Finanzen persönlich

Mikrofinanzfonds leben vom guten Gewissen der Anleger

Mit Investitionen in Entwicklungsprojekte das Portfolio diversifizieren - Relativ geringe Volatilität - Aber nicht völlig immun gegen die Finanzkrise

Mikrofinanzfonds leben vom guten Gewissen der Anleger

Von Heino Reents Die Finanzkrise hat die internationalen Kapitalmärkte noch immer voll im Griff. Viele Investoren sind deshalb auf der Suche nach Investments, die sich relativ unabhängig von den traditionellen Assetklassen entwickeln und die zudem möglichst sichere Renditen abwerfen. Dabei stoßen einige auf Mikrokredite und die dazugehörigen Fonds. Dahinter verbirgt sich der Ansatz, armen, aber erwerbstätigen Menschen in Entwicklungsländern Zugang zu Geld gewähren, ohne dabei die banküblichen Sicherheiten zu verlangen. Schon vor 32 Jahren gründete der Wirtschaftsprofessor Muhammad Yunus in Bangladesch die Grameen Bank, die erstmals die Minikredite vergab (www.grameen-info.org). Der Erfolg war so durchschlagend, dass Yunus 2006 den Friedensnobelpreis erhielt. Mikrofinanzinstitute, auch MFIs genannt, vergeben vor Ort Kleinstkredite zwischen umgerechnet 25 und 2 000 Euro an Menschen, die sich eine wirtschaftliche Existenz aufbauen wollen, aber bei einer Bank aufgrund ihrer mangelnden Bonität niemals einen Kredit bekommen würden. In der Vergangenheit haben sich diese Mikrofinanzinstitute überwiegend aus Spenden oder über große internationale Organisation finanziert. Geld kam etwa von der UNO, der Weltbank oder der KfW. Dabei ist das Potenzial für Mikrofinanz enorm. Die Deutsche Bank rechnet zum Beispiel bis 2015 mit einem Anstieg des Anlagevolumens von institutionellen und privaten Investoren von derzeit rund 6 Mrd. auf 20 Mrd. Dollar. Mikrofinanz-Investments entwickelten sich zu einem Nischen-Anlageprodukt, das verstärkt von Privatanlegern nachgefragt wird, heißt es bei der Deutschen Bank. Doch auch institutionelle Investoren setzten Mikrokredite zur Portfoliodiversifizierung ein. Soziale Rendite und . . .”Das Thema Mikrofinanz findet unter Investoren immer mehr Anklang”, berichtet Andreas W. Korth, Leiter des Instituts für globale Vermögensentwicklung in Hennef. Auch viele institutionelle Anleger wie Stiftungen interessierten sich dafür. Korth sitzt als Experte im Investmentbeirat für den BN & P Good Growth Fund, einen Fonds, der Geld auch im Bereich Mikrofinanz anlegt. “Es ist kein Widerspruch, soziale Entwicklungsprojekte zu unterstützen und zugleich eine Rendite zu erzielen, die auf Geldmarktniveau oder sogar leicht darüber liegt”, sagt Korth. “Wir möchten mit der Fondsauflegung auch für die steigende Popularität der Anlageklasse Mikrofinanz eine Lanze brechen”, ergänzt er. Bis zu 30 % des Fondsvermögens können im Segment Mikrofinanz investiert werden. . . . wirtschaftlicher ErfolgDas Beispiel Mikrofinanz zeigt, dass sich Geld und Moral nicht ausschließen müssen. Im Gegenteil: Ein Investment in Mikrofinanz ist eine gelungene Kombination aus sozialem Engagement und wirtschaftlichem Erfolg. Investitionen in Mikrofinanz haben in den vergangenen Jahren insbesondere unter institutionellen Anlegern aufgrund der attraktiven kontinuierlichen Renditen in Form der jährlichen Zinszahlungen und der diversifizierenden Eigenschaften deutlich zugenommen. Immer mehr Stiftungen und Versicherungen bis hin zu Hedgefonds, aber auch Privatpersonen legen so ihr Geld an. Aktuell umfasst der Markt für Mikrokredite etwa 31 Mrd. Dollar. Experten schätzen den gesamten Finanzierungsbedarf im Mikrofinanz-Sektor jedoch auf rund 250 Mrd. Dollar. Dabei ist die Struktur der