INVESTMENTFONDS - IM INTERVIEW: MANFRED HÜBNER, SENTIX

"Die USA verlieren derzeit an Attraktivität"

Portfolio relativ offensiv am europäischen Aktienmarkt ausgerichtet - Gezielte Investition in Anleihen der Peripherieländer

"Die USA verlieren derzeit an Attraktivität"

Der einzige deutsche Fonds, der mit Hilfe von Behavioral-Finance-Daten verwaltet wird, Sentix Fonds 1 , ist jetzt zwei Jahre am Markt. Im Interview der Börsen-Zeitung erklärt Fondsmanager Manfred Hübner, warum er auf Anleihen aus Problemstaaten und den chinesischen Aktienmarkt setzt.- Herr Hübner, Sie sind jetzt zwei Jahre mit dem Sentix Fonds 1 auf dem Markt. Welchen Herausforderungen haben Sie sich in dieser Zeit vor allem gegenübergesehen?Zum Start des Fonds Ende 2010 hatten wir es gleich mit einem schwierigen Rentenmarktumfeld zu tun, weshalb wir etwas holprig gestartet sind. Für alle Anleger stellte dann die Katastrophe von Fukushima einen “schwarzen Schwan” dar. Solche Ereignisse sind naturgemäß nicht prognostizierbar. Das Auf und Ab in den Konjunkturerwartungen der letzten zwei Jahre sowie die politischen Wirren rund um die Euro-Krise konnten wir mit unseren Indikatoren dagegen relativ gut meistern. Das aktuelle Börsenumfeld fordert uns wie auch alle Mitbewerber besonders im Risikomanagement, wo man manchmal sehr schnell reagieren und durch den gezielten Einsatz von Optionen und Futures die Anlagerisiken steuern muss.- Wie haben Sie Aktien nach dem starken Anstieg an den Aktienmärkten derzeit in dem Portfolio gewichtet?Wir sind für die nächsten Wochen und Monate positiv für Aktien eingestellt. Die “draghischen Maßnahmen” sind unseres Erachtens besser als ihr Ruf, und wir sehen ein gestärktes Grundvertrauen der Anleger in Aktien. Aktuell haben wir eine Aktienquote von circa 20 % mit einem Schwerpunkt in Deutschland und Euroland, was in Anbetracht unseres jährlichen Risikobudgets eine offensive Ausrichtung darstellt.- Wie schätzen Sie die aktuelle Marktlage an den Aktienmärkten in Europa und den USA – entsprechend Ihrer Kapitalmarktumfragen – ein?Euroland erholt sich gerade von einer schweren Krise. Die Arbeitsteilung zwischen Notenbank und Politik funktioniert derzeit wieder besser, und unser Konjunkturindex ist für die Eurozone bereits den dritten Monat in Folge bei den Erwartungswerten gestiegen. Hier und für die Region Asien sehen wir die größten Chancen. Die USA dagegen verlieren derzeit relativ betrachtet an Attraktivität. Man erkennt es jetzt schon an der Berichterstattung, dass sich die Problemfelder tendenziell wieder weg von Europa hin zu den USA verlagern. Hinzu kommt der verblassende Charme der Apple-Aktie. Wir glauben nicht, am US-Aktienmarkt viel holen zu können.- Ist der Aufschwung an den Märkten nach der Draghi-Rede auf langfristig agierende Investoren oder auf Kurzfristanleger zurückzuführen?Kurzfristig haben die Anleger große Probleme, einen neuen Aufschwung zu akzeptieren. Zu sehr dominieren derzeit noch die schlechten Nachrichten aus den Peripherieländern das Geschehen. Interessanterweise sind die Anleger umso positiver für Aktien eingestellt, je weiter sie in die Zukunft blicken. Es sind also gerade eher die langfristig orientierten Anleger, die derzeit ihre Quoten aufstocken möchten. Man muss aber insgesamt feststellen, dass das derzeitige Anlageverhalten von privaten und institutionellen Investoren mit dem Wort “Portfolio-Attentismus” zu umschreiben ist. Man sieht es auch an den Umsätzen, dass von großer Kaufbegeisterung nicht die Rede sein kann.- Die Entscheidung der EZB, die notleidenden Staaten Europas durch unbegrenzte Käufe von Anleihen zu unterstützen, wird sehr negativ von den Anlegern diskutiert. Wieso sind die Aktienmärkte trotzdem gestiegen?Die Anleger bewerten vor allem die möglichen Langfristfolgen, beispielsweise mögliche Inflationsgefahren, negativ. Gleichzeitig realisieren sie aber auch, dass eine negative Haltung eine Short-Position gegen die Notenbank darstellt, die gerade ihr gesamtes Vertrauenskapital in die Waagschale geworfen hat. Das hält kein Short-Spieler aus. Unsere Investitionsgrad-Umfrage zeigt denn auch, dass bislang vor allem Short-Positionen eingedeckt wurden. Echte Portfoliokäufe finden erst statt, wenn die konjunkturelle Wende zur Gewissheit wird.- Mit welchen Maßnahmen haben Sie die Volatilität Ihres Fonds trotz eines schwankungsreichen Marktumfelds auf einen Wert von 3,7 % pro Jahr begrenzen können?Das geht nur, wenn Sie die eine oder andere Kursschwäche korrekt antizipieren und die unerwarteten Markteinbrüche durch gezielten Einsatz von Optionen in ihrer negativen Wirkung begrenzen. Darüber hinaus hat jede Einzelposition ihr eigenes, maximales Verlustlimit – und damit einen konkreten Stop Loss.- Die jüngsten Umfragewerte von Sentix machen Hoffnung auf einen Turnaround des Aktienmarkts in China. Wie haben Sie das Portfolio des Fonds positioniert?Wir sehen in der Tat sehr frühe Anzeichen einer Trendwende und haben uns dort mit einer Position von knapp 2 % engagiert.- Schwerpunkt des Portfolios sind Anleihen. Ein Viertel des Fondsvermögens ist in Anleihen der Peripheriestaaten angelegt. Wieso setzen Sie auf die Bonds der Problemstaaten, während institutionelle Anleger diese Papiere meiden?Genau deshalb! Kaum ein institutioneller Anleger darf hier noch investieren. Überall existieren Verbotslisten, oder – wie im Fall von Portugal – die Anleihen sind nicht mehr “Investment Grade”. Durch unseren neuen Euro-Breakup-Index messen wir regelmäßig die Austrittswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Euro-Staaten. Und diese Risiken sind bei den meisten Staaten aus Anlegersicht viel geringer, als es aufgrund der Renditen anzunehmen wäre. Daraus erwächst unserer Analyse nach eine Chance für Querdenker.- Die Geldpolitik der Notenbanken schürt die Angst vor einer Verstärkung der Inflation. Wie haben sich die Anleger beim Gold gemäß den Sentix-Umfragen positioniert?Seit Sommer ist der von uns gemessene strategische Bias zu Gold stark gestiegen. Dem sind die Positionierungen jedoch nur zum Teil gefolgt. Gold und Aktien profitieren beide von ihrem Sachwerte-Status, wenngleich bei Aktien die Währungsoptimisten stärker zu ihrem Recht kommen und die Währungspessimisten das Gold bevorzugen. Wir haben beide Anlageklassen in unserem Fonds abgebildet.—-Das Interview führte Armin Schmitz.