Asset Management

Fondsanbieter entdecken kapitalkräftige Rentner

Mittelschichtler avancieren im Alter zu "Private-Banking-Kunden" - Union und BCA setzen auf Produkte, DWS und Dit auf Beratung

Fondsanbieter entdecken kapitalkräftige Rentner

Von Stefanie Schulte, Frankfurt Nachdem Fondsgesellschaften jahrelang in erster Linie um jüngere Altersvorsorge-Sparer gebuhlt haben, entdecken sie jetzt zunehmend Rentner in der Auszahlphase. Zu Monatsbeginn hat die genossenschaftliche Union Investment ein Produkt speziell für die Entsparphase auf den Markt gebracht. An einem fondsbasierten Produkt für das Rentenalter bastelt auch der Maklerpool BCA. Seit einiger Zeit spricht darüber hinaus die amerikanische Gesellschaft Fidelity mit ihren “Target Funds” gezielt auch ältere Anleger an. Andere große Fondsgesellschaften wie die Deutsche-Bank-Tochter DWS und die Allianz-Tochter Dit zweifeln den Nutzen standardisierter Produkte für die sukzessive Auszahlung von angespartem Vermögen an. Sie halten konventionelle Fonds-Auszahlpläne in Verbindung mit individueller Beratung, etwa durch die Vertriebspartner im eigenen Konzern, für die beste Lösung. Konkurrenz Versicherer Einig sind sich die Fondsanbieter in der Bewertung der Gruppe der über 55-Jährigen als attraktiver Markt. Viele Rentner verfügten über ein hohes Vermögen aus eigenen Erbschaften, Lebensversicherungen oder Sparplänen. Knapp 30 % der deutschen Haushalte mit 50- bis 65-Jährigen besäßen mehr als 25 000 Euro Vermögen, 10 % sogar mehr als 50 000 Euro, so Giovanni Gay, Geschäftsführer der Privatfondssparte von Union Investment.So rückten viele Mittelschichtkunden mit dem Eintritt ins Rentenalter in das für Finanzdienstleister attraktive und hart umkämpfte Private-Banking-Segment vor, sagt ein Sprecher der deutschen Publikumsfonds-Marktführerin DWS. Schärfster Konkurrent der Fondsanbieter sind die Versicherer mit ihren Leibrentenprodukten, die in der Regel bis zum Tod des Kunden einen festen monatlichen Betrag garantieren. Fonds können eine solche Garantie nicht bieten, da die Gesellschaften – anders als Versicherer – bei ihrem Geschäftsmodell das “Langlebigkeitsrisiko” nicht auf eine große Zahl von Kunden verteilen können. Auf der anderen Seite ließen sich Versicherungen in der Regel nur eingeschränkt vererben und eine vorzeitige Auflösung sei kaum möglich, argumentieren Fondsanbieter. Union Investment wirbt daher bei dem neu aufgelegten Produkt “UniRenteAktiv” vor allem mit diesen Vorteilen. Man wolle so das Geschäft mit Aktien- und Rentenfonds ankurbeln, heißt es. Auszahlungen aus den Fonds sollen mittels eines Computerprogramms so angepasst werden, dass das Kapital auch bei schwankender Depotentwicklung zum 85. Lebensjahr aufgezehrt ist. Anleger zwischen 55 und 70 Jahren investieren hierzu einen einmaligen Betrag von mindestens 25 000 Euro. Bei klassischen Fondsauszahlplänen sei eines der zentralen Probleme, dass Kunden wegen zu vorsichtiger Entnahmen im hohen Alter ungewollt auf einem “Kapitalberg” säßen, sagt Gay. Bei sehr schwacher Aktienentwicklung sei jedoch nicht auszuschließen, dass das Vermögen vorzeitig aufgebraucht sei. Zur Versorgung nach dem 85. Lebensjahr könnten Kunden beim Kauf des Union-Produkts jedoch eine Leibrente der ebenfalls genossenschaftlichen R+V-Versicherung abschließen. Ein fondsbasiertes Anlageprodukt für Rentner plant auch der Maklerpool BCA für das kommende Jahr, wie Vorstandsmitglied Ferdinand Haas berichtet. Das Produkt will er so konzipieren, dass