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Das Kleinwalsertal und seine großen Vermögen

Wie eine Raiffeisenbank anderthalbmal so viele reiche Privatkunden haben kann wie ihre Gemeinde an Einwohnern aufweist

Das Kleinwalsertal und seine großen Vermögen

Von Christina Rathmann, München Auf 1 100 bis 1 250 Höhenmetern will man gern noch höher hinaus. Im österreichischen Kleinwalsertal ist dies der Fall – zumindest bei der dortigen Raiffeisenbank. Diese ist eine der begehrtesten Destinationen für reiche deutsche Privatkunden, die ihr Vermögen im Ausland verwalten lassen wollen. 11 500 solcher Kunden betreut das Institut gemeinsam mit seiner Tochter Raiffeisen Bank (Liechtenstein), berichtet der Leiter des Private Banking, Roland Jauch, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Drei Viertel davon stammen aus Deutschland. 8 000 dieser Kunden werden vom Kleinwalsertal aus betreut – das sind mehr als anderthalb mal so viele Menschen, wie das Kleinwalsertal Einwohner hat. Seine hervorgehobene Stellung im internationalen Private Banking verdankt die Region dem Zollanschluss an Deutschland, der im Jahr 1891 erfolgte und den freien Transfer von Handelsgütern erlaubte. Als die deutsche Reichsregierung im Mai 1933 als Sanktion gegen Österreich die 1 000-Mark-Sperre verhängte, der gemäß jeder Deutsche vor der Reise in das Nachbarland 1 000 Mark zahlen musste, blieb das Kleinwalsertal von dem Verbot ausgenommen. Und seit dem Zweiten Weltkrieg galt die D-Mark für das Kleinwalsertal als Inlandswährung. Vor diesem Hintergrund konnte sich das Geschäft mit der privaten Vermögensverwaltung relativ ungestört von den politischen Ereignissen entwickeln.Die Summe von 2,5 Mrd. Euro verwalte die Raiffeisenbank Kleinwalsertal aktuell für vermögende Privatkunden, berichtet Jauch. Ende 2004 habe der Wert noch bei 2,3 Mrd. gelegen; bei der Liechtensteiner Tochter ist es noch einmal rund eine halbe Milliarde Euro. Im zu Ende gehenden Jahr habe sich die Zahl der Kunden um 15 % erhöht und damit stärker als im Jahr 2004, als sie um gut 10 % zugenommen habe. Das schnellere Wachstum in diesem Jahr führt Jauch auf zwei Ursachen zurück. Seit am 1. April in Deutschland das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit in Kraft getreten ist, wonach Finanzbehörden Einblick in Konten und Depots von Privatkunden deutscher Banken nehmen können, verzeichne die Raiffeisenbank verstärkt Anfragen von Inhabern vergleichsweise kleiner Vermögen. Da die Bank in Rankings für Vermögensverwaltungen mehrmals unter den Bestplatzierten landete, hätten aber außerdem mehr Besitzer sehr großer Vermögen vorgesprochen. Mindestanlage 50 000 EuroMindestens 50 000 Euro muss ein Anleger mitbringen, wenn er die Dienstleistungen der Raiffeisenbank Kleinwalsertal in Anspruch nehmen möchte. Für diesen Betrag bietet das Institut eine fondsgebundene Vermögensverwaltung an. Dazu werden unter anderem die zwölf hauseigenen Investmentfonds eingesetzt, die inzwischen 642 Mill. Euro Volumen haben. Ab 150 000 Euro bietet die Raiffeisenbank seit neuestem eine aus Zertifikatebausteinen zusammengesetzte Portfolioverwaltung an. Vermögen, die größer sind als 1 Mill. Euro, werden individuell verwaltet. Im Durchschnitt sind die Depots nach Jauchs Angaben etwa 250 000 Euro schwer. Welche Ziele die Bank in den nächsten Jahren anpeilt, will Jauch am liebsten nicht quantifizieren. Nur so viel: Das verwaltete Vermögen sollte Ende nächsten Jahres bei 2,7 Mrd. Euro liegen, in Liechtenstein sollen es weitere 0,6 Mrd. sein. Jedes Jahr eine InnovationDa der Wettbewerb in der Branche nach Beobachtung der Österreicher spürbar zugenommen hat, wollen sie mit Innovationen im Gespräch bleiben und weiter neue Kunden anziehen. “Ohne Innovationen wird man sich im Private Banking enorm schwer tun”, sagt Jauch. “Wir haben uns vorgenommen, in jedem Jahr eine Neuerung bei Beratung oder Produkten zu bringen.” Im Jahr 2005 war dies ein Publikumsfonds, der den Anlegern am Ende jedes Jahres die Rendite von Dax oder Rex versprach – je nachdem, welcher Index besser abschnitt. Dargestellt wird die Strategie dieses “Walser Portfolio German Select”, die zusammen mit dem deutschen Consultant Alpha Portfolio Advisors erstellt wurde, über Optionen. Die Innovation des kommenden Jahres soll das auf Zertifikaten aufbauende Vermögensmanagement sein. Auf Kundensuche in SpanienDie Raiffeisenbank Kleinwalsertal arbeitet nach eigenen Angaben mit einer Kosten-Ertrag-Quote von rund 50 % sehr profitabel. Rund 140 Mitarbeiter beschäftigt die Bank. Ihre deutschen Kunden stammen aus dem gesamten Bundesgebiet; Repräsentanzen in Deutschland selbst sind nicht geplant. Neue Kunden will die Raiffeisenbank Kleinwalsertal künftig auch in anderen Regionen finden als bisher, in Spanien etwa. Die Bank wolle für den “mobilen Europäer” da sein, sagt Private-Banking-Leiter Jauch. Viele ältere Vermögende verließen ihre Heimat und siedelten sich in Spanien oder Italien an und kauften dort oft eine Immobilie. Da zwischen Deutschland und Spanien kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehe, wirke sich dies langfristig auch stark auf die Erbschaftsregelung aus. Dabei könne die Raiffeisenbank Kleinwalsertal die Kunden beraten. Dass das Bild vom wohlhabenden, graumelierten Deutschen, der seinen Lebensabend in Spanien verbringt, ein pures Klischee sei, weist Jauch zurück. Wie er beobachtet hat, sind vor allem Kunden im Alter zwischen 55 und 70 Jahren auch tatsächlich bereit, ihrer Heimat den Rücken zu kehren und gen Süden zu ziehen – zumindest für eine bestimmte Zeit. “Im fortgeschrittenen Alter aber zieht es die Leute oft wieder zurück.”