Frankreichs Fonds kommen 2008 mit blauem Auge davon
Von Gerhard Bläske, Paris Die verwalteten Vermögen der französischen Publikumsfonds sind im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Allerdings fielen die Rückgänge schwächer aus als in den meisten anderen Ländern. Eine weitere Besonderheit war, dass die Anleger weniger Geld abzogen als in anderen Staaten: Der weitaus größte Teil des Rückgangs entfiel auf Marktverluste.Während das verwaltete Vermögen in Großbritannien um 37,2 % oder in Italien um 27,9 % sank, reduzierten sich die verwalteten Vermögen in Frankreich “nur” um 11,1 % auf 2,4 Bill. Euro, was etwa dem Niveau Deutschlands entspricht. Zieht man die Aktiva ab, die für Dritte verwaltet werden und die ganz überwiegend in Rentenpapieren stecken (minus 6 % auf 1,1 Bill. Euro), betrug der Rückgang der Aktiva der klassischen Publikumsfonds 15,4 % auf 1,15 Bill. Euro. Zuvor hatte sich ihr verwaltetes Vermögen innerhalb von zehn Jahren (1997 bis 2007) verdreifacht. Schwere KursverlusteEtwa vier Fünftel des Einbruchs beim verwalteten Vermögen oder 163 Mrd. Euro entfielen auf Marktverluste. Das restliche Fünftel (45 Mrd. Euro) waren Mittelabflüsse seitens der Anleger. Das entspricht 3,7 % des gesamten Vermögens. Die vergleichsweise geringen Rückgänge erklären sich aus dem in Frankreich traditionell starken Gewicht von Geldmarktfonds und Rentenpapieren. Das erwies sich in der Krise als vorteilhaft. Der Branchenverband Association Française de la Gestion Financìere (AFG), der die Zahlen veröffentlicht hat, bewertet sie als insgesamt positiv für die Branche: Man könne nicht sagen, dass sich die Anleger generell von den professionellen Vermögensverwaltern abgewandt hätten. Neue Klassifizierung geplantDie Finanzmarktaufsicht Autorité des marchés financiers (AMF) plant eine Veränderung der Klassifizierung der in Frankreich besonders populären geldmarktnahen Produkte, die etwa 40 % des gesamten verwalteten Vermögens ausmachen. Der AFG beurteilt dieses Vorhaben positiv, weil damit noch bestehende Unsicherheiten beseitigt würden. Generell gehe der Trend in Richtung langfristig orientierter und stabiler Einlagen etwa im Rahmen der Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen: Favorisiert würden dabei beispielsweise Anlagen in Infrastrukturprojekten oder in ethische Produkte.Abgesehen von den Geldmarktfonds mussten den AFG-Zahlen zufolge im vergangenen Jahr alle Segmente heftige Rückgänge beim verwalteten Vermögen hinnehmen. Die Geldmarktfonds profitierten von der Suche der Anleger nach Sicherheit, wobei kurzfristige Laufzeiten bevorzugt wurden. Die verwalteten Vermögen in diesem Bereich stiegen um 13,4 % auf 487,6 Mrd. Euro. Drei Viertel davon waren neue Anlagen vor allem aus dem Kreis institutioneller Investoren oder aus dem unternehmerischen Bereich. Heftig waren dagegen die Rückgänge bei dynamischen Geldmarktfonds (minus 70 % auf 21,3 Mrd. Euro) und vergleichsweise risikoreichen Engagements. Auf den Stand von vor vier Jahren zurückgeworfen wurden die verwalteten Aktiva bei Aktien: Sie brachen um 43 % auf 189,9 Mill. Euro ein, was zu deutlich mehr als 90 % auf die Kursrückgänge zurückzuführen war. Etliche neue AnbieterBei Rentenprodukten sank das verwaltete Vermögen um 11,9 % auf 154,1 Mrd. Euro. Mischfonds mussten einen Rückgang von durchschnittlich 27,4 % auf 218,5 Mrd. Euro verbuchen. Trotz der insgesamt schlechten Entwicklung entstanden im vergangenen Jahr 47 neue Gesellschaften. Etwa 20 Unternehmen verschwanden vom Markt oder wurden restrukturiert. Innerhalb von etwas mehr als zehn Jahren (2007 bis Ende 2008) verdoppelte sich die Anzahl der in diesem Bereich tätigen Unternehmen annähernd auf 566. Neuer Riese entsteht Eine größere Veränderung könnte Auswirkungen auf die Branche insgesamt haben. Durch den Zusammenschluss des Asset Managements des genossenschaftlichen Crédit Agricole (CA) mit der Société Générale (SocGen) entsteht ein neuer Riese in der Vermögensverwaltung. Mit der Zusammenlegung zu dem neuen Gebilde, an dem der Crédit Agricole mit 70 % beteiligt ist, sollen Kosten gespart und eine kritische Größe erreicht werden. Ähnlich wie in der gesamten Branche liegen etwa zwei Drittel des verwalteten Vermögens von 638 Mrd. Euro in Geldmarkt- und Rentenprodukten. Spitzenplatz in EuropaDen Angaben des französischen Verbands zufolge hat Frankreich im vergangenen Jahr seine europaweite Führungsposition im Bereich der Vermögensverwaltung der Investmentfonds – in Bezug auf die Herkunft der Anlegermittel – verteidigt. Frankreich liege mit einem Marktanteil von 21,1 % vor Deutschland (19,1 %) und Großbritannien (15,7 %). Im Hinblick auf den Sitz der Gesellschaften rangiert Frankreich dem Verband zufolge mit einem Anteil von 19,7 % hinter Luxemburg (26,3 %). Dort legen viele Gesellschaften aus anderen europäischen Ländern ihre Fonds auf, um von einer branchenfreundlichen Regulierung zu profitieren. Frankreich rangiert aber noch vor Deutschland (14,1 %), das Platz 3 erreicht. Laut den Daten des europäischen Fondsverbands Efama (siehe Grafik) rangiert Frankreich bei Publikumsfonds, die der europäischen Richtlinie Ucits unterliegen, mit 24,9 % ebenfalls auf Platz 2 hinter Luxemburg.