Finanzhilfe über Mikrokredite meist sehr ähnlich: Die Laufzeit der Kredite ist recht kurz und beträgt zwischen 6 und 36 Monate. Die Kredite sind immer an eine Geschäftsidee gekoppelt. Falls ein erster Kredit nicht beglichen wird, gibt es keine weiteren mehr. Zwar fallen die Zinsen der Institute mit im Schnitt 20 % pro Jahr recht happig aus. Das relativiert sich jedoch im Vergleich zu lokalen Kredithaien, die mitunter den gleichen Zinssatz pro Monat oder sogar Woche verlangen. “Mikrofinanz ist keine Entwicklungshilfe, sondern ein Investment”, sagt Edda Schröder, Geschäftsführerin von “Invest In Visions”. Auf ihre Initiative hat die Wallberg Gruppe in Luxemburg jüngst einen globalen Mikrofinanzfonds für Institutionelle und Privatanleger aufgelegt, der weltweit Darlehen an ausgewählte Mikrofinanzinstitute in den Emerging Markets vergibt. Niedrige KreditausfallquoteDer Wallberg Global Microfinance Fund strebt eine jährliche Rendite von 6 % nach Kosten an – und das bei einer Volatilität unter 1 %, also deutlich unter dem eines Euro-Rentenfonds. Das hängt vor allem mit der extrem niedrigen Kreditausfallquote von weniger als 2 % zusammen. Grund dafür ist die sehr enge Bindung zwischen Institut und Kreditnehmer. “Häufig werden die Kredite an Dorfgemeinschaften vergeben. Dadurch steigt die Zahlungsmoral. Hinzu kommt, dass der Großteil der Kreditnehmer Frauen sind. Sie sind meist für die Versorgung der Kinder und die Finanzierung des Lebensunterhalts zuständig. Das macht sie zu zuverlässigen Schuldnern”, sagt Schröder. In den aktuellen Krisenzeiten könnten diese Fonds für Investoren daher interessant sein. So hat sich zum Beispiel der Index SMX des Mikrofinanzberaters Symbiotics auch längerfristig als gute Anlagealternative erwiesen. Er weist von 2004 bis 2008 jährliche Renditen zwischen 2,6 und 4,5 % aus. Die Kursschwankungen lagen nahe null. Völlig immun gegen die Finanzkrise sind freilich auch die Mikrofinanzfonds nicht. Die Performance der Funds werde in Zukunft stärker variieren und auch von den Entwicklungen in den einzelnen Ländern abhängen, warnte jüngst die Ratingagentur Fitch in einer Studie. Zudem sind die bestehenden Mikrofinanzfonds hierzulande nicht zum öffentlichen Vertrieb zugelassen. Die Produkte sind vielmehr alle in Luxemburg aufgelegt. Durch eine Änderung im Investmentgesetz ist es seit dem vergangenen Jahr zwar auch deutschen Finanzdienstleistern möglich, Publikumsfonds aufzulegen, die in Mikrokredite investieren.Allerdings dürfen die Fondsmanager nach deutschem Recht nur in regulierte und beaufsichtigte Institute investieren, an denen auch noch eine große Entwicklungsbank wie die KfW zu mindestens 5 % beteiligt ist. Zudem darf die Summe der von einem Mikrofinanzinstitut vergebenen Kredite 10 Mill. Euro nicht unterschreiten. Damit kann nur in die größten Mikrofinanzinstitute investiert werden. Geringe Liquidität”Die deutsche Regulierung schränkt die Investitionsmöglichkeiten sehr ein”, kritisiert Edda Schröder. “Dadurch ist es auch nicht möglich, attraktive Renditen für den Anleger zu erwirtschaften.” Einen Trick gibt es allerdings, wie Anleger an die Luxemburger Fonds kommen können: Eine einfache Anfrage bei einer Bank oder dem Online-Broker reicht. Denn die Produkte dürfen in Deutschland zwar nicht beworben werden, man kann sie aber ohne steuerliche Nachteile kaufen. Doch aufgepasst: Die Fonds können nicht börsentäglich ge- oder verkauft werden, das heißt sie sind anders als normale Investmentfonds nicht liquide. In der Regel können Anleger nur monatlich, bei einigen Fonds sogar nur quartalsweise ein- oder aussteigen.