Fonds sehen sich von "Standorterosion" bedroht
cra Frankfurt – Der Fondsstandort Deutschland wird nach Ansicht der Investmentbranche durch Überregulierung zunehmend ausgehöhlt. Wolfgang Mansfeld, der von diesem Dienstag an Präsident des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) ist, sprach von einer “Standorterosion”. Es sei “nicht zielführend”, wenn der deutsche Gesetzgeber im neuen Investmentgesetz über das von der EU verlangte Maß an Regulierung hinausgehe. Im neuen Jahr erhofft sich die Branche vor allem Impulse aus dem Geschäft mit der Altersvorsorge. Die von Mansfeld attestierte Erosion manifestiert sich nach Ansicht der Branche darin, dass seit Jahren mehr Geld in ausländische als in deutsche Fonds fließt. Zwar hätten im vergangenen Jahr 40 % der neuen Produkte im Inland domiziliert, nachdem es zwei Jahre zuvor nur 17 % gewesen seien. Doch die neu angelegten Mittel seien nur ausländischen Fonds zugute gekommen: 26,2 Mrd. Euro investierten die Anleger netto in Publikumsfonds, die deutsche Anbieter über Luxemburger und andere ausländische Töchter betreiben. Aus den im Inland aufgelegten Fonds dagegen zogen sie 7,5 Mrd. Euro ab (siehe Grafik). Sollte dieser Trend anhalten, könnten die deutschen Kapitalanlagegesellschaften schon bald mehr Geld in Luxemburg verwalten als in Deutschland selbst. Der Abstand zwischen beiden Auflegungsorten ist im vergangenen Jahr von 68 Mrd. auf 49 Mrd. Euro geschrumpft. Ende Dezember 2006 verwalteten die BVI-Mitgliedsgesellschaften im Inland 259 Mrd. Euro, in Luxemburg waren es 210 Mrd. Euro. “Entwurf reicht nicht aus” Das Ziel, mit der anstehenden Novelle des Investmentgesetzes den Fondsstandort Deutschland zu stärken, sei “aller Ehren wert”, sagte der neue BVI-Präsident Mansfeld, “der Entwurf reicht aber zu diesem Ziel noch nicht aus”. In vielen Punkten gehe der Entwurf der Novelle unnötigerweise über das von der EU geforderte Maß an Regulierung hinaus. Als Beispiele nannte Mansfeld den im Gesetzesentwurf vorgesehenen Abschlag, den ein Anleger zahlen soll, der größere Summen aus bestimmten Fonds abzieht, die geforderte Offenlegung der Transaktionskostenquote, die Entsendung eines unabhängigen Vertreters in den Aufsichtsrat von Kapitalanlagegesellschaften und das Verbot vorab provisionierter Sparpläne. WettbewerbsnachteileViele der problematischen Punkte gingen über den EU-Standard hinaus, kritisierte Mansfeld. Dies bedeute, dass hierzulande aufgelegte Fonds einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Fonds aus anderen europäischen Ländern hätten, da diese auch in Deutschland vertrieben werden könnten. Wenn irgendwann die Fondsmanager, die mit den Unternehmen, in die sie investierten, sprächen, nicht mehr in Deutschland säßen, sondern nur noch eingeflogen kämen, wäre dies nicht gut für den deutschen Kapitalmarkt.Mit “großer Skepsis” betrachte die Branche auch die geplante Vorschrift, wonach die Depotbank eines Fonds grundsätzlich nicht demselben Konzern angehören soll wie die Fondsgesellschaft, so Mansfeld. Dies sei in keiner EU-Richtlinie gefordert, entspreche nicht internationaler Praxis und stelle auch keine Reaktion auf Fehlentwicklungen des bisherigen Systems dar. Eine nicht konzernverbundene Depotbank “wäre auch nicht unabhängiger und könnte eine Kapitalanlagegesellschaft auch nicht besser kontrollieren” als eine Konzernschwester. Die Regelung “sollte nicht ins Gesetz – auch nicht als Comply-or-explain-Bestimmung”.Mansfeld mahnte dazu, die Novelle des