ASSET MANAGEMENT - SERIE: ANLAGESTRATEGIE IM UMBRUCH (12)

Munich Re kalkuliert auch Worst Case ein

Auseinanderbrechen der Eurozone würde die Kapitalanlagestrategie des weltgrößten Rückversicherers erschüttern

Munich Re kalkuliert auch Worst Case ein

Schwierige Zeiten für die Assekuranz: Die derzeit historisch niedrigen Kapitalmarkzinsen und die Krise der Eurozone bringen ihre Anlagestrategien unter Druck. Die Kapitalanlagerenditen sinken, wie das Beispiel der Munich Re, einem der weltweit größten institutionellen Anleger, zeigt.Von Stefan Kroneck, MünchenDie gefallenen Zinsen als Folge einer Serie von Rettungmaßnahmen der Notenbanken für angeschlagene Banken und hochverschuldete Euro-Staaten drücken auf die Renditen und die Profitabilität des weltgrößten Rückversicherers, Munich Re. Für die Branche könnte es aber noch dicker kommen: Angesichts der ungelösten Euro-Krise musste Vorstandschef Nikolaus von Bomhard im August bei Vorlage der Halbjahreszahlen einräumen, dass die “unerfreulichen” Szenarien wahrscheinlicher geworden seien. Anders ausgedrückt, zieht der Branchenprimus auch ein Auseinanderbrechen der Währungsunion in Betracht.Die Eintrittwahrscheinlichkeit dieses Worst-Case-Szenarios ist aus Sicht der Munich Re gestiegen, hat sich die europäische Politik doch immer noch nicht auf einen Ausweg aus der Misere einigen können. Bisher ist es der Munich Re gelungen, dank einer Mischstrategie bei ihrem 217 Mrd. Euro umfassenden Kapitalanlageportfolio (Marktwert Ende Juni 2012) seit Ausbruch der Finanzmarktkrise 2008 halbwegs gut über die Runden zu kommen.Allerdings stieße diese Strategie an ihre Grenzen, wenn die Befürchtung tatsächlich einträte: “Je mehr es ein Flächenbrand wird, desto schwieriger ist es für uns, dies auszugleichen.” Von Bomhard warnte in einem solchen Fall vor “erheblichen” Verlusten für die Munich Re. Der Konzern hat aber in seinem Portfolio Puffer eingerichtet, die die Folgen abmildern können. So seien die Kapitalanlagen so aufgestellt, dass ein Zusammenbruch der Eurozone ausbalanciert werden könne, beschwichtigte der Vorstandsvorsitzende. AnlagenotstandVom gesamten Kapitalanlageportfolio der Munich Re entfällt mit 189 Mrd. Euro (87 %) der Löwenanteil auf festverzinsliche Wertpapiere. Knapp die Hälfte davon (92 Mrd. Euro) sind in Staatsanleihen investiert, wobei Papiere aus Madrid (1,2 Mrd. Euro) und Rom (2,4 Mrd. Euro) nur noch einen Bruchteil ausmachen. Griechische und portugiesische Bonds hält die Munich Re nicht mehr. 2011 drückten Abschreibungen auf Hellas-Anleihen auf die Rendite. Angesichts der gesunkenen Zinsen geraten die Versicherer immer stärker in einen Anlagenotstand, sind doch vom Niedrigzinsumfeld vor allem Staatsanleihen betroffen, die den überwiegenden Teil der Anlageportefeuilles ausmachen.Daher lotet die Munich Re Wege aus, um die Kapitalanlagerendite auf eine noch gegenüber ihren Aktionären einigermaßen vertretbare Größe zu halten. Allerdings sind ihre Spielräume dabei begrenzt, implizieren doch höhere Renditechancen automatisch steigende Risiken. So investiert die Munich Re zwar in erneuerbare Energien, in Aktien und Anleihen aufstrebender Schwellenländer, dies jedoch mit Maß. Die Aktienquote beträgt derzeit nur noch 3 %. Vor zwölf Jahren waren es noch 38 % – damals eine Folge der hohen Anteile an der Allianz und HypoVereinsbank. Diese Beteiligungen sind mittlerweile vollständig abgebaut. Damit fiel die Aktienquote.Das ausgeklügelte Investmentkonzept bietet zwar einem der weltweit größten institutionellen Anleger viel breitere Möglichkeiten als etwa kleineren Versicherern oder gar Privatanlegern. Allerdings gehe es der Munich Re derzeit nicht anders als Sparern, räumte von Bomhard ein.Die Suche nach renditeträchtigen Anlageformen ist mühsam geworden. Hier und da finden sich zwar noch Staatsanleihen eines Schwellenlandes mit relativ hohen Zinsen, allerdings pendeln sich solche Bonds später auf das allgemein niedrige Marktniveau ein. Hinzu kommen Währungsrisiken, die ein Zeichner solcher Papiere eingeht. Insofern ist die “Ausbeute” in diesem Segment für die Munich Re überschaubar. Auf TagesgeldniveauAngesichts der Rahmenbedingungen muss sich die Munich Re auf weiterhin niedrige Zinsen einstellen. Hält die Krise an, dürften die wichtigsten Notenbanken – vor allem aber die Europäische Zentralbank (EZB) – mit weiteren Maßnahmen versuchen gegenzusteuern. Die am Donnerstag von EZB-Präsident Mario Draghi angekündigten unbegrenzten Anleihekäufe klammer Euro-Länder werden die Marktzinsen drücken. Insbesondere bei Neuanlagen spürt der Marktführer die Misere. Dort sind kaum noch Zinsen von mehr als 2 % herauszuholen. Das entspricht den Tagesgeld-Lockangeboten einiger Online-Banken.Vor diesem Hintergrund wird die Kapitalanlagerendite tendenziell weiter sinken. Für die zweite Jahreshälfte 2012 rechnet Finanzvorstand Jörg Schneider mit einem Wert unterhalb der erwirtschafteten Rendite des ersten Halbjahres (3,8 %). Für das Gesamtjahr peilt das Management 3,5 % an (siehe Grafik) – ein Wert, der weit entfernst ist von den einst stolzen Zahlen der Jahre 2000 (7,8 %) und 2001 (6,5 %).—-Zuletzt erschienen:- “DEVK geht über die Dörfer” (4.9.)