quote von 85 % aus. Das ist nicht gerade wenig, meldete doch der französische Wettbewerber Caceis – hierzulande Nummer 9 – zuletzt 68 %.