Immobilien

Engagiert gegen Private Equity

Wiesbadens Wohnungsbaugesellschaft will Immobilien selbst aktiver managen

Engagiert gegen Private Equity

Von Birga Böcker, FrankfurtNachdem ausländische Geldgeber den deutschen Immobilienmarkt für sich entdeckt haben, bangen Deutschlands Wohnungsbauunternehmen um ihre Zukunft. Marktbeobachter wie etwa die Hypothekenbank Eurohypo erwarten, dass in den kommenden Jahren rund 3 bis 4 Millionen Wohnungen der öffentlichen Hand oder von Unternehmen privatisiert werden könnten. Schon im vergangenen Jahr haben Private-Equity-Investoren Milliarden von Euro auf den Tisch gelegt, um etwa die bundeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gagfah zu kaufen oder für die Eon-Tochter Viterra zu bieten. Kommunen üben PlanspieleViele Kommunen denken angesichts leerer Haushaltskassen derzeit an einen Verkauf von Wohnungsbeständen oder Wohnungsbaugesellschaften. Allerdings sind sie wegen großer Widerstände der Mieter und der Befürchtung, ihre hoheitlichen Förderaufgaben zu vernachlässigen, bisher – mit Ausnahme von Berlin – meist nicht über Planspiele hinausgekommen. In Wiesbaden geht man derzeit einen ganz anderen Weg. Hier prüft die öffentliche Wohnungsbaugesellschaft GWW derzeit, wie die Stadt ihre Wohnungsbestände effizienter verwalten könnte. Dazu wurde im vergangenen August die Geschäftsführung mit einem externen Spezialisten besetzt. Seither arbeitet Mathias Müller, ehemaliger Europa-Chef der Immobilienberatung DTZ, an einem neuen Geschäftsmodell. Seine These: “Wohnungsgesellschaften können ihre Struktur und Organisation so optimieren, dass sie langfristig und nachhaltig einen soliden Ertrag für die öffentlichen Haushalte generieren können.” Wohnungen mit PotenzialUm dieses Ziel zu erreichen, hat die GWW ihren Bestand von 8 000 Wohnungen zunächst in Kategorien eingeteilt. Entscheidend für die Einteilung waren Lage, Ausstattung, Bausubstanz und Wertsteigerungspotenzial. Das Ergebnis: Etwa 1 000 Wohnungen fallen in die Top-Klasse und werden auch in Zukunft gute Erträge abwerfen. Die Zahl dieser Wohnungen dürfte in den nächsten Jahren sogar noch steigen. Denn viele Wohnungen, die derzeit noch der Mietpreisbindung unterliegen, bringen in ein paar Jahren höhere Erträge. Weniger als 600 Einheiten befinden sich in Wohnblocks und werfen entsprechend wenig Miete ab, während mehr als die Hälfte der GWW-Wohnungen in die mittlere Kategorie fällt – zum Teil mit deutlichem Entwicklungspotenzial.Nun gilt es für die Stadt, die Objekte entsprechend ihrer Klassifizierung zu nutzen. So wurden in einem ersten Schritt 1 000 Wohnungen zur Mieterprivatisierung freigegeben, wobei sich der Verkauf nach Angaben der Stadt “gut angelassen” hat. Zudem wird überlegt, große Grundstücke aus dem GWW-Bestand besser zu nutzen, indem neben den bestehenden Häusern weitere errichtet werden.”Wir müssen den Hebel umlegen von Verwalten auf Gestalten”, beschreibt GWW-Chef Müller seine Motivation. Anstatt wie andere Wohnungsbaugesellschaften tatenlos zuzusehen, wie Gebäude an Private-Equity-Gesellschaften verkauft werden, wolle die GWW aus eigener Kraft eine kontinuierliche Steigerung der Rendite erreichen und dadurch für eine Entspannung des öffentlichen Haushalts sorgen.”Wir glauben, dass Private-Equity-Unternehmen grundsätzlich kein ernsthaftes Interesse an Immobilien haben”, sagt Müller. Langfristige Engagements dieser Investoren seien eher selten, wie Beteiligungen in anderen Branchen verdeutlichten. Finanzierungen würden von ihnen teuer eingekauft, die aus dem Cash-flow der gekauften Wohnungsgesellschaften zurückgezahlt werden müssten. “Eine Möglichkeit dazu ist, den Immobilien Substanz zu entziehen, also nicht mehr zu investieren”, sagt Müller. Das aber könne nicht im Interesse der abgebenden Kommune sein. Verkauf an Mieter angepeiltNeben dem direkten Verkauf von Wohnungsimmobilien gebe es etwa auch die Möglichkeit der Mieterprivatisierung oder der Gründung eines Joint Venture mit einer Fremdgesellschaft. Allerdings funktioniere der Verkauf an die Mieter nur punktuell, und die Suche nach einem passenden Partner gestalte sich häufig schwierig. Recht positiv sieht der GWW-Chef die Einbringung von Wohnungen in einen Liegenschaftsfonds, auch wenn hier der Einfluss der Kommune auf die künftige Zusammensetzung der Mieter verloren gehe. Besonders vorteilhaft schätzt Müller die Schaffung einer Verwertungsgesellschaft ein. Als Tochtergesellschaft der GWW würde diese sich speziell um die Verwertung von Teilen des Portfolios kümmern. Die GWW ihrerseits könnte sich auf die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum konzentrieren. Diese Lösung habe einerseits den Vorteil, dass die Kommune an den Privatisierungserlösen partizipiere und sie andererseits weiter mit über die Verwendung der Wohnungen bestimmen könne. Parteien ringen um LösungDerzeit wird zwischen den Parteien Wiesbadens noch um die beste Lösung für die GWW gerungen. Noch in diesem Jahr soll die Schaffung einer Verwertungsgesellschaft entschieden werden.Doch für Stadtkämmerer Helmut Georg Müller steht eines fest: “Für Wiesbaden ist ein Verkauf an eine Private-Equity-Gesellschaft derzeit kein Thema.”