es aus fiskalischer Sicht wie eine Rentenversicherung behandelt wird, Steuern also erst in der Auszahlphase fällig werden. BCA hält Aktien für riskant Aus Haas’ Sicht ist die Fondsbranche bisher gegenüber Versicherungsanbietern benachteiligt, da nur Versicherungen in der Einzahlphase steuerbefreit sind. Fondsanbieter profitierten andererseits davon, dass sie es aufgrund des Konkurrenzdrucks gewohnt seien, wirtschaftlicher zu arbeiten. Sei die Rendite zu schwach, könnten die Kunden jederzeit abwandern, während sie bei Versicherungen in der Regel langfristig gebunden seien. Hiervon könne die Fondsbranche im Altersvorsorge-Geschäft langfristig profitieren. Bei dem geplanten Produkt solle das Vermögen der Anleger vorwiegend in Rentenfonds verschiedener Anbieter fließen, eventuell unter Beimischung offener Immobilienfonds. Während Union Investment konstant ein Drittel des Volumens in den KAG-eigenen Aktienfonds “UniGlobal” und den Rest in den Anleihefonds “UniEuroRenta” investiert, will BCA bei seinem Auszahlprodukt auf Aktien verzichten. Im Alter könnten Börsentiefs besonders gefährliche Löcher ins Vermögen reißen, sagt Haas. Verliere der Aktienfonds etwa aufgrund einer sehr schwachen Börsenentwicklung 50 % seines Werts, müssten Anleger einen doppelt so hohen Anteil aus dem Kapitalstock entnehmen wie zuvor, um monatlich dasselbe Geld zur Verfügung zu haben. Entsprechend weniger Kapital stehe zur Verfügung, um in guten Kursphasen die Verluste aufzuholen. Einen anderen Weg geht die amerikanische Fondsgesellschaft Fidelity mit ihren “Target Funds”. Innerhalb einer festen Laufzeit, etwa bis 2015 oder 2020, wird das investierte Vermögen nach und nach von Aktien in festverzinsliche Papiere, Geldmarkttitel und Bargeld umgeschichtet. So solle für ältere Kunden der Kapitalerhalt gesichert bleiben. Haas hält jedoch auch diese Lösung nicht für optimal. Wer im Alter auf Aktien nicht verzichten wolle, um etwa das Verlustrisiko zu streuen, solle lieber zunächst nur aus Rentenfonds Geld entnehmen und die Aktieninvestments unberührt lassen. Dann bleibe mehr Zeit, um Phasen der Börsenschwäche auszugleichen. Neue Ideen aus den USA Raimond Maurer, Professor für Investment, Portfolio Management und Alterssicherung an der Universität Frankfurt, glaubt, dass der deutsche Markt bei Investmentprodukten für ältere Anleger längst nicht ausgereizt ist. Die Angebote der Versicherungsbranche seien vor allem für Kunden sinnvoll, die noch nicht über eine ausreichende Grundsicherung aus einer staatlichen oder betrieblichen Rente verfügten, also etwa für Selbständige. Rentner, die bereits ein sicheres monatliches Einkommen hätten, seien jedoch mit Fondsprodukten besser bedient, da sie flexibler seien. In den USA etwa sei ein Modell erfolgreich, bei dem Rentner aus einem angesparten Vermögen jedes Jahr eine bestimmte Summe entnähmen, die sich aus ihrer statistisch wahrscheinlichen Restlebenserwartung errechne. Für einen 70-Jährigen sei etwa zu erwarten, dass er 85 Jahre alt werde. Die jährliche Entnahme belaufe sich somit auf ein Fünfzehntel des Gesamtvermögens. Mit jedem Jahr werde die verbleibende statistische Lebenserwartung nach oben korrigiert. Sie steige automatisch, weil früher verstorbene Personen nicht mehr in den Mittelwert einflössen. So sei sichergestellt, dass der Rentner auch nach dem Erreichen des 85. Lebensjahres nicht mit leeren Händen dastehe. Solch ein Modell könne sich auch für deutsche Fondsgesellschaften anbieten, meint Maurer.