Investmentgesetzes lieber noch gründlicher zu überarbeiten, als das neue Gesetz einfach schnell zu verabschieden. Er sehe “keinen sehr großen Zeitdruck”. Anders sei es bei der Umsetzung der EU-Richtlinie Mifid. Hier sei der Zeitplan der Umsetzung “ambitioniert”. Kritik an SteuerplänenAuch bei der Steuergesetzgebung dräuen der Fondsbranche nach eigener Einschätzung unakzeptable Veränderungen. Vehement kritisierte Mansfeld die geplante Besteuerung von Kursgewinnen. Dies stelle eine “erhebliche Beeinträchtigung des langfristigen Vorsorgesparens” dar. Wenn die Abgeltungssteuer eingeführt wird, sollen nach jetziger Planung der Bundesregierung auch Wertzuwächse etwa von Aktienanlagen dem pauschalen Steuersatz unterworfen werden. Mansfeld rechnete vor, dass ein Sparplankunde mit erheblichen Einbußen zu rechnen hätte, wenn das Gesetz so eingeführt wird. Wer 30 Jahre lang monatlich 100 Euro in einen Aktienfonds-Sparplan stecke, könne am Ende – historischen Werten zufolge – mit einem Kapitalstock von 150 000 Euro rechnen; im Fall einer Abgeltungssteuer von 25 % reduziere sich das gesparte Kapital um 37 500 Euro. Einstieg in die Rürup-RenteIm neuen Jahr will die Branche vor allem das Geschäft mit der Altersvorsorge vorantreiben. Der scheidende BVI-Präsident Markus Rieß kündigte an, dass schon in naher Zukunft Fondsprodukte für die Rürup-Rente auf den Markt kommen sollen. Einige Eigenheiten der Rürup-Rente, etwa dass sie nicht vererbbar sei, hemmten die Akzeptanz des Konstrukts – was allerdings auch andere Produkte als Fonds treffe. Er rechne dennoch damit, dass 2007 die ersten Rürup-Fondsprodukte auf den Markt kämen. Noch Potenzial bei VorsorgeDaneben wolle sich die Fondsbranche stärker als bisher in das Geschäft mit der staatlich geförderten, betrieblichen Altersvorsorge einmischen. Rieß kündigte an, dass es eine “Direktfondsrente” als Produkt geben solle, das zur individuellen Vorsorge über den Arbeitgeber des Sparers eingesetzt werden könne.Diese Form der staatlich geförderten Altersvorsorge habe die Fondsbranche bisher weniger im Blick gehabt als die rein private Altersvorsorge oder die rein arbeitgeberfinanzierten Formen der Altersabsicherung. Auch im Geschäft mit betrieblichen Pensionszusagen gebe es aber noch Wachstumspotenzial, so Rieß. Dass die meisten Großunternehmen ihre Pensionsverpflichtungen bereits ausgelagert hätten, bedeute nicht das Ende des Wachstums mit der Vermögensverwaltung für Pensionsvehikel. Die sogenannten Contractual Trust Arrangements würden in der Regel in Tranchen dotiert, wüchsen also weiter. HV-Dienst läuft anDas Angebot des BVI, allen Mitgliedsgesellschaften Informationen über die Tagesordnungen von Hauptversammlungen (HV) zur Verfügung zu stellen, nehmen inzwischen 16 Mitgliedsgesellschaften in Anspruch. Im Januar hatte der Verband den Service gestartet (vgl. BZ vom 9. und 13. Januar). Dabei analysiert die Karlsruher Firma Ivox HV-Einladungen daraufhin, ob sie mit den Regeln guter Unternehmensführung vereinbar sind. Geprüft werden die Tagesordnungen der Aktionärstreffen von 160 Konzernen aus den Dax-Indizes. Hinzu kommen 40 nichtdeutsche Firmen aus dem Euro Stoxx 50.Im Laufe des Jahres würden auch die übrigen Mitgliedsunternehmen des Verbandes an die technische Infrastruktur angeschlossen, sagte der Hauptgeschäftsführer des BVI, Stefan Seip. Dem Verband gehören insgesamt 84 Unternehmen an. Außerdem hat der Fondsverband 77 sogenannte Informationsmitglieder. – Gastbeitrag Seite 4 – Leitartikel Seite 8