RECHT & KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MARC TRINKAUS

Komplexe Gläubigerstrukturen erschweren LBO-Refinanzierungen

Alternative Kapitalgeber gefragt - Hoffnung auf Hochzinsanleihen

Komplexe Gläubigerstrukturen erschweren LBO-Refinanzierungen

– Herr Trinkaus, in den kommenden Jahren stehen in Europa in großem Umfang Refinanzierungen aus Übernahmen an, um welche Volumina geht es?Gemäß einer im Februar 2012 für Linklaters erstellten Studie müssen in Europa in den Jahren 2012 bis 2016 Kredite aus fremdfinanzierten Übernahmen, sogenannte LBOs, in einem Gesamtvolumen von 550 Mrd. Euro refinanziert werden. Dabei entfallen auf Deutschland rund 83 Mrd. Euro.- Wie sieht die Verschuldungsstruktur mit Blick auf die Instrumente und Geldgeber aus?Es handelt sich im Wesentlichen um klassische Fremdfinanzierungen, einige davon allerdings mit komplexer Gläubigerstruktur. Auch wenn die Banken einen Teil der Kredite in ihren Büchern belassen haben, so wurde ein Großteil über sogenannte CLO-Vehikel am Kapitalmarkt platziert. Das sind Zweckgesellschaften, die Kredite kaufen und neu strukturiert an Investoren weiterreichen. Dies bereitet allerdings zusätzliche Probleme bei der Refinanzierung.- Wo liegen die Probleme?Das derzeitige Marktumfeld ist schwierig. Der IWF hat zuletzt im Januar 2012 seine Wachstumsprognose für die Eurozone deutlich nach unten korrigiert. Auch die nach wie vor instabile Lage einiger Euro-Staaten führt zu einer Verunsicherung der Märkte. Hinzu kommt die zunehmende Regulierung der europäischen Banken. In der Folge von Basel III sind diese gezwungen, ihre Bilanzen zu verschlanken. Zwar möchte ich nicht von der berüchtigten Kreditklemme sprechen. Es ist aber schwer vorstellbar, dass die Banken im LBO-Bereich im gleichen Umfang für Refinanzierungstransaktionen oder Neugeschäft zur Verfügung stehen wie bislang. Ebenfalls nachteilig ist der Wegfall des Verbriefungsmarktes. Traditionell spielen CLO-Vehikel eine große Rolle bei der Finanzierung von LBO-Transaktionen. Bei vielen dieser Vehikel endet demnächst die Investitionsperiode. Damit dürfen sie keine neuen Transaktionen finanzieren oder Refinanzierungen vornehmen. Hierdurch wird dem Markt in erheblichem Umfang Liquidität entzogen.- Welche Lösungsmodelle bieten sich an?Ausgangspunkt ist immer die wirtschaftliche Lage des Kreditnehmers. Ein starker Kreditnehmer mit einem ertragreichen Geschäftsmodell wird auch in Zukunft von Banken Liquidität zur Verfügung gestellt bekommen. Hier geht es mehr darum, den idealen Zeitpunkt für eine Refinanzierung zu finden. Oft werden in diesem Zusammenhang “Forward Start Kredite” abgeschlossen, die dem Unternehmen bereits einige Zeit vor dem Auslaufen der bestehenden Kreditlinien die Anschlussfinanzierung und deren Konditionen sichern. Auch kann man über eine Verlängerung bestehender Kredite nachdenken, sofern die im Rahmen eines Konsortialkredits erforderlichen Mehrheiten auf Bankenseite eingeworben werden können. Einfacher ist dies, wenn die bestehenden Kreditverträge Structural-Adjustment-Klauseln enthalten, die es erlauben, die Laufzeit bestimmter Tranchen eines Kredits zu verlängern, ohne dass dies der Zustimmung aller Konsortialbanken bedarf.- Wie können alternative Finanzierungswege aussehen?Eine Möglichkeit ist die Begebung hochverzinslicher Anleihen, der High-Yield-Bonds. Trotz Volatilität dieses Marktsegments in Europa und der damit verbundenen Publizitätserfordernisse sind High-Yield-Bonds äußerst attraktiv. Darüber hinaus können insbesondere Unternehmen mit Präsenz in den USA den dortigen High-Yield-Markt anzapfen, der eine noch wesentlich höhere Liquidität bereitstellt. Weitere Finanzierungsquellen werden die “alternative capital providers” erschließen. Diese alternativen Finanzierer können aus dem Bereich von Fonds hervorgehen, die üblicherweise in notleidende Kredite investieren, aber auch klassische “debt funds”, die von Versicherungen oder Pensionskassen gespeist werden.- Was bleibt, wenn Refinanzierungen scheitern?Die Restrukturierung. Das kann die Fortführung des Unternehmens mit einer angepassten Kapitalstruktur, z. B. durch “debt to equity swaps”, also durch Umwandlung von Schulden in Eigenkapital, bis zur geordneten Abwicklung und/oder Neuausrichtung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens bedeuten.—-Marc Trinkaus ist Partner bei Linklaters LLP im Frankfurter Büro. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.