INVESTMENTFONDS - IM INTERVIEW: SVEN KRAUSE, LBB INVEST

"Der Fokus liegt auf Quality Growth"

Fondsmanager ist für das erste Halbjahr 2013 zuversichtlich - Emerging-Markets-Exposure favorisiert

"Der Fokus liegt auf Quality Growth"

Der deutsche Aktienmarkt hat ein starkes Jahr hinter sich. Davon profitierten auch die Fonds, die in deutsche Aktien investieren. Im Interview der Börsen-Zeitung erklärt Sven Krause, Fondsmanager der LBB Invest, welche Strategie er mit dem besten Deutschland-Fonds, dem Deutschland-Invest, verfolgt.- Herr Krause, der von Ihnen betreute Deutschland-Invest war 2012 der beste Deutschland-Fonds. Was haben Sie anders gemacht als die Konkurrenz, sodass Sie sogar besser waren als beispielsweise der Dax?In der Tat liefen deutsche Aktien 2012 sehr gut. Mit einem Kurszuwachs von 37 % übertraf der von mir verwaltete Deutschland-Invest den Dax letztendlich nochmals um 800 Basispunkte. Mein Aktienteam bei der LBB Invest und ich selbst verfolgen bei dem Fonds einen All-Cap-Ansatz: Zur Diversifikation mischen wir liquide Nebenwerte aus den Indizes MDax, TecDax und SDax bei. Momentan beträgt dieser Anteil ca. 30 %. Anders als die Standardwerte gewichten wir die Nebenwerte im Portfolio weitestgehend gleich. Auf Branchenebene profitierten wir 2012 vom Übergewicht in den Sektoren Technologie und Nahrungsmittel sowie vom Untergewicht bei Versorgern, Banken und Telekomwerten. Auf der Ebene der Einzeltitel beflügelten die stärkere Gewichtung von exportstarken Unternehmen wie Bayer, BASF und SAP sowie das Untergewicht von Siemens die Performance. Darüber hinaus haben Nebenwerte wie MTU, KWS und Freenet das Jahresergebnis positiv beeinflusst.- Wodurch konnten Sie die Volatilität unter die des Dax drücken?Dies ist auf den Investmentstil zurückzuführen, den wir im Deutschland-Invest umsetzen. Der Investmentfokus liegt klar auf sogenannten Quality-Growth-Titeln. Hierunter verstehen wir qualitativ hochwertige Wachstumsunternehmen mit Preissetzungsmacht, finanzieller Stabilität, nachhaltiger Dividendenrendite und vor allem mit Emerging-Markets-Exposure. Nach unserer Überzeugung werden sich diese Gesellschaften auch zukünftig besser entwickeln als der Gesamtmarkt. Allerdings bleiben die Rahmenbedingungen an den Märkten eine Herausforderung. Ein strukturell schwaches Wachstum, Deglobalisierung, Desintegration sowie höhere Abgaben und Steuern sind nur einige Schlagworte, mit denen sich mögliche künftige Belastungen umschreiben lassen. Quality-Growth-Unternehmen punkten in diesem Umfeld mit moderater Volatilität, sodass unser Portfolio unverändert ein ausgewogenes Chance-Risiko-Profil aufweist.- Sie benutzen bei Ihrem Investmentprozess neben fundamentalen Kennzahlen auch technische Faktoren. Welchen Ausschlag geben Letztere bei der Auswahl der geeigneten Werte?Die beteiligten Disziplinen im Investmentprozess der LBB Invest sind die quantitative und die qualitative Analyse. Bei der quantitativen Analyse berücksichtigen wir neben fundamentalen auch technische Faktoren. Über die Definition von derzeit 27 langfristig performancerelevanten Erfolgsfaktoren erfolgt eine systematische Titelrangbildung. Der Managementfilter wie die qualitative Analyse dient zum einen der Verifizierung der Modellergebnisse zur Identifizierung von Kauf- bzw. Verkaufskandidaten. Zum anderen nutzen wir ihn als Basis für die klassische Fundamentalanalyse. Unsere langfristigen Analysen haben gezeigt, dass insbesondere technische Momentumfaktoren die höchste Performancerelevanz haben, gefolgt von Value-, Risiko- und Wachstumsfaktoren. Die aktuelle Outperformance ergibt sich jedoch maßgeblich aus der Bewertung aller Faktoren im Rahmen des quantitativ gestützten und kombinierten Bottom-up-Ansatzes.