Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Christoph Schmitt

Kein Hinweis für Acting in Concert

Neue Struktur der Postbank-Transaktion: Jetzt Pflichtangebot wäre unattraktiv

Kein Hinweis für Acting in Concert

– Herr Dr. Schmitt, Deutsche Bank und Deutsche Post haben die Transaktionsstruktur zur Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank angepasst. Wie sieht die neue Struktur jetzt aus?Die neue Struktur sieht drei Übernahmeschritte vor: Zunächst wird die Deutsche Bank 22,9 % der Postbank gegen 8 % eigener Aktien erwerben. Gleichzeitig zeichnet die Deutsche Bank eine Pflichtumtauschanleihe der Deutschen Post in Höhe von voraussichtlich 2,7 Mrd. Euro. Im zweiten Schritt, nach Ablauf von drei Jahren, wird die Pflichtumtauschanleihe von der Deutschen Post durch Übertragung weiterer 27,4 % der Postbank-Aktien getilgt. Weitere 12,1 % der Postbank-Aktien sind Gegenstand von Kauf- und Verkaufsoptionen, wobei Stillhalter der Verkaufsoptionen die Deutsche Bank, Stillhalter der Kaufoptionen die Deutsche Post ist. Die Optionen sollen in Schritt drei der Übernahme nach drei Jahren innerhalb eines einjährigen Ausübungszeitraums ausgeübt werden dürfen. Zur Besicherung ihrer Verkaufsoptionen erhält die Postbank bereits in Schritt eins deren Barwert in Höhe von voraussichtlich 1,1 Mrd. Euro, sodass die Deutsche Post zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich insgesamt 3,8 Mrd. Euro erhalten haben wird. – Warum muss die Deutsche Bank den Aktionären der Postbank kein Pflichtangebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) unterbreiten?Ein Pflichtangebot setzt eine Kontrollerlangung, nach der Definition im WpÜG also mindestens 30 % der Stimmrechtsanteile, voraus. Die Deutsche Bank übernimmt im ersten Schritt jedoch lediglich 22,9 % der Postbank. Zur Übernahme weiterer 27,4 % aus der Pflichtumtauschanleihe und weiterer 12,1 % aus den Optionen wird es hingegen erst in den Schritten zwei und drei, also in drei bis vier Jahren kommen. Die Schwelle von 30 % wäre im ersten Schritt nur dann überschritten, wenn der Deutschen Bank die weiteren Anteilspakete bereits jetzt zuzurechnen wären. – Und das ist nach derzeitiger Sachlage nicht der Fall?Ja. Allerdings ist zu erwarten, dass sich Deutsche Bank und Deutsche Post bereits ab sofort in Bezug auf die Stimmrechtsausübung aus den weiteren Aktienpaketen abstimmen. – Liegt darin nicht ein abgestimmtes Verhalten (Acting in Concert), das eine Zurechnung erfordert?In der Tat müssen einem Aktionär bei abgestimmtem Verhalten mit einem anderen Aktionär unter Umständen auch dessen Aktien zugerechnet werden. Allerdings liegt ein solches nach dem WpÜG nur dann vor, wenn sich die Beteiligten über die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft verständigen oder mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft in sonstiger Weise zusammenwirken. Dabei reicht es nicht aus, dass ein derartiges Verhalten in Anbetracht der Umstände naheliegt oder vermutet werden könnte. Vielmehr ist ein Nachweis oder zumindest ein konkreter Anhaltspunkt dafür erforderlich, dass auch tatsächlich eine Abstimmung stattfand. An derartigen Anhaltspunkten fehlt es im Falle Postbank jedoch bislang. – Warum sind der Deutschen Bank nicht die 12,1 % aus der Kaufoption zuzurechnen?Bei Kaufoptionen kommt eine Zurechnung nach herrschender Meinung allenfalls innerhalb des Ausübungszeitraums in Betracht. Dieser beginnt im vorliegenden Fall jedoch erst in drei Jahren. Die Tatsache, dass die Verkaufsoption in der Zwischenzeit in bar abgesichert wird, ändert daran grundsätzlich nichts. Zudem unterscheidet das deutsche Recht zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Allein die Verpflichtung zur Aktienübertragung bedingt noch keine Zurechnung zum Erwerber. Erst dessen Möglichkeit, einseitig, das heißt ohne Notwendigkeit einer Mitwirkung des Veräußerers, auch den Eigentumsübergang herbeizuführen, würde eine Zurechnung rechtfertigen. Das bedeutet, dass allein die zukünftige Verpflichtung der Deutschen Post zur Übertragung der Aktien an die Deutsche nicht ausreicht. – Ist das nicht unbefriedigend? Immerhin sichert sich die Deutsche Bank bereits jetzt die Kontrolle an der Postbank und muss den anderen Aktionären trotzdem kein Pflichtangebot unterbreiten.Ob ein Pflichtangebot zum heutigen Zeitpunkt für die Aktionäre der Postbank besonders attraktiv wäre, kann bezweifelt werden. In drei Jahren kann dies bereits ganz anders sein.Dr. Christoph Schmitt ist Partner bei Haarmann Partnerschaftsgesellschaft.Die Fragen stellte Walther Becker.