Kapitalanlage - Die Börse spricht...

Entry Standard besser als sein Ruf

Börsen-Zeitung, 16.6.2007 Die Börse spricht wieder einmal über den Entry Standard. Das Einstiegssegment der Deutschen Börse, das mittelständischen Unternehmen die Kapitalbeschaffung über den Aktienmarkt erleichtern soll, hat derzeit nicht das beste...

Entry Standard besser als sein Ruf

Die Börse spricht wieder einmal über den Entry Standard. Das Einstiegssegment der Deutschen Börse, das mittelständischen Unternehmen die Kapitalbeschaffung über den Aktienmarkt erleichtern soll, hat derzeit nicht das beste Image. In einer großen deutschen Tageszeitung war jüngst zu lesen, der Entry Standard drohe zu floppen. Die Performance des Entry Standard Index lässt zweifellos zu wünschen übrig, und dann schien es zumindest zeitweilig so, als drohe mit Amitelo der erste Betrugsfall in dem neuen Segment. Die vom ZDF erhobenen Vorwürfe sind zwar weitgehend entkräftet, dennoch bleibt für das Segment ein schaler Geschmack zurück.Trotz der Probleme, die auch der Deutschen Börse Sorgen bereiten, muss sich derjenige, der das Segment abschreibt, den Vorwurf gefallen lassen, die Dinge oberflächlich zu betrachten. Bei einer genaueren Betrachtung offenbart sich nämlich, dass der Entry Standard eine Reihe von Erfolgen vorweisen kann. So haben inzwischen mehr als 100 Unternehmen das Segment zur Börsenheimat erkoren. Und wie bei Emissionsbanken zu hören ist, beginnen sich ausländische Firmen für den Entry Standard zu interessieren, für die bislang nur der auf den ersten Blick so ungleich erfolgreichere Londoner Alternative Investment Market (AIM) in Frage kam. Und was den zu Nyse Euronext gehörenden Wettbewerber Alternext betrifft, so hat Nyse-Euronext-Chef John Thain jüngst bei Auftritten in Osteuropa mit ungeschickten Äußerungen Porzellan zerschlagen, was die Chancen der Deutschen Börse vergrößern sollte. Ferner können die Frankfurter für sich ins Feld führen, dass die Notiz im Entry Standard für Firmen deutlich billiger kommt als im AIM. Und die Liquidität ist meist auch noch höher als in London. Die größte Gefahr für den Entry Standard wäre derzeit zweifellos ein handfester Skandal – sei es ein Betrugsfall oder eine spektakuläre Pleite. Mit Blick auf den Niedergang des Vorgängers Neuer Markt wäre der psychologische Schaden groß. Da dürften Argumente, dass es in einem Risikokapitalsegment wie dem Entry Standard zwangsläufig zu Ausfällen kommen muss, wenig fruchten. Vielleicht hilft ja ein Blick auf den AIM: Dort haben sich seit 1995 über 2 700 Unternehmen listen lassen. Derzeit notiert sind aber – aus welchen Gründen auch immer – nur noch 1 649. Rund 60 % sind also wieder verschwunden, ohne dass jemand eine Systemkrise darin sieht.