- Welche Rolle spielt der Anteil des Geschäfts in den Schwellenländern bei der Auswahl der Portfoliowerte?Dies ist ein bedeutender Faktor im Rahmen des Managementfilters. Für unser Deutschland-Portfolio selektieren wir bevorzugt exportstarke Unternehmen, die einen großen Anteil ihres Geschäfts in den Emerging Markets generieren.- Wie sehen Sie die Entwicklung des deutschen Aktienmarkts in den kommenden Monaten? Teilen Sie die Ansicht mancher Analysten, dass der Dax auf 10 000 oder gar auf 30 000 Punkte klettern wird?Grundsätzlich besteht noch weiteres Bewertungs- und damit Kurspotenzial. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Kurse seit Mitte November 2012 bereits prozentual zweistellig zugelegt haben. Auf sehr kurze Sicht könnten die Aktienmärkte wegen der bevorstehenden Wahlen in Zypern und in Italien konsolidieren. Wegen der sich allmählich verbessernden Frühindikatoren erwarten wir für das erste Halbjahr 2013 dann eine freundliche Börsentendenz. Optimisten unterstellen üblicherweise, dass ein Markt wie in den vergangenen 20 Jahren mit einem Durchschnitts-KGV von etwa 15 fair bewertet ist. Hieraus ließe sich mittelfristig ein fünfstelliger Stand beim Dax ableiten. Solchen Prognosen können wir uns aber zumindest für das Jahr 2013 nicht anschließen. Aufgrund der skizzierten konjunkturellen Rahmenbedingungen gehen wir vielmehr davon aus, dass die Investoren dem Markt zukünftig nicht mehr so hohe Bewertungsmultiples zubilligen werden wie noch vor Jahren. Für das Jahr 2013 erwarten wir, dass ein Markt-KGV von 12 die Obergrenze darstellen sollte. Hieraus errechnet sich für den Dax ein theoretisches Kurspotenzial von 8 400 Punkten.- Welche Sektoren sind nach dem starken Kursanstieg noch attraktiv bewertet?Nach saisonalen Gesichtspunkten zeigen zyklische Unternehmen in den ersten Monaten des Jahres eine Outperformance gegenüber defensiven Gesellschaften. Von daher ergibt sich kurzfristig Kurspotenzial für Unternehmen aus den Branchen Industrie, Rohstoffe und Chemie. Langfristig erwarten wir, dass Quality-Growth-Titel weiterhin ihre Überlegenheit unter Beweis stellen werden.- Wieso sind Versorger und Bankwerte so niedrig in Ihrem Portfolio gewichtet?Prinzipiell sind wir bei Geschäftsmodellen und Unternehmen zurückhaltend, die von zunehmenden staatlichen Einflüssen betroffen sind. Hierzu zählen wir Versorger, Banken und Telekomanbieter. Diese Unternehmen könnten auch zukünftig unter einer Vielzahl denkbarer Regulierungsmaßnahmen leiden.- In Ihrem Fonds gehören die Blue Chips BASF, SAP, Bayer und Allianz ebenso wie in Portfolien der anderen Top-Deutschlandfonds zu den Schwergewichten. Sind diese Deckungsgleichheit zu anderen Fonds und der hohe Portfolioanteil nicht gefährlich?Im Dax entfällt derzeit auf die größten sieben Unternehmen ein Kapitalisierungsanteil von rund 55 %. Daher stellt diese Deckungsgleichheit keine große Überraschung dar. Zudem generieren die aus unserer Sicht attraktiv bewerteten Gesellschaften signifikante Umsätze in den Emerging Markets. Um eine stärkere Diversifizierung zu erreichen, mischen wir dem Fonds wie erwähnt Nebenwerte bei und gewichten diese jeweils gleich.- Nutzen Sie Derivate bei der Umsetzung Ihrer Strategien?Der Deutschland-Invest ist ein Long-only-Mandat für deutsche Aktien. Im Rahmen der Produktwahrheit und -klarheit ist der Fonds in einer Bandbreite von 90 % bis 110 % voll investiert. Zur taktischen Steuerung in diesem Rahmen verwenden wir Derivate. Zusätzlich verkaufen wir unter Berücksichtigung von saisonalen Überlegungen Calls auf den Dax. Aus dieser marktunabhängigen Renditequelle erwarten wir Zusatzerträge von ca. 1 % pro Jahr.—-Das Interview führte Armin Schmitz.